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Dauerkrämpfe mit 12-Stunden-Tag

Von Karl Ettinger

Politik

Arbeitsinspektoren sollen Kontrolle verstärken. Arbeiterkammer sieht für sie keine Handhabe.


Wien. "Es sind ein paar schwarze Schafe, die werden wir auch in den Griff kriegen." Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sieht derzeit keine Notwendigkeit, das neue Arbeitszeitgesetz zu verschärfen. Dieses erlaubt seit Anfang September den Zwölf-Stunden-Tag, wenn Arbeitnehmer freiwillig dazu bereit sind. Nachdem Verstöße gegen die Freiwilligkeit bekannt geworden sind, wird die Sozialministerin die Arbeitsinspektoren per Erlass anweisen, strenger zu kontrollieren.

Für die Arbeiterkammer ist das allerdings keine Lösung, um die Einhaltung der Freiwilligkeit für die Dienstnehmer tatsächlich zu prüfen. "Der Arbeitsinspektor kann hier dem Arbeitnehmer nicht helfen, er hat keine rechtliche Handhabe, etwas zu erzwingen", betont Alexander Heider, der Leiter der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit in der Arbeiterkammer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die ÖVP-FPÖ-Koalition hat im Gesetz verankert, dass Arbeitnehmer ohne Angaben von Gründen den Zwölf-Stunden-Tag verweigern können. Zuletzt waren aber Fälle publik geworden, bei denen Beschäftigte dazu gezwungen worden sein sollen. Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner ist "die Dunkelziffer viel höher". Ihre Partei will das Gesetz daher neu verhandeln und kommende Woche eine Nationalratssondersitzung.

Keine gesetzlichen Verschärfungen

In der Regierung wurden zuletzt Überlegungen über gesetzliche Verschärfungen etwa bei Strafbestimmungen laut. Dem hat die Sozialministerin am Mittwoch am Rande des Ministerrats nunmehr eine Absage erteilt. Sie ist der Ansicht, dass verstärkte Kontrollen durch Arbeitsinspektoren für die Einhaltung der Freiwilligkeit ausreichen. Diese sollen vermehrt die Arbeitsaufzeichnungen kontrollieren und stichprobenartig auch mit Arbeitnehmern sprechen. Eine Beschwerdestelle für Betroffene, die gezwungen werden, länger zu arbeiten, wird eingerichtet. Die Wirtschaftskammer soll außerdem die Unternehmen informieren und auf die Freiwilligkeit des Zwölf-Stunden-Tages hinweisen.

Die Arbeiterkammer drängt weiter darauf, das gesamte Arbeitszeitgesetz neu zu verhandeln. Die Arbeitsinspektoren könnten die Einhaltung der Freiwilligkeit derzeit nicht kontrollieren: "Die sind dafür nicht zuständig", erläutert AK-Experte Heider. Es gebe ein Gesetz, das Aufgaben und Befugnisse des Arbeitsinspektorats regelt. Dieses sieht zwar die Überwachung und Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes vor. Nur bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz könne ein Arbeitsinspektor einen Strafantrag stellen. Aber nach dem neuen Gesetz sei Arbeit bis zu zwölf Stunden erlaubt, erklärt Heider. Bei der Frage, ob jemand freiwillig oder unfreiwillig arbeite, könne der Arbeitsinspektor rechtlich "nicht eingreifen". Es bleibe nur die Möglichkeit, bei unterschiedlichen Interessen unverbindlich zu vermitteln.

Es gebe auch keine Strafbestimmung bezüglich Freiwilligkeit. Der Arbeitnehmer habe nur die Möglichkeit, im Nachhinein einen Verstoß gegen die Freiwilligkeit beim Arbeits- und Sozialgericht einzuklagen.

Dem Sozialministerium sind bisher allerdings nur drei Fälle aus den Medien bekannt, bei denen die Freiwilligkeit nicht eingehalten worden sein soll. Bei Arbeitsinspektoren sei bisher kein einziger Fall gemeldet worden. Hingegen wurden laut Sozialressort 2017 rund 25.000 Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz registriert. Der Strafrahmen liegt bei 72 Euro bis 1815 Euro, im Wiederholungsfall bei 145 bis 1815 Euro.

Hartinger-Klein stellt sich mit dem Nein zu einer Änderung des Arbeitszeitgesetzes aber auch gegen Wünsche des Tourismus. Die Präsidentin der Österreichischen Hoteliersvereingung (ÖHV), Michaela Reitterer, hat im ORF-Radio eine Präzisierung verlangt, was genau mit "Freiwilligkeit" beim 12-Stunden-Tag gemeint sei. Für Arbeitgeber und Mitarbeiter wäre es wichtig, Klarheit zu schaffen. Die Probleme wurden auch bereits im Sozialministerium vorgebracht.

Hoteliersvereinigung rät von Dienstverträgen ab

Reitterer argumentiert, "in der Sekunde, wo es im Dienstplan steht, ist es ja eigentlich nicht mehr freiwillig". Hartinger-Klein sieht hingegen keine Probleme. Dienstpläne könnten auch dann erstellt werden, wenn Mitarbeiter im Einzelfall der elften und zwölften Arbeitsstunde zustimmen müssen.

Für die Hotelierververeinigung ist keine Planungssicherheit gegeben. Die ÖHV informiert, wie der "Wiener Zeitung" erklärt wurde, die Betriebe darüber, derzeit von solchen Verträgen Abstand zu nehmen.