"Lohndumping", "menschenunwürdig", "nicht förderlich": Die Kritik an der von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geplanten Kürzung des Stundenlohns für Asylwerber ebbt nicht ab. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat heute nach dem Ministerrat angekündigt, die Anliegen der Bundesländer im Rahmen der Begutachtung "prüfen" und dann eine Entscheidung zu treffen.
Zuvor kamen sowohl von Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) als auch von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kritische Rückmeldungen. Kaiser sieht die Reduzierung auf 1,50 Euro pro Stunde als "menschenunwürdig" und als Ausbeutung. Maximal dürfen Asylwerber 110 Euro dazuverdienen. Bei einem Stundensatz von fünf Euro sind dies 22 Stunden Arbeit. Bei 1,50 pro Stunde wären dies 73,33 Stunden.
Stelzer hält die in Oberösterreich üblichen fünf Euro pro Stunde für angemessen, wie er in der "Kronen Zeitung" sagt. "Dass das nicht förderlich ist, sich für gemeinnützige Tätigkeiten zu engagieren, ist aber auch klar".
Kurz erinnert an Gesetz unter Rot-Schwarz
Der Bundeskanzler versteht die Aufregung um die 1,50 Euro pro Stunde nicht. Er verwies auf ein entsprechendes Gesetz unter Rot-Schwarz, das 2017 beschlossen wurde. "Das ist einmal eine positive Kern'sche Hinterlassenschaft", befand auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), der ebenfalls daran erinnerte, dass die Regelung damals für die SPÖ "gut und richtig" gewesen sei.
Hintergrund laut Kanzleramt: Damals wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach der Innenminister per Verordnung die Details zu gemeinnützigen Tätigkeiten von Asylwerbern festlegen kann. Zwischen Bund und Ländern ist koordiniert, dass die Asylwerber dafür monatlich maximal 110 Euro bekommen dürfen. Während es für Hilfstätigkeiten im Auftrag des Bundes schon einen Stundensatz von 1,60 Euro gibt, fehlt eine einheitliche Stundensatzregelung bisher für die Länder, was derzeit unterschiedliche und teils höhere Stundensätze zur Folge hat. Dies soll nun eben mit der von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in Begutachtung geschickten Verordnungsermächtigung auf 1,50 Euro vereinheitlicht werden.
Kein Lohn, sondern "Belohnung"
Kurz erläuterte, dass sich die Regelung am Zivildienst orientiere. Außerdem handle es sich nicht um einen Lohn, sondern eine "Belohnung" für jene, die sich ehrenamtlich engagieren, hielt Kurz fest. Die Betroffenen seien in der Grundversorgung, es werde ihnen also Wohnung, Verpflegung und anderes zur Verfügung gestellt. Er wolle diese Belohnung nicht mit einem Erwerbseinkommen vergleichen, weil das nicht die Intention sei - sonst schaffe man einen Billiglohnbereich.
In den Bundesländern gebe es teilweise unterschiedliche Regelungen und man werde die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren prüfen, erklärte Kurz. Ziel müsse es jedenfalls sein, dass mehr Asylwerber den Weg der gemeinnützigen Tätigkeit gehen, im Idealfall fast jeder. Es gebe aber "ein gewisses Chaos" in diesem Bereich, weil man derzeit nicht einmal wisse, wie viele Personen sich dabei engagieren.
Laut Zahlen der "Wiener Zeitung" dürfte es sich um eine wenige Tausend handeln. So waren in Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Oberösterreich und Wien rund 2060 Asylwerber für Hilfstätigkeiten beschäftigt. Aus Kärnten, der Steiermark, Niederösterreich und dem Burgenland liegen keine Zahlen vor. (apa, red)