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Schon jeder dritte Schüler bekommt Nachhilfe

Von WZ Online

Politik
Hausaufgaben kontrollieren geht einfach. Doch viele Mütter und Väter müssen in ihrer Freizeit als kostenlose Nachhilfelehrer herhalten.
© JenkoAtaman - stock.adobe.com

Die Arbeiterkammer kritisiert, dass auch die Eltern vermehrt mit den Kindern lernen müssen.


Wien. Im Nachhilfeinstitut Lernquadrat herrscht gerade Hochsaison. "Der Mai ist ein Wahnsinnsmonat", sagt Lernquadrat-Gründer Konrad Zimmermann. Kein Wunder, finden jetzt an den Schulen doch die finalen Tests und Schularbeiten statt, und bei vielen geht es ums Ganze.<p class="MsoNormal"> Fast 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen kommen wegen Schwierigkeiten in Mathematik in eines der 78 Lernquadrat-Institute. An zweiter Stelle der Problemfächer steht Englisch. Rund 10000 Schülerinnen und Schüler werden derzeit von 1400 Lehrkräften betreut. Das seien um 7 Prozent mehr als im Vorjahr, so Zimmermann.

Darkt für Nachhilfe wird in Österreich auf rund 100 Millionen Euro geschätzt. Vor allem Schüler der AHS-Oberstufe brauchen Unterstützung, um ihre Noten zu verbessern oder einen Fünfer abwenden zu können.

Laut dem jüngsten Nachhilfebarometer der Arbeiterkammer (AK), das auf einer Ifes-Befragung von rund 3100 Haushalten mit rund 4700 Schulkindern beruht, bekommt hierzulande bereits jeder dritte Schüler - in absoluten Zahlen 327.0000 Mädchen und Burschen - private Nachhilfe. 17 Prozent bekommen bezahlte, 9 Prozent ausschließlich unbezahlte und 4 Prozent schulische Gratis-Nachhilfe. Im Jahr 2010, als das Nachhilfebarometer zum ersten Mal erstellt wurde, bekamen erst 20 Prozent der Schüler Nachhilfe, davon 16 Prozent bezahlte.

Von 2017 bis jetzt gab es einen besonders großen Sprung. In der Volksschule erhöhte sich in diesem Zeitraum der Anteil der Kinder, die Nachhilfe brauchen, von 6 Prozent auf 14 Prozent, bei den Schülern der AHS-Oberstufe stieg der Wert von 33 Prozent auf 45 Prozent. Sie nehmen auch besonders viel bezahlte Nachhilfe in Anspruch, und ihre Eltern geben am meisten dafür aus.

Zimmermann beziffert seinen Marktanteil für heuer mit 12 Prozent. Seine Hauptkonkurrenten sind die Schülerhilfe, IFL Dr. Rampitsch - und der Schwarzmarkt. In erster Linie seien es Studenten, die Lernunterstützung gegen Bezahlung anbieten. Zimmermann:  "Gehen Sie auf Google, geben Sie 'Nachhilfe St. Pölten' ein, und schauen Sie sich die ersten 40 Einträge an."

Laut einem Arbeiterkammer-Vergleich der Preise bei 31 Wiener Nachhilfe-Instituten liegt die Preisspanne für eine Stunde Einzelnachhilfe zwischen 20,00 bis 59,93 Euro. In der Gruppe kostet das Üben des Schulstoffes zwischen 6,23 bis 33,00 Euro pro Stunde. Der Einzelunterricht sei um knapp drei Prozent teurer geworden, der Gruppenunterricht um 2,4 Prozent, heißt es.

Die Zeit der Eltern ist knapp

"Die wirklich knappe Ressource ist nicht das Geld, sondern die Zeit der Eltern", sagt Zimmermann. Die Schule solle nicht die Verantwortung für die Noten auf die Eltern abwälzen, die ohnehin in der Arbeitswelt steigendem Druck ausgesetzt sind, kritisiert Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl. Bei 73 Prozent der Kinder würden die Eltern nach der Arbeit noch die Hausübungen kontrollieren oder mit ihnen vor Tests oder Schularbeiten lernen. Vor allem bei jüngeren Kindern sei das täglich der Fall. Anderl findet das nicht gut. Sie wünscht sich "weniger Lerndruck, der auf den Familien lastet."

An Schulen, die Förderunterricht anbieten, sowie an verschränkten Ganztagsschulen, ist die Nachhilfearbeit vergleichsweise besser. Dementsprechend fordert Anderl den Ausbau verschränkter Ganztagsschulen, die überdies beitragsfrei sein sollen. Außerdem müsse es an den Schulen einen zweckgebundenen Topf für Förderunterricht geben. Derzeit müssten die Schulen diesen aus dem gleichen Topf wie unverbindliche Übungen finanzieren.