Wien. Arbeiten für 1,50 Euro die Stunde? Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) hält dies bei Asylwerbern für angemessen. Grundsätzlich dürfen Asylwerber in Österreich nicht arbeiten. Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen. Eine davon betrifft die Arbeit für Gemeinden. Sie dürfen für Hilfstätigkeiten wie Straßenkehren, Rasenmähen oder Schneeschaufeln beschäftigt werden. Dafür werden sie von der Gemeinde, dem Land oder dem Bund mit einem "Anerkennungsbeitrag" entlohnt. Der Beitrag liegt zwischen drei und fünf Euro pro Stunde und ist seit 2004 in der Bundesbetreuungsverordnung geregelt. Wie viel eine Gemeinde jeweils zahlt, kann sie autonom entscheiden. Maximal dürfen Asylwerber aber nur 110 Euro pro Monat dazuverdienen.

Kickl will dies nun ändern. Er hat einen Entwurf zur Begutachtung vorgelegt, in dem nur noch 1,50 Euro pro Stunde für Asylwerber vorgesehen sind. Unterstützung bekommt er dabei von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Kickl begründet sein Vorhaben damit, dass manche Gemeinden den Menschen mehr als fünf Euro pro Stunde zahlen würden. Damit würden Asylwerber mehr Geld bekommen als Zivil- und Grundwehrdiener.

Derzeit erhalten Zivildiener monatlich eine Grundvergütung von 339 Euro, Grundwehrdiener bekommen 321,22 Euro. Zivildiener sollen laut Verordnung nicht mehr als 45 Stunden pro Woche arbeiten, bei Grundwehrdienern ist es ähnlich.

Kritik von Opposition und aus Ländern

Der Vorschlag des Innenministers stößt auf breite Kritik. "Anstatt dass wir darüber diskutieren, dass Zivil- und Grundwehrdiener mehr bekommen sollten, tritt man jetzt nochmal eine Stufe nach unten", sagt Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Es gebe derzeit keinen Grund, diesen Betrag nach unten zu schrauben. In Wien arbeiten rund 400 Asylwerber für die Stadt. Sie werden unter anderem zum Straßenkehren oder für Hilfsarbeiten im Marktamt eingesetzt. Bei der Stadt Wien ist man mit deren Arbeit zufrieden. "Es macht natürlich Sinn, dass Asylwerber arbeiten und nicht den ganzen Tag in ihrem Heim sind", sagt Hacker.

Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) sieht in Kickls Plänen "billigen Populismus". "Wichtiger als der Lohn ist die Erweiterung des Zugangs für Asylwerber zu gemeinnütziger Tätigkeit, da viele mehr arbeiten möchten, als derzeit möglich ist - auch wenn nur ein paar Stunden und für fast kein Geld." In Oberösterreichs Gemeinden waren im September vergangenen Jahres 635 Asylwerber beschäftigt. Sie erhalten fünf Euro pro Stunde und sind unfall- und haftpflichtversichert.

Doch nicht nur in der Opposition regt sich Widerstand gegen die Lohnsenkung. Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) sieht keine Notwendigkeit, in seinem Bundesland den Stundenlohn auf 1,50 Euro zu senken. "Wir haben hier ein sehr gut funktionierendes Modell aufgebaut", sagte er am Dienstag. Vorarlberg zahlt den Asylwerbern vier Euro Stundenlohn. "Es war von Beginn an Wunsch des Landes Vorarlberg, die Entlohnung der Remunerantentätigkeit von Asylwerbenden als Anreiz angemessen festzulegen", heißt es aus dem Büro von Integrationslandesrat Christian Gantner. In Vorarlberg leben derzeit rund 1480 Asylwerber. Nach Zahlen der Caritas gehen rund ein Drittel von ihnen einer Hilfstätigkeit nach.

In manchen ÖVP-geführten Gemeinden sieht man die Kürzung kritisch. "Ein Stundenlohn von 1,50 Euro ist nichts anderes als entwürdigend", sagt der Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP) zur "Wiener Zeitung". In einem Blogbeitrag, der hundertfach auf Facebook geteilt wurde, schreibt er, dass die Beschäftigung von Asylwerbern für die Gemeinde in erster Linie Vorteile gebracht hätte. Rund 80 Asylwerber haben in Tulln bei der Gestaltung der Gärten geholfen – die meisten haben Unkraut gejätet. Sollte der niedrigere Stundenlohn umgesetzt werden, will Eisenschenk Konsequenzen ziehen: "Ich würde in diesem Fall der Gemeinde empfehlen, keine Asylwerber mehr zu beschäftigen", so der Tullner Bürgermeister.

Amtskollege Rudolf Friewald (ÖVP) aus Michelhausen schlägt in dieselbe Kerbe. "1,50 Euro halte ich nicht für gescheit. Wir sollten die Arbeit der Menschen honorieren." Die Gemeinde mit knapp 3000 Einwohnern in Niederösterreich sei gut ausgekommen mit den Asylwerbern. "Dass sie arbeiten können, ist ein positiver Aspekt. Die Menschen in der Gemeinde haben die Scheu verloren", sagt der Bürgermeister. Derzeit sind winterbedingt in Michelhausen keine Asylwerber beschäftigt. Im Schnitt arbeiteten rund 20 Menschen in den Gartenanlagen der Gemeinde.

Keine österreichweiten Zahlen

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl ist mit einem Stundenlohn von 1,50 Euro einverstanden. "Bis zum Abschluss des Asylverfahrens wollen wir die Asylwerber unterstützen und nicht den Arbeitsmarkt unterwandern." Der Fokus liege auf der Beschäftigung in geregelten Arbeitsverhältnissen. Aus dem Städtebund heißt es, die Gemeinde solle entscheiden, wie viel sie den Asylwerbern zahle.

Wie viele Asylwerber in Österreich einer Hilfstätigkeit nachgehen, ist nicht bekannt. Vom Gemeindebund werden dazu keine Zahlen erhoben, denn die Gemeinden haben diesbezüglich keine Meldepflicht. Aus einzelnen Bundesländern gibt es jedoch Zahlen, wie Recherchen der "Wiener Zeitung" zeigen. So wurden in Salzburg vergangenes Jahr 231 Asylwerber beschäftigt, in Tirol waren es etwa 300, in Vorarlberg rund 490, in Oberösterreich 635 und in Wien 400. Kärnten, die Steiermark und Niederösterreich führen keine landesweite Statistik dazu. Anfragen an das Innenministerium und die burgenländische Landesregierung blieben bisher unbeantwortet.