Wien. (jm) Politische Entzugserscheinungen habe er keine, versuchte der ehemalige Finanzminister und Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling schlechte Nachreden gleich zu Beginn verstummen zu lassen. Er kehre als Präsident des Vereins "Praevenire" in die Gesundheitspolitik zurück, weil ihm der Bereich am Herzen liege. Gemeinsam mit Verhandlern und Experten soll auf Veranstaltungen nicht nur eine breite Diskussion geführt werden. Im Frühjahr 2019 sollen daraus grundlegende Empfehlungen für die Regierung folgen.
Die Gesundheitsversorgung in Österreich sei an sich eine gute, sagte Schelling eingangs. Aber auch eine im internationalen Vergleich sehr teure. Vor allem zwei Faktoren machen künftig auf der Ausgabenseite Druck: die alternde Gesellschaft und der medizinische Fortschritt. "Wir sind heute medizinisch imstande zu tun, was man vor zehn, zwanzig Jahren nicht konnte", sagt Schelling. "Aber das kostet auch."
Macht und Interessen
In der Gesundheit werde zu viel über Strukturen gesprochen und zu wenig über den Patienten, sagt der Sprecher der Patientenanwälte Gerald Bachinger. Zu sehen sei das an der Kassenfusion. Da gehe es weniger um Versorgungsqualität, sondern um Macht und Einfluss von Interessensgruppen. Anders sei das beim neuen Gesamtvertrag für die Primärversorgungseinheiten, der sich etwa mit der Attraktivierung der Gesundheitsberufe im Allgemeinen beschäftige. Die unterschiedlichen Sparten sollen in den Einheiten gemeinsam arbeiten. Auch die Versorgung chronisch Kranker sei im Vertrag festgehalten.
Das große Feld der Digitalisierung sei eine Chance, konstatiert Reinhard Riedl, Experte für digitale Gesundheit an der Berner Fachhochschule in der Schweiz. Riedl plädiert dafür, auf künstliche Intelligenz zurückzugreifen. Mensch und Maschine müssten stärker zusammenarbeiten, um die medizinische Qualität zu steigern. Riedl nennt als Beispiel die Brustkrebsdiagnose. Selbst die besten Ärzte seien weit weg von einer hundertprozentigen Aufklärung. Künstliche Intelligenz schaffe 90 Prozent, Mensch und Maschine in Zusammenarbeit laut Riedl wahrscheinlich 95 Prozent.
Dass "Praeveniere" nur eine Initiative von vielen sei, lässt Schelling nicht gelten. Man agiere außerhalb von Institutionsinteressen und möchte einen Schub in die Gesundheitspolitik bringen, ob die Regierung die Empfehlungen umsetzt oder nicht.
Die ersten "Gesundheitstage" des Vereins finden von 15 bis 17 Mai im niederösterreichischen Seitenstetten statt. Die Teilnahmegebühr für die gesamten Forumstage beträgt 500 Euro.