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Parteifinanzen: Krise als Chance für mehr Transparenz

Von Martina Madner und Petra Tempfer

Politik

Der Rechnungshof verlangt volle Prüfrechte: Vorschläge für ein neues Gesetz für mehr Transparenz gibt es einige. Was noch fehlt, ist ein Kompromiss der Parlamentsparteien.


Wien. Das Thema Parteienfinanzierung ist nach dem Ibiza-Video, in dem Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache über das Vorbeischleusen von Spenden am Rechnungshof spricht, erneut in den Fokus gerückt. Als Antwort darauf präsentierte Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker am Donnerstag "fünf Punkte für echte Kontrolle der Parteienfinanzen und der Wahlkampfkosten". Die Parteien sprachen sich daraufhin grundsätzlich ebenfalls für mehr Transparenz aus – im Detail sind einzelne aber skeptisch. Und die ÖVP? "Die Haltung der ÖVP ist klar, wir sind hier für Gespräche offen. Wir haben uns immer für eine Reduktion der Parteienförderung stark gemacht", sagt Kanzler Sebastian Kurz. Der Klubobmann werde diese Gespräche führen.

Als Erinnerungshilfe: Der Auslöser für die aktuelle Diskussion um die Parteienfinanzierung war Heinz-Christian Strache (FPÖ), der im Ibiza-Video, das der "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" vor einer Woche veröffentlichten, sagte: "Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen . . . Die zahlen aber nicht an die Partei, sondern an einen gemeinnützigen Verein . . . Das musst Du (zu Johann Gudenus, Anm.) erklären: Verein. Du musst erklären, dass das nicht an den Rechnungshof geht."

Und weiter: "Der Verein ist gemeinnützig, der hat mit der Partei nichts zu tun. Dadurch hast du keine Meldungen an den Rechnungshof. Das ist ein gemeinnütziger Verein mit drei Rechtsanwälten. Der hat ein Statut: Österreich wirtschaftlicher gestalten." So erklärte Strache, wie die FPÖ von Geldern Dritter profitieren könnte, ohne transparente Offenlegung und die Kontrollmöglichkeiten des Rechnungshofs (RH). Grund dafür ist auch, dass die Gesetze zur Parteienfinanzierung Lücken aufweisen.

ReformbedürftigeLücken im Parteiengesetz

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker präsentierte nun fünf Reformvorschläge zum in ihren Augen "zahnlosen" Parteiengesetz, um diesem mehr Biss zu verleihen: Volle Prüfrechte für den RH, lautet der erste. Aktuell hat dieser keinen direkten Einblick in die Einnahmen und Ausgaben der Parteien, sondern muss dem Rechenschaftsbericht, den jeweils zwei von der Partei ernannte Wirtschaftsprüfer erstellen, vertrauen. Denn der RH kann bei Zweifeln nur bei den Parteien nachfragen.

Es brauche Auflagen für Vereine und Komitees, so der zweite Vorschlag. Vereine, die an Parteien spenden oder für diese Sachleistungen übernehmen, "haben diese Zuwendung im Einzelfall unmittelbar dem Rechnungshof Österreich zu melden", heißt es dazu. "Es darf keine Möglichkeiten geben, Zuwendungen an Parteien zu verschleiern." Außerdem müsse auch der Verein veröffentlichen, woher er die Mittel habe.

Drittens sei zu den Wahlkampfkosten und dessen Finanzierung ein eigener Bericht notwendig, und zwar spätestens drei Monate nach dem Wahltag. Außerdem brauche es als vierten Punkt "wirksame Sanktionen" bei Fehlverhalten, und zwar durch den RH. Das Parlament wiederum solle - fünftens - das Gesetz vollziehen und nähere Richtlinien für die zweckmäßige Verwendung der Mittel der Parteienförderung erarbeiten.

Hubert Sickinger, Politikwissenschafter und Parteifinanzierungsexperte, begrüßt die Vorschläge des Rechnungshofes: "Damit liegen relativ klare Vorschläge auf dem Tisch." Damit wären auch Straches angedeutete Spendenkonstruktionen besser erfasst als heute. Er fordert im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" darüber hinaus, dass die Missachtung des Gesetzes ein strafrechtliches Delikt wird und nicht nur eine Verwaltungsstrafe nach sich zieht.

Vereine sindbisher nicht erfasst

Außerdem sagt er, dass die voraussichtlichen Einnahmen wie Spenden inklusive Sachleistungen und Zahlungen Dritter - wie von Vereinen - sowie die Ausgaben bereits vor der Wahl als Information für die Wähler veröffentlicht werden sollten. Letzteres ist in anderen Ländern üblich. "Außerdem sollte es eine spezielle Sanktion geben, wenn die Partei hier lügt", sagt Sickinger. Er plädiert zudem für eine unverzügliche verpflichtende Meldung von Großspenden ab 10.000 und nicht erst bei 51.000 Euro und, dass Ausgaben der Parlamentsklubs im Zuge eines Wahlkampfes in die Rechenschaftsberichte ebenfalls mit einfließen.

All das würde mehr Transparenz bringen. Denn, dass ÖVP und FPÖ ihre Wahlkampfkosten 2017 mit 13 Millionen respektive 10,7 Millionen Euro deutlich, aber auch die SPÖ mit 7,4 Millionen Euro überschritten haben, wurde erst im Oktober 2018 bekannt.

Warum macht das Erfassen von Vereinen im Parteiengesetz Sinn? Vereinen steht es - genauso wie natürlichen Personen oder auch Unternehmen - offen, politische Parteien zu unterstützen, wenn die Aufgabe oder der satzungsmäßige Zweck des Vereins dies zulässt, sagt Christian Nordberg, Partner bei Hule Bachmayr-Heyda Nordberg, der unter anderem Experte für Gesellschaftsrecht ist.

Vereine seien außerdem sehr einfach zu gründen: Eine Satzung und die Meldung an die Vereinsbehörde genügen. Wenn diese die Gründung des Vereins nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen untersagt, besteht laut Nordberg der Verein. Die Mitglieder sind nicht offenzulegen. Im Vereinsregister scheint - anders als etwa bei Gesellschaften - nur der Obmann oder Präsident auf. Wenn ein Verein keine wirtschaftlichen Aktivitäten ausübt, dann muss ein Verein auch keinen Jahresabschluss erstellen. Die Tätigkeit des Vereins unterliegt keinen weiteren Offenlegungspflichten.

Das Parteiengesetz sehe zwar Kontrollen und auch Sanktionen vor, falls Zuwendungen Dritter nicht genannt werden, sagt Nordberg. Leicht zu entdecken sind solche Verfehlungen aber nicht, weil nur die politische Partei selbst oder eine nahestehende Organisation überprüft werden könne.

Der Fundraising Verband Austria, der Dachverband spendenwerbender Organisationen, stellt darüber hinaus fest, dass solche zivilgesellschaftlichen Strukturen nicht für diesen Zweck geschaffen wurden: "Vereine, die Parteien finanzieren, sind nicht gemeinnützig", sagt Geschäftsführer Günther Lutschinger. Seine Lösung: "Gemeinnützigkeit sollte künftig wie in Deutschland oder der Schweiz per Bescheid durch ein Finanzamt zuerkannt werden. Dadurch kann Missbrauch vorgebeugt werden."

Was davon wird umgesetzt - und zwar noch vor der Wahl im Herbst? Denn: "Das ist das Mindeste, was die Österreicher sich erwarten", sagt RH-Präsidentin Kraker. Die "Wiener Zeitung" hat bei allen Klubobleuten nach ihrem Reformbedürfnis beim Parteiengesetz gefragt. Nicht alle wollten offenbar konkreter werden. Ein Teil hielt sich bis zu Redaktionsschluss mit den Antworten zurück oder verwies auf bereits öffentliche Statements.

Parteien sind grundsätzlich dafür, im Detail aber skeptisch

Der designierte FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer etwa preschte zwar per Aussendung nach vorne, fordert anstelle der Meldungspflicht von Spenden von mehr als 3500 Euro, wie es der RH vorgeschlagen hatte, gleich ein Verbot ab diesem Betrag. Außerdem sollten Vereinsspenden in die Wahlkampfkosten-Obergrenze von heuer 7,14 Millionen Euro miteinbezogen werden. Zu Krakers Vorschlägen äußerte sich Klubobmann Walter Rosenkranz im Ö1-"Mittagsjournal" allerdings skeptisch, der RH dürfe, weil Kontrollbehörde, keine Sanktionen verhängen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda plädiert für eine Spendenobergrenze von 10.000 Euro pro Einzelspende bzw. 200.000 Euro pro Wahlkampf, will aber alle Vorschläge an einem Runden Tisch diskutieren. Die SPÖ habe bereits einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der die Strafen bei Wahlkampfkosten-Überschreitung drastisch erhöhe, heißt es.

Die Neos und Jetzt hatten bereits vor Krakers Vorschlägen gefordert, in Sachen Parteienfinanzierung noch vor den Wahlen Änderungen anzustreben. Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger etwa möchte "Meter machen bei schärferen Sanktionen und Transparenz". Volle Zustimmung zu Krakers Vorschlägen und auch strafrechtlichen Sanktionen gibt es deshalb auch von der Vorsitzenden des RH-Ausschusses, Irmgard Griss. Der geschäftsführende Klubobmann von Jetzt, Wolfgang Zinggl, hofft, dass Änderungen des Parteiengesetzes nun leichter umsetzbar sind. Jetzt werde einen entsprechenden Initiativantrag am Montag einbringen und die anderen Fraktionen um Unterstützung ersuchen, sagt er zur "Wiener Zeitung". "Die Zuwendungen werden wir laufend im Wahlkampf, sobald sie eingelangt sind, veröffentlichen", so Zinggl. Auch Grünen-Chef Werner Kogler forderte eine Änderung des Parteiengesetzes.