Aus dem Völkerrecht lässt sich eine Notwendigkeit zur Unterhaltung von Abfangjägern nicht ableiten. Das sagte der Völkerrechts-Experte Franz Leidenmühler von der Uni Linz gegenüber der APA. Demnach ist es egal, mit welchen Mitteln ein Land seine Souveränität - und damit auch den Luftraum - schützt. Auch die Neutralität werde etwa durch illegale Überflüge ausländischer Maschinen nicht gefährdet, außer, Österreich erhebt gegen derartige Vorfälle keinen völkerrechtlichen Protest. Denn dann würde "Gewohnheitsrecht" entstehen und die Neutralität de facto fallen. Für den Militärstrategen Gerald Karner sind Abfangjäger hingegen sehr wohl notwendig zum Schutz der Souveränität.

Grundsätzlich ist laut Völkerrecht jeder Staat für sein Territorium verantwortlich und hat auch das Recht anderen zu verbieten dieses zu nützen. Gleichzeitig gilt auch die Verpflichtung dafür zur sorgen, dass vom eigenen Territorium - dazu zählt auch der Luftraum bis in die Höhe von 100 Kilometern an der Grenze zum Weltraum - nichts ausgeht, was anderen Staaten schaden könnte. Wie man dies macht, ist dem einzelnen Staat überlassen. So sei es etwa gleichgültig, ob man gegen einen Überflug nur protestiert, ob man das Flugzeug abschießt oder etwa mit Abfangjägern abdrängt, so der Experte.

Österreich habe aber durch seine dauernde Neutralität eine "spezielle völkerrechtliche Statur", so der Experte. Daran sei die Verpflichtung gebunden, sich an keinem Krieg zu beteiligen, keinen Krieg zu beginnen und auch keine Kriegsführenden zu unterstützen. Letzteres wäre auch bei einem Durchflug durch den österreichischen Luftraum der Fall. Allerdings reicht zur Erhaltung der Neutralität auch in diesem Fall eine Protestnote an die jeweilige Regierung, so Leidenmühler.

Als Beispiel brachte der Experte den Überflug von US-Maschinen im Oktober 2001 während des Afghanistan-Krieges. Damals sei der "Neutralitätsfall" eingetreten. Österreich hatte die Pflicht, den Fliegern den Durchflug zu verweigern, zum Teil sind sie trotzdem in den heimischen Luftraum eingedrungen. Daher sei es damals wichtig gewesen, dagegen völkerrechtlichen Protest zu erheben, dadurch sei die Neutralität gewahrt geblieben, sagte Leidenmühler. Er verwies auf Staaten, die überhaupt keine Flieger besäßen, diesen bliebe nur der Griff zum Protest. Dieser wird als offizielle Note schriftlich oder mündlich an den Botschafter des betroffenen Landes überreicht.

Problematisch könnte es nur werden, wenn andere Staaten aus dem österreichischen Territorium heraus geschädigt würden und Österreich hätte nichts dagegen unternommen. Dann könnte Österreich zur Verantwortung gezogen werden, dies würde sich aber im Regelfall auf einen völkerrechtlichen Protest beschränken, so der Experte.

Der Militärstratege Karner widersprach im Gespräch mit der APA diesen Ansichten. Seiner Meinung nach ist der Schutz des Territoriums damit verbunden, dass der Staat gegebenenfalls eine Verletzung aktiv verhindert. Die entsprechenden Maßnahmen würden sich nach der Zumutbarkeit richten. Nicht zumutbar wäre es etwa, dass Österreich interkontinentale Raketen abwehrt. Von Österreich werde jedoch völkerrechtlich erwartet, das zu tun, was zumutbar sei, so Karner. Und Jagdflugzeuge seien - richtet man sich am internationalen Standard - zumutbar und notwendig, betonte der Militärstratege.