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Angezeigte Straftaten 2018 erstmals unter 500.000

Politik

Rückgang bei Eigentumsdelikten lässt Aufklärungsquote steigen.


Wien. Österreich wird immer sicherer. Das ist das Fazit der aktuellen Kriminialitätsstatistik, die Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Donnerstag im Beisein von Franz Lang, dem Direktor des Bundeskriminalamts präsentiert hat. Er sei "sehr stolz", sagte Kickl. Denn erstmals hat es in einem Jahr weniger als 500.000 angezeigte Straftaten gegeben, gleichzeitig ist die Aufklärungsquote deutlich über 50 Prozent gestiegen.

Wichtig bei dieser jährlich präsentierten Statistik: Es handelt sich um angezeigte Taten. Dem gegenüber steht eine Dunkelziffer, die deutlich darüber liegt, wobei dies von Delikt zu Delikt unterschiedlich ist. Sexualstrafdelikte, vor allem innerhalb der Familie, werden sehr selten angezeigt, Eigentumsdelikte dagegen weit häufiger, zumal es oft auch aus versicherungstechnischen Gründen notwendig ist, eine Diebstahlanzeige aufzugeben.

Historisches Tief bei Eigentumsdelikten

Dass die Eigentumsdelikte 2018 auf einem historischen Tiefststand angelangt sind, führte Kickl unter anderem auf die Prävention zurück. Die spielt wohl eine Rolle, wie auch Walter Fuchs vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie sagt. Darunter fallen auch Maßnahmen wie einbruchsichere Türen. Im Vorjahr gab es 172.000 Delikte bei Eigentumsdelikten, neun Jahre davor waren es noch 278.000.

"In dieser Statistik wird die Anzeigenbereitschaft abgebildet. Durch polizeiliche Aktivität kann man die Statistik in bestimmten Deliktsbereichen (z.B. Suchtmittel) auch gezielt nach oben oder unten treiben", sagt Fuchs. So schlägt sich etwa ein restriktives Vorgehen gegen Straßendrogenkriminalität entsprechend in der Statistik nieder.

Der Rückgang bei den Eigentumsdelikten ist wiederum auch dafür verantwortlich, dass die Aufklärungsquote seit Jahren steigt und mittlerweile über der 50-Prozent-Marke liegt. Im Bundeskriminalamt wird hier auch auf die Polizeiarbeit verwiesen, etwa eine Spezialisierung bei Auto-Diebstahl. Eine bessere internationale Zusammenarbeit ist ebenfalls ein Faktor, gerade im Kampf gegen international agierende Banden.

Bei der Aufklärungsquote verhält es sich umgekehrt zur Anzeigenbereitschaft. Während sie bei Eigentumsdelikten sehr niedrig ist und gerade im speziellen, seit Jahren im Steigen begriffenen Cyberbereich besonders niedrig sind, ist der Täter bei angezeigten Gewaltdelikten in der Regel nicht schwer auszumachen.

Psychische Gewalt ist nun Gewaltdelikt

Bei diesen, also Gewaltdelikten, hat ebenfalls einen Rückgang gegeben. Allerdings hat sich das Innenministerium entschlossen, eine neue Zeitrechnung zu beginnen. Künftig werden auch Delikte, in denen psychische Gewalt angewandt wird, als Gewaltdelikte in der Kriminalitätsstatistik verzeichnet. Darunter fällt etwa Stalking. Grund dafür waren "viele Analyserunden mit Experten", wie Lang erklärte. "Delikte, die als Gewalt empfunden werden, werden hineingenommen."

Fuchs kennt die Debatte, auch in Deutschland werde immer wieder kontrovers diskutiert, wie eng man den Gewaltbegriff fassen solle. Er selbst zeigt sich zu dieser Ausweitung skeptisch. Diese Umstellung in der Zählweise lässt die Zahl der Delikte jedenfalls deutlich steigen, und zwar von rund 40.000 gleich auf 70.000. (Wobei sich ein Rückgang seit dem Vorjahr bei beiden Berechnungsmethoden zeigt)

Generaldirektor Lang wies bei der Präsentation auf einige Faktoren und Besonderheiten hin. Der Anstieg der Gewaltdelikte im Jahr 2016 war nicht zuletzt auf die Fluchtwelle und Konflikten innerhalb der (neuen) Communitys zurückzuführen. Der überwiegende Anteil betraf aber leichte Körperverletzung. Mittlerweile sei auch bei den neuen Migranten bekannt, dass die Polizei auch diese kleinen Delikte verfolgt und die Justiz diese ahndet. Mittlerweile sind die Zahlen wieder auf dem Niveau vor der Fluchtkrise.

Mehr Morde, weniger Mordversuche

Was sich nicht ändere: Gewalt passiert weiterhin vor allem innerhalb der Familien- und des Bekanntenkreises. "Dass sich Täter und Opfer komplett fremd sind, spielt kaum eine Rolle", sagt Lang. Bei Mordfällen hat es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg gegeben, von 53 auf 60, zählt man jedoch die versuchten Morde hinzu, ist ein leichter Rückgang von 203 auf 190 Fälle zu verzeichnen.

Innenminister Kickl will diese Fälle genau untersuchen, er hat eine Screening-Gruppe eingerichtet mit Exekutivbeamten, Psychologen, Experten aus der Justiz und der Wissenschaft, die bei den Morden und Mordversuchen Muster ableiten sollen. "Wir wollen möglichst früh in der kriminellen Karriere in einer angespannten Situation eingreifen", sagt Kickl. Noch im Mai wird es dazu gesondert Erkenntnisse geben, die veröffentlicht werden.

Beim Anteil der ausländischen Tatverdächtigen nähere man sich in Österreich den 50 Prozent an, sagt Lang. Rumänen, Deutsche und Serbien bilden bei den ausländischen Tatverdächtigen die größten Gruppen, dahinter folgen Türken und Afghanen. Bei Gewaltdelikten sind österreichische Täter (und Opfer) stärker vertreten als in der Gesamtstatistik. So gab es 2018 exakt 44.260 Verdächtige Gewalttäter mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die größte Gruppe ausländischer Verdächtiger waren Türken mit 2832 Delikten vor Serben (2646) und Afghanen (2492). (sir)

Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik zum Download.