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Rechnungshof unter Beschuss

Von Werner Reisinger

Politik

Parteienfinanzierung: Ex-RH-Präsident Franz Fiedler verteidigt dessen Prüfer. RH-Präsidentin Margit Kraker fordert mehr Prüfkompetenzen.


Wien. "Wir dürfen nicht vergessen, dass der Rechnungshof ein politisches Organ ist. Jetzt ist er in schwarzer Hand. Er ist ein Hilfsorgan des Parlaments, und ich weiß nicht, ob das immer die Unabhängigkeit der Kontrolle befördert oder ob da auch andere Interessen im Spiel sind." So lautet die aktuelle Argumentation des geschäftsführenden FPÖ-Klubobmanns Herbert Kickl. Wenig verwunderlich: Die FPÖ sieht - wie auch die SPÖ, mit der die Freiheitlichen die nun umstrittene, neue Regelung der Parteienfinanzierung ausgehandelt hatte - keine Notwendigkeit einer echten Prüfkompetenz der Parteifinanzen für den Rechnungshof. Das am Mittwochnachmittag im Parlament beschlossene Gesetz trägt ganz offensichtlich den Bedürfnissen von SPÖ und FPÖ Rechnung. Parteispenden, von denen vor allem ÖVP und Neos leben, werden bei 7500 Euro pro Person oder Konzern mit Subfirmen bzw. bei 750.000 Euro Spendeneinnahmen pro Partei begrenzt.

Nahestehende, de jure aber eigenständige Organisationen und Vorfeldorganisationen, wie beispielsweise Gewerkschaften, trifft das Gesetz nicht - die ÖVP-Bünde als Teil der Partei allerdings schon. Ein maßgeschneidertes Gesetz, so lautet daher der Vorwurf. Und vor allem: Der Rechnungshof (RH) erhält weiter keine Prüfkompetenzen. Das wiederum nutzt ÖVP-Chef Sebastian Kurz aus, dessen Partei im Wahlkampf 2017 auf fast die Hälfte der Spenden verzichten hätte müssen, hätte damals schon die nun beschlossene Regelung gegolten. Kurz fordert, dem RH müsse eine echte Kontrolle ermöglicht werden. Eine solche fordert die RH-Präsidentin, Margit Kraker, auch auf der medialen Bühne ein. RH-Sprecher Christian Neuwirth nannte das neue Gesetz in sozialen Medien einen "Anfang für mehr Transparenz, nicht weniger. Aber nicht mehr". Für den RH würde zählen, Umgehungsmöglichkeiten zu verhindern, das wiederum ginge nicht ohne den RH.

Das wiederum missfällt dem geschäftsführenden SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried. Er ortet eine Einmischung des RH in die "Genese von Gesetzen" im Nationalrat.

ÖVP war 2012 selbst gegen RH-Prüfungen

Das "überraschende Misstrauen aus dem Parlament" kann Franz Fiedler nicht nachvollziehen. Der ehemalige RH-Präsident weist gegenüber der "Wiener Zeitung" auch das von SPÖ-Chef Pamela Rendi-Wagner im ORF-"Report" am Dienstag vorgebrachte Argument zurück, unabhängige Wirtschaftsprüfer hätte gegenüber den RH-Prüfern den Vorteil, "keine weisungsgebundenen Beamten" zu sein. "Die Präsidentin des Rechnungshofs ist niemandem weisungspflichtig, daher sind es auch die Prüfer nicht". Gegen unabhängige Wirtschaftsprüfer, das betont Fiedler, sei auch nichts einzuwenden. "Diese aber haben einen völlig anderen Zugang beim Prüfen, als ihn der RH hat. Man braucht nur die RH-Berichte mit jenen von Wirtschaftsprüfern zu vergleichen." Kritik am RH, dass er das eine oder andere überbewerte, habe es immer gegeben und "muss ein Präsident auch aushalten", sagt Fiedler. "Dass man aber den RH als nicht unabhängig hinstellen will, überrascht mich außerordentlich. Es muss klar sein, dass der RH als unabhängige Instanz geschaffen wurde, und eben von niemandem abhängig ist." Man würde so tun, "als ob der RH keine eigene Funktionalität hat" - zu Unrecht. "Dass Beamte dem Präsidenten gegenüber weisungsgebunden sind, liege in der Natur der öffentlichen Verwaltung. "Wesentlich ist aber, dass die Präsidentin weisungsunabhängig agiert", sagt der Jurist.

Verwundert zeigt sich der ehemaliger RH-Präsident aber auch ob der plötzliche Unterstützung der RH-Positionen durch die ÖVP. Diese habe noch 2012, als die bisher gültige Regelung beschlossen wurde, darauf bestanden, dass der RH nicht beigezogen wird. Die nun beschlossene Regelung aber vergleicht Fiedler mit einem "Tatort, wo die Polizei nur Privatdetektive hinschicken kann".

"SPÖ und FPÖ fühlen sich von der RH-Präsidentin angegriffen", analysiert der Parteienfinanzierungsexperte Hubert Sickinger. Kraker würde zusehends als "lästige Kritikerin" angesehen. "Und so reagieren sie verschnupft".