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Die Qualität der Schule liegt am Direktor

Von Brigitte Pechar

Politik
© stock.adobe/Konstantin Yuganov

Bildungsminister Faßmann ändert die Kompetenzüberprüfung an den Schulen.


Wien. Bildungsminister Heinz Faßmann stellt ab dem Schuljahr 2022/23 die Bildungsstandardüberprüfung um. Daraus wird dann die individuelle Kompetenz- und Potenzialmessung (iKPM) in der 3. und 7. Schulstufe. Der Unterschied ist, dass die Bildungsstandards in der 4. (am Ende der Volksschulzeit) und 8. Schulstufe (am Ende der Neuen Mittelschule beziehungsweise AHS Unterstufe) gemessen wurden, wobei die Ergebnisse erst ein Jahr später an die Schulen rückgemeldet wurden. "Die Eltern haben die Ergebnisse ihrer Kinder erst erfahren, wenn diese gar nicht mehr an den Schulen waren", erklärt Martin Netzer, Generaldirektor im Bildungsministerium, warum hier eine Änderung vollzogen wird.

Noten sagen wenig aus

Faßmann erklärt das damit, dass die Volksschullehrer damit ein objektives Tool für die Beratung der Eltern bei der nächsten schulischen Entscheidung für ihre Kinder bekommen. Heute ist es ja so, dass Volksschullehrer häufig unter einem großen Druck der Eltern stehen, den Kindern gute Noten zu geben, um einen Übertritt in eine AHS zu ermöglichen. "Tatsächlich sagen Noten wenig aus", sagt Netzer und bestätigt damit zahlreiche Studien. In der 3. und 7. Schulstufe könne man auch noch Maßnahmen entwickeln, um die Bildungsziele doch noch zu erreichen. Mit den Kompetenzmessungen in der 4. und 8. Schulstufe könne man dann sehen, ob die Maßnahmen gegriffen hätten, sagt Netzer.

Monitoring braucht Daten

Wenn derzeit mehr als 500 Schulen die Erwartungen nicht erfüllen, ist es "zunächst einmal positiv, dass man die Notwendigkeit erkannt hat, dass man diese Schulen unterstützen muss", erklärt Bildungswissenschafter Konrad Krainer von der Universität Klagenfurt der "Wiener Zeitung". Die seit dem Schuljahr 2011/2012 durchgeführten Bildungsstandarderhebungen in Deutsch und Mathematik in der vierten und achten Schulstufe (auch in Englisch) würden dafür einen objektiven Blick geben und Bildungssteuerung und Wissenschaft helfen, ein ganzheitliches Bild zu formen. Deshalb ist Krainer auch skeptisch, wenn das Ministerium die Bildungsstandards für Monitoringzwecke nicht fortführen würde.

Hermann Zoller, Leiter des Pädagogischen Dienstes der Bildungsdirektion Steiermark, findet die Neuausrichtung der Kompetenzerhebung gut. Denn man werde in einigen Jahren wieder eine Datenlage haben. Die Lehrer hätten aber das Ergebnis ein Jahr früher und könnten noch reagieren und weil die Notenwahrheit relativ sei, würden Lehrer ein klareres Bild des tatsächlichen Könnens ihrer Schüler erhalten. Die Beurteilungsgerechtigkeit werde erhöht. Gleichzeitig mit dieser neuen Kompetenzüberprüfung kommen auch neue Lehrpläne für die Volksschule und die Sekundarstufe I (Mittelschule und AHS-Unterstufe).

Die bisherigen Bildungsstandardüberprüfungen haben ergeben, dass 569 Schulen in Österreich - von rund 4000 Volksschulen und NMS - vor "großen Herausforderungen" stehen. Nun wird in allen neun Bildungsdirektionen intensiv daran gearbeitet, diese Schulen zu unterstützen. Allerdings, so wird beklagt, gibt es zu wenig qualifiziertes Personal.

Multiprofessionelles Team hilft

Bereits 2017 wurde noch unter SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid das Förderprogramm "Grundkompetenzen absichern" gestartet. Ein multiprofessionelles Team aus einem Schulentwickler, einem Fachdidaktiker und einem Schulpsychologen sollte gemeinsam mit den betroffenen Schulen sozusagen ein Sanierungsprogramm entwickeln. Die Wissenschaft sei dafür gewesen, einmal mit wenigen Schulen zu beginnen und dann auszuweiten, aber die Politik habe mit allen Schulen gleichzeitig starten wollen, sagt Krainer. Allerdings sei von Anfang an klar gewesen, dass man nicht alle gleich im ersten Jahr erreichen werde, weil es von den Hochschulen gar nicht ausreichend Personal gebe. Nun müsse man das Beste daraus machen.

In der Steiermark, so Zoller, hätten 109 von 662 Pflichtschulen schlecht abgeschnitten. Dafür fehle natürlich das Personal. Man habe sich daher für unterschiedliche Geschwindigkeiten, für "zwei Schienen", entschieden, erklärt Zoller. 30 besonders prioritäre Schulen würden eine Einzelbegleitung erhalten, die anderen würden in jeder der sieben Bildungsregionen vernetzt. "Lernen im Fokus" nennt sich das Programm für die vernetzten Schulen. Auch hier wird mit Begleitung intensiv an einer Verbesserung gearbeitet.

Was sind denn die größten Probleme an den besonders schlechten Schulen? "Die Führung spielt eine wesentliche Rolle", sagt Zoller. Wenn die Schulleitung sich für die Lernergebnisse der Schüler nicht mitverantwortlich fühle, mache sich das bemerkbar. Wichtig sei die Lehrerweiterbildung.

Zoller bemerkt allerdings bereits Verbesserungen bei den Bildungsstandarderhebungen. Und das liege auch daran, dass diese Tests nun ernst genommen würden. Die Schüler hätten gesagt, wenn der Test nicht benotet würde, müssten sie sich auch nicht anstrengen. Überhaupt sei ein Wandel im Schulbild eingetreten, sag Zoller. "Früher hat die Schule geschaut, dass sie bei einem Sportwettbewerb - zum Beispiel im Fußball - gut abschneidet. Heute wird der Fokus auf Fertigkeiten und Kompetenzen gelegt."

Es gebe an jeder Schule andere Herausforderungen sagt Krainer, der im neunköpfigen Beirat für das österreichweite Projekt ist. Es sei auf jeden Fall unumgänglich, Vertrauen zwischen dem multiprofessionellen Team und der Schule aufzubauen. In den meisten Fällen gehe es gut. Aber auch der Bildungswissenschafter sagt: Ob es gut geht, hängt vom Schulleiter ab."