Wien. Fleisch und Milchprodukte generieren zwei Drittel der nahrungsmittelbedingten Treibhausgasemissionen in Österreich, wobei Fleisch der größte Faktor ist. Denn der Wasser-, Futter- und Anbauflächenverbrauch in der Produktion sind enorm. Der Anteil der Ernährung am ökologischen Fußabdruck liegt bei 25 Prozent. Eine Ernährungsumstellung hätte aber nicht nur positive Folgen für die Umwelt, sondern auch für die Gesundheit. Basierend auf dem Mitte Jänner von der EAT-Lancet-Kommission veröffentlichten Konzept "The planetary health diet" zu genauen Ernährungsrichtlinien zum Schutz des Planeten, sieht das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) nun Politik und handelnde Personen am Zug.

Die Richtlinien der EAT-Lancet-Kommission könne man sehr gut auf Österreich umlegen, nationale Ernährungsempfehlungen brauche es daher keine mehr, sagte ÖAIE-Präsident Kurt Widhalm am Donnerstag - es gehe lediglich darum, diese umzusetzen.

Den Richtlinien zufolge sollten pro Tag höchstens 35 Gramm rotes Fleisch und dafür mehr Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse gegessen werden. Dadurch würde sich die Anzahl der vorzeitigen Todesfälle um 20 Prozent reduzieren, weil vor allem gesättigte Fettsäuren, die in tierischen Lebensmitteln enthalten sind, für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich sind, heißt es. Zugleich würde man dem Klimawandel entgegenwirken.

63,4 Kilogramm Fleisch pro Jahr

Von 35 Gramm rotem Fleisch pro Tag ist man in Österreich im Moment jedoch weit entfernt. Rechnet man diese auf den Jahreskonsum hoch, kommt man auf rund 13 Kilogramm. Das ist weniger als ein Drittel des aktuellen Konsums. Denn laut Statistik Austria ist der Pro-Kopf-Verzehr zwar leicht rückläufig, im Jahr 2017 lag er aber noch immer bei 37,2 Kilogramm Schweine- und 11,8 Kilogramm Rind- und Kalbfleisch pro Jahr. Das ergibt in Summe 49 Kilogramm rotes Fleisch. An Geflügel wurden 12,6 Kilogramm pro Kopf und Jahr verzehrt. Mit insgesamt 63,4 Kilogramm (Wild, Kaninchenfleisch und Ähnliches ist hier ebenfalls miteinberechnet) liegt Österreich im Spitzenfeld der EU. In Luxemburg und Spanien isst man ähnlich viel Fleisch. Zum Vergleich: Der weltweite Durchschnitt an Fleischverbrauch liegt bei etwa 42 Kilogramm. Anfang des 19. Jahrhunderts waren es global noch zehn Kilogramm pro Kopf und Jahr.

Das ÖAIE formulierte daher konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der Ernährungsrichtlinien. Zum einen brauche es eine umfassende Informationskampagne für den Verbraucher auf Basis ernährungsmedizinischer Grundlagen, um den Konsum von rotem Fleisch drastisch zu reduzieren. Zum anderen müsse die Landwirtschaft ihre Fleischproduktion zugunsten eines erhöhten Gemüseanbaus möglichst rasch eindämmen. Werbemaßnahmen, die einen erhöhten Fleischkonsum unterstützen, solle man unterlassen. Stattdessen fordert das ÖAIE, in die Diskussion über preisgesteuerte Maßnahmen zu gehen. Trotz mehrmaligen Nachfragens gab es keine Stellungnahme vonseiten des Gesundheitsministeriums.

"Hälfte der Fläche sind Almen"

Was die Wissenschaft fordert, sei freilich nachvollziehbar, sagt Josef Siffert von der Landwirtschaftskammer Österreich im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" dazu - es in die Praxis umzusetzen, sei allerdings äußerst schwierig. Denn die Hälfte der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in Österreich bestehe aus Almen. "Und Gras kann nur vom Wiederkäuer verwertet werden." Reduziert man den Viehbestand drastisch, stelle sich die Frage: "Was macht man dann mit den Almen?" Die Gemüseproduktion sei flächenmäßig zudem sehr eingeschränkt, weil dafür zahlreiche Bedingungen passen müssten wie zum Beispiel im Marchfeld.

Grundsätzlich bestimme immer der Konsument mit seinem Einkauf, was gegessen und produziert wird. "Das ist eine ganz normale Regel der Marktwirtschaft", so Siffert. Beim Rindfleisch sei Österreich mehr als Selbstversorger, ein Teil werde also exportiert. Den Schweinefleischbedarf könne man mit der Produktion decken, allein Hühnerfleisch müsse man zu 20 bis 30 Prozent importieren. Würde nun die Österreichische Landwirtschaft bei gleicher Nachfrage weniger Fleisch anbieten, "was glauben Sie, was dann passiert?", fragt Siffert. "Dann wird das Fleisch einfach importiert."

Eines der Hauptprobleme des weltweit steigenden Fleischkonsums sei seiner Ansicht nach, dass in ursprünglich ärmeren Ländern wie China, in denen der Wohlstand steigt, nun mehr Fleisch gegessen wird - als Zeichen des Luxus.