Berlin. (reuters) Das mühsam geschnürte Diesel-Konzept der deutschen Regierung droht am Widerstand der deutschen Autobranche zu scheitern. Zwar wollen die Konzerne die Flotten-Erneuerung mit Umtauschprämien vorantreiben, eine Nachrüstung älterer Diesel traf aber am Dienstag auf Skepsis und Widerstand. BMW lehnt eine Nachrüstung komplett ab, Daimler und Opel reagierten zurückhaltend. VW wiederum verlangte dafür die Beteiligung aller Hersteller und will zudem die Kosten nicht komplett tragen.

Genau darauf besteht aber der Bund: "Das ist ein Programm, das von der Autoindustrie finanziert werden soll", sagte die deutsche Umweltministerin Svenja Schulze (SPD). Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach von einer Chance für die Branche, Vertrauen zu gewinnen: "Die Autoindustrie muss das Signal verstehen."

Kanzlerin Angela Merkel hatte ein neues Diesel-Konzept mit Nachrüstungen für alte Fahrzeuge verlangt, da zuletzt in Frankfurt am Main Fahrverbote wegen der Stickoxid(NOx)-Belastung drohten.

Stickoxid-Ausstoß von 900 auf 270 Milligramm pro Kilometer

Nachdem mehrere Gesprächsrunden der Regierung zum Diesel ohne Ergebnis blieben, verständigten sich die Koalitionsspitzen auf ein Konzept: Es sieht zum einen Umtauschprämien der Industrie in 14 besonders mit NOx-belasteten Regionen vor. Dabei sollen Autos der Abgas-Normen Euro-4 und Euro-5 auch in Gebrauchte mit geringerem NOx-Ausstoß getauscht werden können. Bis zu 200.000 Lieferwagen in Städten mit überhöhten Stickoxid-Werten sollen mit Katalysatoren nachgerüstet werden. Hier will der Bund 80 Prozent der Kosten tragen. Über den Rest muss auch mit der Industrie verhandelt werden.

Diese Hardware-Nachrüstungen sollen nach dem Willen der Regierung auch für Euro-5-Diesel angeboten werden, wovon in den besonders belasteten 14 Regionen, darunter München und Stuttgart, etwa 1,4 Millionen unterwegs sind. Die Kosten von um die 3000 Euro pro Auto will die Regierung den Herstellern überlassen. Dafür will der Bund die rechtlichen Rahmenbedingungen auch für die Zulassung erlassen. Ziel ist, den Stickoxid-Ausstoß unter 270 Milligramm pro Kilometer zu drücken. Solche Autos sollen durch rechtliche Änderungen dann auch in Städte mit Fahrverboten einfahren dürfen. Im Schnitt stoßen Euro-5-Autos derzeit rund 900 Milligramm aus.

Die Kontrolle der Fahrzeuge in Verbotszonen soll über das Kennzeichen laufen, über das die Behörden Rückschlüsse auf Typ und Schadstoffausstoß bekommen sollen. Die umstrittene "Blaue Plakette" zur Kennzeichnung sauberer Fahrzeuge würde so unnötig.

Die Autoindustrie hält Nachrüstungen jedoch für den falschen Weg: Sie seien technisch aufwendig, die Leistung sinke und der Verbrauch steige. Die Umsetzung dauere zudem lange. Schließlich sei die Haftungsfrage nach den Eingriffen unklar.

Entsprechend scharf fiel die Reaktion von Umweltgruppen wie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aus. Die Umtauschprämie sei nicht ausreichend an saubere Autos gekoppelt, die Nachrüstung bleibe offen. "Fahrverbote lassen sich mit dieser doppelten Nulllösung nicht vermeiden", sagte DUH-Chef Jürgen Resch voraus. Die DUH hat bereits in mehreren Städten Verbote per Gerichtsentscheidung durchgesetzt.