Wien. Die Identitären, die zuletzt im Zusammenhang mit dem rechtsradikalen Attentäter der Anschläge im neuseeländischen Christchurch mit 50 Toten im Zentrum standen, waren am Donnerstag auch im Nationalrat Diskussionsthema. Gleichzeitig machte der Obmann der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ), Martin Sellner, via "Twitter" bekannt, dass ihm das Esta-Visum für die Einreise in die USA verweigert worden sei. Kritik übte der rechtsextreme Aktivist an der FPÖ: "Danke @HCStracheFP für die tolle Rechtsstaatlichkeit." "Jetzt kann ich meine Verlobte und ihre Familie nicht mehr besuchen, oder dort wie geplant heiraten!", beklagte sich Sellner. Er ist mit der US-Autorin und YouTuberin Brittany Pettibone liiert, die als eine Promoterin der "Neuen Rechten" in den USA gilt.

Sellner stand in den vergangenen Tagen auch im Fokus internationaler Medien, nachdem bekannt wurde, dass er 2018 eine Spende des Attentäters von Christchurch in Höhe von 1500 Euro erhalten hatte. Seitdem laufen Ermittlungen gegen den Obmann der Identitären, und zwar wegen des Verdachts der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung. Auch war am Montagabend eine Hausdurchsuchung bei Sellner durchgeführt worden.

Attentäter war mit Österreichern in Nordkorea

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) berichtete im Nationalrat über die aktuelle Situation, um einen Überblick über die bisherigen Ergebnisse der Ermittlungsbehörden mit Österreichbezug zu geben. Neu war, dass der Attentäter seine Nordkorea-Reise im Jahr 2014 in einer Gruppe unternahm, in der sich auch drei Österreicher befanden. Außerdem nannte Kickl das vom Attentäter verfasste Pamphlet mit dem Titel "The Great Replacement", wörtlich übersetzt "Der große Austausch". Das sei ein Slogan, der von der Identitären Bewegung seit Jahren verwendet werde. Auch habe der Mann seine Waffen mit der Zahl 1683, dem Jahr der zweiten Türkenbelagerung Wiens, und dem Namen des damaligen Wiener Stadtkommandanten Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg beschriftet.

Der Attentäter habe Österreich vom 27. November bis zum 4. Dezember 2018 aus Ungarn kommend bereist, 2000 Kilometer per Leihauto zurückgelegt und sei dann in die estnische Hauptstadt Tallinn weitergereist. Die Behörden seien nun am Ermitteln, ob es Kontakte zu extremistischen Personen, Gruppierungen oder Netzwerken in Österreich gegeben habe. Derzeit seien solche "nicht bekannt", es gebe nur den Nachweis einer Spende an Sellner, deren Motiv und Umstände man untersuche. Kickl erinnerte daran, dass umgehend ein Auflösungsverfahren durch die Landespolizeibehörden eingeleitet wurde, und zwar gegen zwei Vereine in Graz und einen in Linz.

SPÖ und Neos verwiesen auf Verbindungen der FPÖ

Auch von Ermittlungen gegen das von deutschen Bundeswehr- und Sicherheitsbehördenmitgliedern gebildete Netzwerk "Schattenarmee" berichtete der Minister, die sich auf den "Tag X" eines Systemumsturzes vorbereitet und Todeslisten angelegt hatten.

Der Erklärung Kickls folgte eine teils hitzige Debatte, deren Zusammenfassung so lautet: SPÖ und Jetzt verwiesen auf Verbindungen zwischen Freiheitlichen und Identitären. Die FPÖ wies dies zurück. Die ÖVP forderte einen politischen Schulterschluss.

Konkret nannte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried die Identitären eine Bewegung, die nicht nur von vielen FPÖ-Funktionären freundlich behandelt, sondern von Vizekanzler Heinz-Christian Strache sogar auf Facebook hofiert worden sei und heute Kontakte in höchste Regierungskreise habe.

Leichtfried attackierte auch Kickl persönlich, weil dieser versucht habe, die Leiterin des Rechtsextremismus-Referats im BVT aus dem Amt zu mobben. FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz sprach im Gegenzug von Verschwörungstheorien.

Einen grundsätzlichen Anlauf nahm Neos-Mandatarin Irmgard Griss, die sich der geistigen Hintergründe des Christchurch-Attentats annahm. Die Wurzel sei die Abgrenzung, der Folge die Ausgrenzung und im extremen Fall die Auslöschung. Gerade Österreich mit seiner Geschichte müsse besonders wachsam sein. Daher rufe sie alle auf: "Wehren wir den Anfängen und treten gegen solche Geisteshaltungen auf."

Dafür warb auch Jetzt-Abgeordnete Alma Zadic. Diese Ideologie habe keinen Platz in Europa und damit auch keinen in Österreich. Die Identitären gehörten zu den neuen Rechten, die in Europa sehr gut vernetzt seien.