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Bei Pflege daheim sind Länder dem Bund voraus

Von Karl Ettinger und Martina Madner

Politik
Niederösterreich fördert den Urlaub von pflegenden Angehörigen.
© stock.adobe/Robert Kneschke

Hilfe für Angehörige, Ausbildung: Modelle in Nieder- und Oberösterreich.


St. Pölten/Linz. Mehr als 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Österreich werden von Angehörigen betreut. Diesen gilt der Schwerpunkt der Bundesregierung beim Masterplan Pflege, um den es jetzt auch bei der Regierungsklausur geht.

Vom Gastgeberbundesland Niederösterreich kann sich die Regierung ein Modell zeigen lassen. Dort gewährt das Land Menschen, die Angehörige pflegen, einen Zuschuss zum Urlaub. Seit dem Vorjahr beträgt der Zuschuss pro Urlaub in Österreich 175 Euro, für einen Aufenthalt in Niederösterreich 225 Euro. An 477 Angehörige wurden knapp 87.000 Euro ausbezahlt, rechnet Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) vor.

Unterstützt werden jene, die Angehörige ab Pflegestufe 3 betreuen. Daneben besteht die Möglichkeit, dass Pflegebedürftige vorübergehend in einem Heim betreut werden. Die pflegende Person kann damit ausspannen.

Bei der Pflege daheim ist nun Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gefordert, angekündigten Verbesserungen Taten folgen zu lassen. Im Regierungspakt ist die Anhebung des Pflegegeldes erst ab Pflegestufe 4 vorgesehen. Viele davon werden jedoch im Heim und nicht zu Hause betreut.

Höheres Pflegegeld für alle ist in der ÖVP in Diskussion

Deswegen werden in der ÖVP die Forderungen nach einer Erhöhung des Pflegegeldes ab der ersten von sieben Stufen laut. Offen hat sich ÖVP-Seniorenbundchefin Ingrid Korosec dafür ausgesprochen, ÖVP-Klubobmann August Wöginger schließt das nicht aus.

Besonderes Kopfzerbrechen bereitet bei den Pflegekräften, dass potenzielle Berufseinsteiger als Jugendliche verloren gehen. Wer mit 15 die Schulpflicht abschließt, kann erst mit 17 die Pflegeausbildung beginnen. Oberösterreich hat auf diese Problematik unter Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) reagiert. Im November 2018 wurde der Lehrgang "Junge Pflege" gestartet, bei der gleich nach Ende der Schulpflicht mit der Ausbildung zur Altenbetreuung begonnen werden kann. 18 Teilnehmer gab es bei der Premiere. Dabei werde auf das junge Alter Rücksicht genommen, wie Gerstorfer der "Wiener Zeitung" erläutert. Fünf Lehrgänge sollen heuer folgen, um mehr junges Personal heranzubilden.

Für Pflegedienste wie das Hilfswerk Österreich sind freilich Zersplitterungen von Strukturen schon heute herausfordernd. In Niederösterreich, Salzburg und dem Burgenland können Pflegebedürftige den Pflegeträger frei wählen, in Oberösterreich und Teilen der Steiermark wird den Organisationen jeweils für die Versorgung mit mobilen Diensten eine bestimmte Region zugewiesen, Wien hat eine Stützpunkt-Struktur. Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, präferiert den freien Wettbewerb der Träger: "Da können Kunden selbst souverän entscheiden, welches Angebot sie wählen." Eigens errichtete Instanzen zur Steuerung führen in ihren Augen dagegen zu Doppelstrukturen, zusätzlichen Schnittstellen und Kommunikationsaufwand, deshalb Mehrkosten - "aber keinen One-Stop-Shop".

Dazu kommt: Pflege in Heimen, mobile Dienste und die 24-Stunden-Betreuung werden unterschiedlich von Bund, Ländern und Gemeinden finanziert und gefördert. Anselm sagt deshalb: "Casemanagement, die Organisation des konkreten Bedarfs für einen Pflegebedürftigen wäre in einem integrierten System leichter."