Wien. Die Regierung ist unverändert von der Arbeitszeitflexibilisierung überzeugt und sieht durch die erst jüngst umgesetzte Maßnahme den Standort gestärkt. Wie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) in der Beantwortung des "Dringlichen Antrags" der SPÖ betonte, würden auch die Arbeitnehmer profitieren.
Die Bedenken der Sozialdemokraten wischte die Ressortchefin jedenfalls vom Tisch. In Schweden könne man bis zu 13 Stunden pro Tag arbeiten und Gesundheit und Lebenserwartung seien besser als in Österreich. Zudem habe die Regierung die Freiwilligkeit sogar gestärkt, indem man ein generelles Ablehnungsrecht für Arbeitnehmer etabliert habe.
Opposition geschlossen in Kritik
Kritik an der Reform kam geschlossen von den Oppositionsparteien - auch von den NEOS, die dem Gesetz im Juli trotz Vorbehalten zugestimmt hatten. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) warf der Gewerkschaft vor, ihre Chance bei der Arbeitszeitflexibilisierung "vergeigt" zu haben."Fakt ist, dass Ihr Arbeitszeitgesetz nicht funktioniert, dass Arbeitnehmer zu zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden pro Woche gezwungen werden", sprach SP-Sozialsprecher Josef Muchitsch von einem "Husch-Pfusch-Gesetz". Dass die Zahl der Arbeitszeit-Verstöße laut Sozialministerium zurückgegangen ist, beeindruckt ihn nicht, habe das neue Gesetz doch vieles vorher Illegale legalisiert: "Das ist so, als würde ich bei der Autobahn von 130 auf 180 km/h gehen und hinten nach feiere ich, dass es keine Raser mehr gibt."
ÖVP-Klubchef August Wöginger will dagegen gar nicht von einem Zwölfstundentag sprechen, denn schon vor der Reform seien zehn Stunden täglich möglich gewesen und trotzdem habe niemand von einem Zehnstundentag gesprochen. "Wir bleiben grundsätzlich beim Achtstundentag und der 40-Stunden-Woche." Die Reform war aus Wögingers Sicht nötig. "Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Wir wollen bleiben, Sie werden gehen", so der Klubchef in Richtung SPÖ.
Für FP-Klubchef Johann Gudenus garantiert das Arbeitszeitgesetz, dass die elfte und zwölfte Arbeitsstunde nur freiwillig geleistet werden und dass Überstunden abgegolten werden müssten. Die Aufregung der SPÖ rühre nicht daher, dass die Reform eine Verschlechterung bedeute, mutmaßte Gudenus: "Sie sind aufgeregt, weil Ihnen die Felle davonschwimmen." Denn die FPÖ sei das "neue soziale Gewissen" der Regierung.
Neos: Fälle von Rechtsunsicherheit
Scharfe Kritik am "Husch-Pfusch-Gesetz" zur Arbeitszeit übte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: Man habe der dringend notwendigen Flexibilisierung zwar zugestimmt, aber auch auf Fehler hingewiesen - und nun gebe es immer mehr Fälle von Rechtsunsicherheit. Sie forderte die Koalition daher auf "von ihrem hohen Ross runter" zu kommen und über Verbesserungen zu verhandeln, denn - in Abwandlung eines Mottos der Regierung Schüssel - "speed and ignorance kill".
Daniela Holzinger von der Liste Pilz warf der Regierung vor, ihren Unterstützern aus der "Wirtschaftslobby" Profite auf Kosten der Lebensqualität der Mehrheit der Menschen ermöglichen zu wollen. Die Koalition habe "ein Konzept für Sozialabbau" wie unter Schwarz-Blau I vorgelegt - und dazu kommen noch die geplante Senkung der Körperschaftsteuer zulasten des Sozialstaates.
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) meinte, nur wegen einiger Missbrauchsfälle wolle sie nicht allen die Gestaltung einer flexibleren Arbeitszeit nehmen. Ohnehin sei geklärt, dass man nicht zu zwölf Stunden Arbeit gezwungen werden könne. Wem das geschehe, könne die Kündigung vor Gericht anfechten.
Die Klagen, dass die Sozialpartner nicht eingebunden worden seien, wies Hartinger-Klein gegenüber der Gewerkschaft zurück: "Ihr wolltet ewig verhandeln, die Chance habt ihr damals vergeigt. Man kann nicht kurz vor einer Einigung alles kippen."