Zum Hauptinhalt springen

Karfreitag auf Österreichisch

Von Werner Reisinger

Politik

Der Karfreitag wird ein halber Feiertag für alle. Die Lösung entspricht dem Europarecht - dennoch gibt es heftige Kritik.


Wien. Bis auf die Verhandler selbst ist kaum jemand begeistert. Positive Reaktionen sind rar: Die von der Regierung getroffene Regelung des Karfreitags stößt auf teils scharfe Kritik, von den Oppositionsparteien über die Gewerkschaften bis zum Wirtschaftsbund gab es auf den nun eingeführten halben Feiertag am Karfreitag für alle Arbeitnehmer ablehnende Reaktionen und neue Forderungen. Am größten ist die Enttäuschung freilich bei der evangelischen Kirche. Ihre Gläubigen verlieren durch die Einführung eines halben Feiertags - die neue Regelung soll schon am kommenden Karfreitag, den 19. April, gelten - eigentlich einen halben Feiertag. Für Evangelische war der Karfreitag bisher ein ganztägiger Feiertag.

"Lächerlich" sei es, an einem Freitag, an dem ohnehin laut einer AK-Befragung knapp 40 Prozent der Angestellten frei hätten, einen halben Feiertag einzuführen, befand Bernd Achitz, leitender ÖGB-Sekretär. Von einem "Viertelfeiertag" spricht man in der Arbeiterkammer (AK), "äußerst respektlos" nannte AK-Chefin Renate Anderl die Vorgangsweise der Regierung. AK, ÖGB und auch die SPÖ verlangen von der Regierung, den Karfreitag für alle zur Gänze zum Feiertag zu erklären.

"Inakzeptabel" für Evangelische

Der evangelische Bischof Michael Bünker kritisiert quasi einen Wortbruch der Regierung. Tatsächlich hatte ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel nach dem entsprechenden Spruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Ende Jänner versichert, die Regierung wolle keinen neuen Feiertag. "Niemandem soll etwas weggenommen werden", darüber sei man sich in der Regierung einig, so Blümel damals. "Inakzeptabel" ist deshalb die Regelung für den Präsidenten der evangelischen Synode, Peter Krömer. Weil der Vormittag für Evangelische nicht wie bisher für den Gottesdienst frei sei, würde dies einen "massiven Eingriff in das kirchliche Leben" darstellen, so Krömer.

Ähnlich argumentiert auch die katholische Bischofskonferenz. Sie befürchtet, dass die Karfreitags-Regelung zum Vorbild in der Debatte um andere kirchliche Feiertage werden könnte: "Wenn nämlich Feiertage auf einen freien Nachmittag reduziert werden, wird das Wesen der österreichischen Sonn- und Feiertagskultur ausgehöhlt", schrieb am Dienstag Peter Schipka, Generalsekretär der Bischofskonferenz, in einer Aussendung. Evangelische Christen würden "etwas Wichtiges verlieren".

Das Umschwenken kann auch als Entgegenkommen der ÖVP gegenüber der FPÖ interpretiert werden. "Rechtzeitig vor dem kommenden Karfreitag soll es nun die neue Regelung geben, die am Status quo möglichst wenig verändert", so die beiden Regierungsvertreter Walter Rosenkranz, FPÖ, und Peter Haubner, ÖVP, in ihrer knappen gemeinsamen Stellungnahme. Bei den Feiertagen liege Österreich nämlich im europaweiten Spitzenfeld, werden Rosenkranz und Haubner nicht müde zu betonen. Dass Feiertage nicht nur für das geistige Leben der Gläubigen, sondern auch für die Erholung der Berufstätigen wichtig sind, wie die Kirchen gerne betonen, zeigt zumindest ein Blick in die Vergleichsstatistik der Eurostat zur wöchentlichen Arbeitszeit: In nur zwei EU-Ländern wird noch mehr gearbeitet als bei uns, nämlich im Vereinigten Königreich und in Zypern.

Offene Fragen für den Handel

Vorschläge, wie man das EuGH-Urteil besser hätte umsetzen können, gibt es freilich ebenso viele wie nun offene Fragen. Einen garantiert freien Tag für jede Religionsgemeinschaft, den diese im religiösen Sinn frei festlegen könnte, fordert etwa der evangelische Bischof Bünker. Die katholische Bischofskonferenz hat allerdings in Gesprächen mit ÖVP-Regierungskoordinator Blümel einen Abtausch von Feiertagen abgelehnt. Auch nun verwehren sich die Katholiken entschieden gegen eine etwaige Abschaffung von anderen Feiertagen. Die jetzige Regelung ist bei aller Kritik aber vor allem eines: EU-rechtskonform. Das bestätigt auch der Europarechtler Walter Obwexer. Eine Empfehlung des EuGH, den Karfreitag zur Gänze für alle als Feiertag zu bestimmen, wie dies die Bischofskonferenz in ihrer Aussendung behauptet, sei aber im EuGH-Urteil keineswegs herauszulesen.

Unzufrieden ist auch die Wirtschaft, besonders der Handel. Der Wirtschaftsbund spricht von einer "Mehrbelastung" für die Betriebe und verlangt Entlastungsmaßnahmen, der Handelsverband will eine Sonderlösung wie beim 8. Dezember: Angestellte sollen ohne Angaben von Gründen Dienste am Karfreitag ablehnen können. Ob auch das Öffnungszeiten-Gesetz geändert wird, ist noch offen.