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Was die Österreicher bei Steuern erwartet

Von Karl Ettinger

Politik

Ihre Wahlkampfversprechen zur Steuerentlastung werden ÖVP und FPÖ bei weitem nicht einhalten.


Wien. Einen üppigen ‚Vorschuss auf die Steuerreform 2020 gibt es schon im heurigen Jahr. 1,5 Milliarden Euro machen die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ zur Entlastung von Familien mit dem Familienbonus ab Beginn des heurigen Jahres locker. Bis zu 1500 Euro sind es pro Kind. Um weitere 3,5 Milliarden Euro soll danach die Steuerlast insgesamt ab 2020 gesenkt werden, Kernpunkte wird die türkis-blaue Regierung dazu bei ihrer Klausur am 10./11. Jänner festlegen.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) kommt inklusive Familienbonus für die Reform auf ein Entlastungsvolumen von fünf Milliarden Euro. Jene Österreicher, die sich noch an die Wahlversprechen von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache vor der Nationalratswahl 2017 erinnern, werden damit allerdings enttäuscht sein. Die versprochenen Wahlkampfzuckerl der Chefs von ÖVP und FPÖ waren mit jeweils mehr als zwölf Milliarden Euro ungleich größer.

Kurz kündigte im Juni 2017 im Finanznachrichtendienst Bloomberg eine jährliche Steuerentlastung von zwölf bis 14 Milliarden Euro an. Im FPÖ-Wahlprogramm war von "mindestens zwölf Milliarden Euro" zu lesen. Nicht einmal die Hälfte dieser Summe trauen sich Kanzler und Vizekanzler nun für die Steuerreform 2020 in den Mund zu nehmen. Wer Versprechen vor Wahlen tatsächlich glaubt, landet 2020 recht unsanft in der Realität.

Ende der kalten Progression wird aufgeschoben

Eine andere Zusage aus Vorwahlzeiten ist zwar nicht vom Verhandlungstisch, die Umsetzung wurde aber schon vor Beginn der Steuerreform nach hinten geschoben: die Abschaffung der "kalten Progression". Diese führt dazu, dass jemand bei Lohnerhöhungen automatisch in höhere Steuertarife rutscht. Jährlich bringt das der Finanz rund 400 Millionen Euro mehr. Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ), der die Arbeitsgruppe zur Steuerreform leitet, möchte das Aus der kalten Progression 2022 beschließen. Das wäre am Ende der Legislaturperiode. Die Regierung argumentiert, dass die Österreicher zuvor ohnehin vom Familienbonus und der Steuerreform 2020 profitieren.

Allerdings ist es nach bisherigen Signalen von Spitzenvertretern der ÖVP-FPÖ-Koalition ziemlich wahrscheinlich, dass bei den Arbeitnehmern nur die Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen durch eine Tarifsenkung entlastet werden. Alles deutet darauf hin, dass die unteren beiden Tarifstufen gesenkt werden. Für Einkommen von 11.000 bis 18.000 Euro im Jahren liegt der Tarif bei 25 Prozent, von 18.000 bis 25.000 Euro bei 35 Prozent. Wer weniger als 11.000 Euro im Jahr verdient, zahlt keine Steuer. Diese Gruppe, die keine Steuer zahlt, dürfte allerdings im Zuge der Steuerreform durch eine Senkung der Beiträge zur Sozialversicherung entlastet werden.

Einen Dämpfer hat Finanzminister Löger schon der Mini-Gruppe der Topverdiener mit mehr als einer Million Euro im Jahr versetzt. Diese Spitzenverdiener müssen befristet bis 2020 derzeit 55 Prozent ihres Einkommens als Steuer abliefern, danach wären es 50 Prozent. Für den Finanzminister ist das Auslaufen der Befristung, wie er vor Weihnachten deutlich machte, allerdings keine ausgemachte Sache.

Neue Digitalsteuer ist ein Fixpunkt im Reformpaket

Ganz anders ist das bei der Einführung einer Digitalsteuer, die auf europäischer Ebene bisher gescheitert ist. Nach Löger hat zuletzt auch Bundeskanzler Kurz in der "Tiroler Tageszeitung" angekündigt, dass Österreich mit der Digitalsteuer, bei der Internet-Riesen wie Amazon oder Google zur Kasse gebeten werden sollen, vorpreschen wird. Nur die genaue Höhe der Steuer ist unklar, das dürfte bereits bei der Klausur fixiert werden. Der Hintergrund ist klar: die Regierung, die ohnehin mit dem Vorwurf konfrontiert ist, Politik für Konzerne - Stichwort Arbeitszeitgesetz - zu machen, will demonstrativ Multis stärker belasten. Denn auch bei vielen heimischen Gewerbetreibenden und Kleinunternehmern, einer traditionellen ÖVP-Klientel, herrscht Unverständnis darüber, dass sie neben einem Wust an Bürokratie auch mehr Steuern zahlen müssen als Weltkonzerne. Die Einnahmen aus der Digitalsteuer machen das budgetpolitische Kraut allerdings nicht fett: maximal 100 Millionen Euro werden an Mehreinnahmen erwartet.

Für die Wirtschaft wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit zwei Entlastungen geben. Unternehmen sollen generell von Steuervereinfachungen profitieren. Außerdem wird die Körperschaftsteuer von derzeit 25 Prozent in Richtung 20 Prozent gesenkt.

Manche Österreicher werden sich jetzt fragen, woher das Geld für diese Steuerreform 2020 kommt. Einen Teil davon hat das Finanzministerium bereits eingenommen durch die höheren Steuererlöse aufgrund des Anstiegs der Zahl der Beschäftigten und der guten wirtschaftlichen Entwicklung. Diese wird laut den Prognosen der Wirtschaftsforscher auch heuer in abgeschwächter Form anhalten. Ein Teil der Gegenfinanzierung soll - wieder einmal - durch Einsparungen in der Verwaltung hereinkommen.

Der türkis-blauen Regierung kommt auch der konjunkturbedingte Rückgang der Zahl der Arbeitslosen zu gute. Das bedeutet weniger Ausgaben und mehr Einnahmen durch Beschäftigte.

Weniger Langzeitarbeitslose, Wien hinkt bei Rückgang nach

Am Neujahrstag wurden die Werte für Dezember 2018 vom Sozialministerium verkündet. Demnach hielt der positive Trend an. Mit 413.936 Personen, die arbeitslos gemeldet waren (inklusive Schulungsteilnehmern) wurde ein Rückgang um 6,7 Prozent gegenüber 2017 verzeichnet. Nach nationaler Definition sank die Arbeitslosenquote damit um 0,7 Prozentpunkte auf 8,7 Prozent.

Bemerkenswert waren mehrerer Details. Die Zahl der arbeitslosen Österreicher sank um 8,4 Prozent, jene bei Ausländern ging nur um 1,0 Prozent zurück. Ältere Personen über 50 Jahren haben es am Arbeitsmarkt nach wie vor deutlich schwieriger. In dieser Gruppe sank die Arbeitslosenrate um 2,3 Prozent, bei Jugendlichen unter 25 Jahren hingegen um 9,5 Prozent. Bei Langzeitarbeitslosen, die länger als zwölf Monate ohne Job waren, wurde ein Rückgang um 14,8 Prozent verzeichnet.

Wien hinkt im Bundesländervergleich nach. Dort lag der Rückgang insgesamt bei 2,8 Prozent. Tirol lag mit minus elf Prozent - dank des Tourismus - voran.