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Flüchtlingsquartier nicht für Jugendliche geeignet

Von Martina Madner

Politik

Die Unterkunft mit Stacheldrahtzaun in Drasenhofen wird vorläufig geschlossen, die Flüchtlinge übersiedeln.


Drasenhofen. Die Kritik an Niederösterreichs Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) reißt am Freitag nicht ab: Drasenhofens Bürgermeister Reinhard Künzl (ÖVP) hatte die Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Drasenhofen in Niederösterreich, die nach Definition Waldhäusls "auffällig" geworden sind, als "Schande für Österreich" bezeichnet. Die Unterkunft ist mit Stacheldraht umzäunt, die Jugendlichen durften sie nur eine Stunde am Tag und in Begleitung von Securities verlassen.

Nach Landespolitik und Flüchtlings-NGO äußerte sich auch der frühere Flüchtlingskoordinator Christian Konrad im Ö1-"Mittagsjournal": "Ich glaube, der Mann ist überfordert." Ferdinand Maier wurde noch deutlicher: "Da gibt es nur eines, da gehört eine Regierungsumbildung gemacht. Wenn man nicht will oder nicht kann, wie der Herr Waldhäusl, dann sollte man Konsequenzen ziehen." ÖVP-Minister wollten sich am Freitag keine dazu äußern, FPÖ-Minister Norbert Hofer sagte über Gottfried Waldhäusl, dass dieser "gesetzestreu ist".

Aufforderungen den Landesrat abzusetzen gab es dagegen von der Opposition: SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz und Alma Zadic, Menschenrechtssprecherin von Jetzt. Neos-Integrationssprecherin Stephanie Krisper forderte, Waldhäusl die Flüchtlingsagenden zu entziehen. Er ist für Integration und Veranstaltungswesen zuständig.

Stacheldraht ist "unverzüglich zu entfernen"

Laut Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner muss Waldhäusl zwar vorerst nicht gehen. Sie ist aber "sicherlich nicht zufrieden" mit der Art der Unterbringung: "Das ist kein Gefängnis, da hat ein Stacheldraht nichts verloren." Sie werde das in der nächsten Landesregierungssitzung thematisieren. Die Kinder- und Jugendschutzanwaltschaft solle die Unterkunft prüfen, sagte sie auch. Die machte das am Freitag auch, Waldhäusl ging zu diesem Zeitpunkt noch davon aus: "Es wird festgestellt werden, dass alles rechtlich in Ordnung ist."

Dem war aber nicht so. Die Kinder- und Jugendschutzanwaltschaft befand, dass die "Betreuungseinrichtung im derzeitigen Zustand nicht geeignet erscheint. Der Stacheldraht ist jedenfalls mit Jugendrechten nicht vereinbar und unverzüglich zu entfernen. Die Jugendlichen sind bis zur Herstellung eines geeigneten Zustands zu verlegen", war in einer Aussendung zu lesen.

Die Empfehlungen seien laut Mikl-Leitner "umgehend umzusetzen" , sie habe Waldhäusl und die zuständige Bezirkshauptfrau, Gerlinde Draxler, informiert. Letztere werde "die entsprechenden Maßnahmen sofort einleiten". Kurz vor Redaktionsschluss am Freitag wurde bereits die Überstellung der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge durch die Abteilung der Kinder- und Jugendhilfe in andere Quartiere eingeleitet, informierte Niederösterreichs Kinder- und Jugendhilfelandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) per Aussendung.

Freiheitsentziehung ist als Delikt strafbar

Adel-Naim Reyhani vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte und Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sind sich einig, dass die "persönliche Freiheit" auch von Asylwerbern nur aus bestimmten Gründen, auf einer rechtlichen Grundlage und von einer Behörde oder einem Gericht eingeschränkt werden kann, "nicht vom Herrn Waldhäusl", sagt Funk.

Freiheitsentziehung ist ein Delikt, das mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. Über Anzeigen aus diesem Grund hat klarerweise die Strafjustiz zu befinden.