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Schützenhilfe für Minister Kickl

Von Karl Ettinger

Politik

Verwaltungsrechtler Bernhard Raschauer tritt für Änderung der Menschenrechtskonvention ein.


Wien/Bregenz. In der Diskussion um das raschere Abschieben straffällig gewordener Asylwerber bekommt Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) Unterstützung außerhalb der Regierung. "Man müsste die Menschenrechtskonvention ändern", sagt der Wiener Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Bernhard Rauschauer im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Die Bluttat, bei der der Sozialamtsleiter der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am Mittwoch mit einem Messer ermordet wurde, hat die Debatte um verschärfte Asylregeln angefacht. Der Tatverdächtige ist ein 34-jähriger Türke, der trotz eines Aufenthaltsverbots vor Jahren im Jänner einen Asylantrag gestellt hat und nicht abgeschoben werden konnte.

Raschauer betont ausdrücklich: "Ich bin kein FPÖler." Aber der Universitätsprofessor bekundet seine Sympathie für den Plan des Innenministers, die Europäische Menschenrechtskonvention zu ändern: "Ich habe ein gewisses Verständnis, dass man in diese Richtung zielt." Es gehe darum, weitere Ausnahmebestimmungen in die Menschenrechtskonvention aufzunehmen.

Er nimmt dabei Bezug auf den Mordfall in Dornbirn, bei dem über den Tatverdächtigen nach Ansicht des Innenministeriums trotz des früheren Aufenthaltsverbots keine Schubhaft verhängt werden durfte. Im ORF-Radio hat der Verfassungsexperte Bernd-Christian Funk die Meinung bestätigt, dass es hier grundsätzlich wenig Spielraum für die Behörden gebe.

Begleitumstände in Dornbirn: "Niemand versteht das"

Raschauer räumt ein: "Niemand versteht das." Er sieht das Problem aber nicht unmittelbar in den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention selbst, sondern in der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. "Meines Wissens nach ist das der Stand der Judikatur, das ist das grundsätzliche Problem", beklagt der Experte. Die Rechtsprechung in Sachen Menschenrechte sei "sehr streng" und auf den individuellen Schutz ausgerichtet. In Bezug auf die Begleitumstände des Mordfalles in Dornbirn habe das zur Folge: "Da muss man herumlaufende Nichtabschiebbare in Kauf nehmen." Mit einer Ausweitung der Ausnahmebestimmungen würde sich auch die Rechtsprechung ändern.

Allerdings sieht Raschauer eine weitere Schwierigkeit, die Abschiebungen von straffällig gewordenen Asylwerben verhindert. Mit vielen Ländern, in die Flüchtlinge zurückgebracht werden müssten, gebe es keine Abkommen für die Rücknahme. Deswegen seien Abschiebungen "wahnsinnig schwierig". Es sei nicht so einfach, Betroffene von Amts wegen "vor die Grenze" zu stellen.

Staatssekretärin im Innenministerium Karoline Edtstadler hat am Freitag bei einem Besuch beim Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) in Bregenz dessen Wunsch bekräftigt, man müsse diese rechtliche "Lücke" für eine einfachere Abschiebung von straffällig gewordnen Asylwerbern schließen. Der Schutzstatus für Straftäter soll fallen. Geprüft werde laut Edtstadler auch, wie bei Wiedereinreisenden Asylverfahren beschleunigt werden können.

Aberkannt werden kann der Schutzstatus etwa, wenn sich herausstellt, dass der Betroffene nicht schutzberechtigt gewesen wäre, weil er zum Beispiel Kriegsverbrecher war. Gleiches gilt bei einer schweren nichtpolitischen Straftat, die jemand außerhalb des Aufnahmelandes begangen hat. Der Schutzstatus geht weiters verloren, wenn jemand den Status durch falsche Angaben oder Dokumente erschwindelt hat.

Sonst wird es schwierig. Der Schutzstatus kann aberkannt werden, wenn es "stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er eine Gefahr für die Sicherheit des Mitgliedstaats darstellt, in dem er sich aufhält" oder wenn "er eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Mitgliedstaats darstellt, weil er wegen einer besonders schweren Straftat rechtskräftig verurteilt wurde".

Ministerium startet Projekt gegen gefährliche Einsätze

Das Innenministerium reagiert noch in anderer Form auf die tödlichen Messerattacken der jüngeren Vergangenheit. Kickl lässt die Einsatzstrukturen weiterentwickeln. Die Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit, Michaela Kardeis, hat das Projekt "Bewältigung gefährlicher Einsätze" eingeleitet. Dabei sollen zwischen polizeilichem Regeldienst und Anti-Terror-Aufgaben neue Strukturen einer professionellen Einsatzgruppe geschaffen werden. Das Projekt läuft bis Ende 2020.