Wien. Der Mann aus der Türkei hat sich bereits vor 40 Jahren in Österreich niedergelassen und besitzt seit 1996 den österreichischen Pass. Allerdings tauchte sein Name auf jener Liste auf, bei der es sich angeblich um die türkische Wählerevidenz handelt. Damit drohte ihm nach einer Entscheidung der Wiener Behörden der Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft. Der Verfassungsgerichtshof hat jetzt aber einer Klage des Betroffenen recht gegeben. Denn die Evidenzliste sei kein taugliches Beweismittel.

Bei dem Erkenntnis des Höchstgerichts, über das die "Presse" berichtet, könnte es sich möglicherweise um ein richtungweisendes Urteil bei der Suche nach vermeintlichen österreichisch-türkischen Doppelstaatsbürgerschaften handeln. Nun könnte der Datensatz, der von der FPÖ an die Behörden weitergeleitet worden ist, als Entscheidungsgrundlage wegfallen.

In der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes wird ausdrücklich betont, dass der Inhalt dieses Verzeichnisses eine tatsächliche Wählerliste wiedergebe, beruhe "ausschließlich auf einer Vermutung". Der Datensatz sei nicht authentisch, sei bezüglich seiner Herkunft und des Zeitpunkts seines Erstellens nicht zuordenbar und könne daher kein taugliches Beweismittel sein.

Etliche Verfahren wurden wegen der Liste eingeleitet


Die FPÖ hat den um fangreichen Datensatz den Behörden übermittelt. Es soll sich demnach um eine "Wählerevidenzliste" für die türkischen Wahlen 2015 handeln, die Herkunft blieb unklar. Das Verzeichnis hatte allerdings bundesweit Folgen. Es sind von den zuständigen Behörden etliche Verfahren eingeleitet worden. Betroffene beklagten sich allerdings, sie könnten nicht beweisen, dass sie die türkische Staatsbürgerschaft bei der Einbürgerung in Österreich zurückgegebenen haben, weil die türkischen Behörden in diesen Fällen nicht kooperierten.

Die Verfassungsrichter haben auch die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch die Betroffenen in dem Urteil relativiert. Es sei zwar auf eine auffällige Verletzung der Mitwirkungspflicht Bedacht zu nehmen. Dies enthebe die Behörde aber nicht ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhalts. Keinesfalls dürfe die Beweislast für den Nicht-Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit ohne weiteres auf den Betroffenen abgewälzt werden.

Die Neos zeigten sich über die Entscheidung des Höchstgerichts erfreut. Die Liste vermeintlicher Namen türkischer Doppelstaatsbürger sei nicht glaubwürdig.