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Biomasseförderung: Zehn Gesetze, zehn Fragezeichen

Von Jan Michael Marchart

Politik

Die SPÖ kritisiert "rechtliche Verkomplizierung" durch Ministerin Köstinger. Die Genossen befürchten unterschiedliche Tarife und Stromkosten.


Wien. Der Knatsch um die Fortschreibung der Biomasseförderung um drei Jahre schwillt nicht ab. Auch weil ihn die Streitparteien nicht abschwellen lassen. Der Parlamentsklub der ÖVP richtete den Sozialdemokraten am Montag via "Krone"-Inserat aus, mit ihrem "Nein" zur Ökostromnovelle als einzige Partei in Österreich für Atomstrom zu sein. Das wollen die Genossen nicht auf sich sitzen lassen und klagen auf Widerruf und Unterlassung.

Das und dass Umweltministerin Elisabeth Köstinger vergangene Woche bekanntgab, die auslaufenden Förderungen für 47 Biomassewerke per Grundsatzgesetz beschließen zu wollen, bemüßigte die SPÖ zum medialen Gegenschlag.

Denn ein Grundsatzgesetz kann mit einfacher Mehrheit in Nationalrat und Bundesrat beschlossen werden. Damit erspart sich Köstinger wie zuletzt zähe Verhandlungen mit der SPÖ um eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Außerdem verlagert Köstinger den Streit auf die Bundesländer - und damit von sich.

Der Artikel 12 in der Verfassung erlaubt es der Regierung, ein Grundsatzgesetz zu erlassen und es den Ländern zur Vorgabe zu machen. Innerhalb von sechs Monaten müssen diese eigene Ausführungsgesetze erlassen. Der Bund stellt also allgemeine Grundsätze auf, die die Länder dann für sich näher konkretisieren. Der Bund muss den Ländern aber einen Spielraum lassen.

"Statt eines Gesetzes braucht es jetzt zehn Gesetze", kritisierte SPÖ-Energiesprecherin Muna Duzdar. "Wir haben es mit einer rechtlichen Verkomplizierung zu tun." Die SPÖ befürchtet eine lange Umsetzungsdauer des Gesetzes. Dieses muss nämlich auch beihilferechtlich von der EU-Kommission geprüft werden.

Der Europarechtler Walter Obwexer sieht hier keine Schwierigkeit. Es stimme zwar, dass die Gesetze von der EU-Kommission geprüft werden müssen, weil die staatliche Beihilfe für Unternehmen über der gesetzlichen EU-Obergrenze von 200.000 Euro in drei Steuerjahren liegt. "Aber das geht sehr schnell, die Kommission hat zwei Monate Zeit, wenn sie es nicht inhaltlich prüft", sagt Obwexer. Nur dann könne sich das Verfahren sehrwohl monatelang hinziehen. Davon geht Obwexer aber nicht aus, weil es sich bloß um eine Verlängerung der Förderung handle, die vor 13 Jahren eingeführt und geprüft wurde. Im Ministerium wartet man ab.

Der enge Spielraum der Länder

Es ergebe sich auch keine Überschneidung mit den EU-Wahlen im Mai, wie die SPÖ befürchtet. "Die EU-Kommission ist bis November im Amt, das lässt sich machen", so Obwexer. Das Thema sei ein kleineres und es gebe hier keinen Grund für die Kommission darauf zu warten, bis ihre Nachfolger eingesetzt werden.

Die SPÖ kritisierte einmal mehr, dass nicht klar sei, welche Anlagen in welcher Höhe gefördert werden. "Es geht um 150 Millionen Euro, die Kunden mit ihrer Ökostromabgabe zahlen", sagte Duzdar. "Sie haben das Recht zu erfahren, wohin das Geld fließt." Auch Alois Schroll, Bürgermeister von Ybbs an der Donau in Niederösterreich, sagte, dass im Mostviertel sechs Bioanlagen stünden, "bei denen wir nicht wissen, ob die Betreiber in Zukunft ihre Förderung bekommen".

Die SPÖ befürchtet durch das Grundsatzgesetz einen "Fleckerlteppich" in den Bundesländern. Es sei nicht klar, wie hoch die Tarife sein werden und ob die Stromkunden bundesweit die gleichen Beiträge bezahlen.

Peter Bußjäger, Leiter des Instituts für Föderalismus der Universität Innsbruck, hält es für realistisch, dass es neun Landesfördertöpfe geben könnte und das Geld nach Leistung (nach erzeugten Kilowattstunden) verteilt wird. Das ist das Modell, dass das Umweltministerium nach außen hin für realistisch hält. In Zukunft soll es demnach neben der Ökostrompauschale, die jeder zahlt, einen befristeten Förderbeitrag für die 47 Biomasseanlagen geben. Dieser Beitrag könnte von Bundesland zu Bundesland variieren, sagen Energieexperten, weil manche einerseits mehr Werke haben als andere und auch deren Leistungen unterschiedlich sind.

Exorbitant ansteigen können die Kosten für die Stromkunden aber nicht. Einerseits werde es wie bei der Grundsatzgesetzgebung für die Sozialhilfe einen Höchstsatz für die Fördermenge geben, womit der Spielraum an sich eng ist, sagt Bußjäger.

Andererseits muss der Nachfolgetarif für die Werke laut EU-Recht niedriger sein als der ursprüngliche, womit sich der Spielraum der neun Bundesländer bei den festzulegenden Tarifen auf wenige Cent pro Kilowattstunde beschränken wird.