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Die Justiz, ihr General und dessen Emotionalität

Politik

Causa Eurofighter: Der Schlagabtausch zwischen Ex-Justiz-Generalsekretär Christian Pilnacek und der Leiterin der WKStA, Ilse Vrabl-Sanda, geht weiter.


WIen. Seine "Emotionalität" sei es gewesen, sagt Christian Pilnacek – wieder einmal. "Wer mich kennt, weiß, dass ich ein emotionaler Mensch bin", hatte er schon im U-Ausschuss zur Verfassungsschutz-Affäre gesagt. Damals ging es um eine interne Dienstbesprechung mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Der mächtige Generalsekretär im Justizministerium hatte darin die das umstrittene Vorgehen der WKStA bei der Razzia im BVT im Februar 2018 als "Skandal" bezeichnet – vor allem, weil er nicht über den heiklen Fall informiert worden war.

Am Freitag war Pilnacek als einer der letzten Auskunftspersonen im U-Ausschuss zur Causa Eurofighter geladen. Zur Erinnerung: Die eigene Behörde, also die WKStA, wirft Pilnacek vor, ihr mit den Worten "daschlogts es" und "ich drück‘ ein Auge zu" nahegelegt zu haben, die Ermittlungen zur Eurofighter-Causa einzustellen. Es kam zur Anzeige gegen Pilnacek, die Linzer Staatsanwaltschaft aber stellte die Ermittlungen umgehend wieder ein. "Kein Anfangsverdacht", so die Begründung dort.

Pilnaceks Argumentation zur umstrittenen Dienstbesprechung: Im Gegensatz zur acht Jahre lang ermittelnden Wiener Staatsanwaltschaft habe die WKStA "keinen Plan" gehabt, welche weiteren Ermittlungsschritte noch gesetzt werden müssten. Nach einem so langen, ergebnislosem Ermittlungsprozess sei über eine Beendigung der Ermittlungen nachzudenken. Die Leiterin der WKStA, Ilse Vrabl-Sanda, hatte am Donnerstag ihre Sicht auf die Dinge bekräftigt. Sie sei "noch nie in so eine Zwangslage" versetzt worden, "dass ich von meinem Vorgesetzten eine Vorgabe erhalten habe, die so nicht dem Gesetz entspricht", sagte Vrabl-Sanda in der ORF-"ZiB2".

WKStA war unzufrieden

Strittig sind nach wie vor die Vorgänge um das Zustandekommen jenes Protokolls der Sitzung, in der Pilnaceks Aussagen gefallen sein sollen. Dieses liegt auch der Anzeige gegen Pilnacek zugrunde. Am Mittwoch hatte die "ZiB2" berichtet, dass das belastende Tonband-Protokoll durch eine andere, weitaus knappere Niederschrift ersetzt hätte werden sollen – was die WKStA verweigerte.

Die "Presse" will nun wissen, dass das Protokoll nicht ersetzt, sondern nur um eine knappe Niederschrift "ergänzt" hätte werden sollen, die "den Sachverhalt zusammenfasst". Das Protokoll heraus zu reklamieren, sei nicht möglich gewesen – schließlich fuße ja auch die Anzeige gegen Pilnacek auf der Niederschrift. Zudem habe die Oberstaatsanwaltschaft Wien – sie ist direkt Generalsekretär Pilnacek unterstellt – eine weitere, umfangreichere Niederschrift des Tonband-Protokolls an.

Als "selektiv" könne man deshalb, schreibt die "Presse", das Protokoll Vrabl-Sandas bezeichnen. Auch andere teilnehmende Staatsanwälte hätten sich geweigert, das Protokoll zu unterschreiben. Am Freitag sagte Pilnacek aus, die WKStA habe "eine negative Haltung" gegenüber der lange ermittelnden Wiener Staatsanwaltschaft gehabt. Er aber habe den damals fallführenden Ermittler Michael Radasztics "im äußersten Umfang geschätzt", die WKStA-Sicht habe ihn daher "geärgert". Diese habe "die bisherigen Ermittlungen völlig umwerfen" wollen.

Vrabl-Sanda sagte am Donnerstag vor dem Eurofighter-U-Ausschuss, ein "sehr prominenter Lobbyist" sei erst Jahre später überhaupt erst als Beschuldigter geführt worden. Im Falle von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser seien wohl Berichtspflichten verletzt worden. Eine "Konkretisierung der Tathandlungen" fehle generell. Pilnacek wiederum verwies nach seiner Aussage am Freitag auf den Fakt, dass die Ermittlungen gegen ihn bereits eingestellt worden seien. Es bleiben zahlreiche Fragen: Wann und wieso begann der Konflikt zwischen Pilnacek und der WKStA? Wieso wurde dem Wiener Staatsanwalt das Eurofighter-Verfahren nach acht Jahren entzogen und der WKStA übertragen, nur um kurz drauf von höchster Stelle quasi dessen Einstellung zu fordern?

Als letzter Zeuge des Eurofighter-U-Ausschusses hat am Freitagnachmittag Ex-Justizminister Josef Moser (ÖVP) ausgesagt. Auch seine Befragung drehte sich um die aktuellen Verwerfungen innerhalb der Justiz. "Es wurde objektiv geprüft", versicherte Moser in Bezug darauf, dass die Ermittlungen gegen seinen ehemaligen Generalsekretär Christian Pilnacek eingestellt wurden. Es sei nun geklärt, dass die Vorwürfe der WKStA "in keinster Weise Anlass zu Ermittlungen geben". Pilnacek hätte keine Möglichkeit einer Einflussnahme auf diese Entscheidung gehabt, da er nicht eingebunden und nicht damit befasst gewesen sei, betonte Moser.

SPÖ überlegt eigenen U-Ausschuss

Die SPÖ überlegt, den justizinternen Konflikt zum Gegenstand eines eigenen parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu machen. SP-Justizsprecher Hannes Jarolim sprach am Freitag in einer Pressekonferenz von einem "der größten Justizskandale der Zweiten Republik". Er ortete eine Umgehung des Weisungsrechts, und nun würden jene, die darauf aufmerksam gemacht hatten, auch noch gerichtlich verfolgt. Die Botschaft an die Staatsanwaltschaften sei klar, es werde Schweigen verlangt. "Ich habe so etwas noch nie erlebt", sagte er.

Er forderte eine neutrale Stelle, an die sich Staatsanwälte, die ähnliches erlebt haben, wenden können sollen. Auch die Forderung nach einem Bundesstaatsanwalt anstelle des Justizministers an der Weisungsspitze erneuerte er. Dieser solle mit parlamentarischer Zweidrittelmehrheit ohne Verlängerungsmöglichkeit gewählt werden, um dessen Unabhängigkeit zu garantieren.

Auch Rudolf Plessl, SPÖ-Delegationsleiter im Eurofighter-U-Ausschuss, verlangte volle Aufklärung und zeigte sich gegenüber einem neuen Ausschuss nicht abgeneigt. (rei)