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Aus für Ölheizungen im Ländle

Von Petra Hochstrasser

Politik
Das Ländle will das Radwegenetz weiter ausbauen und Fahrradautobahnen schaffen.
© getty/Dennis Stratmann

Nachdem Vorarlberg den Klimanotstand ausgerufen hat, sollen konkrete Maßnahmen Verbesserungen bringen.


Bregenz/Wien. Traiskirchen, der Wiener Bezirk Alsergrund, Innsbruck, Kufstein und Vorarlberg: Sie haben seit Kurzem etwas gemeinsam: Sie alle haben in den vergangenen Wochen den Klimanotstand ausgerufen. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Leere Worte seien es, es müssten Taten folgen. Auch für den Klimaökonomen Gernot Wagner ist der bloße Ausruf des Klimanotstands keine Lösung: "Es ist nur ein politisches Signal. Allein bringt das nichts. Es geht darum, Ziele, Impulse und konkrete Maßnahmen zu setzen." Der Landtag in Vorarlberg knüpfte gleich eine Liste mit konkreten Maßnahmen an den Ausruf des Klimanotstands.

Einstimmig für Maßnahmen

Zur Erinnerung: Am 4. Juli hat das 2601 Quadratkilometer große Vorarlberg als erstes österreichisches Bundesland den Klimanotstand erklärt. SPÖ und Neos stimmten mit den Koalitionspartnern ÖVP und Grünen im Landtag dafür, die FPÖ war dagegen. Sehr wohl bekannten sich die Vorarlberger Freiheitlichen aber zu den damit verbundenen Maßnahmen, weshalb die Parteien diese schließlich einstimmig im Landtag beschlossen.

"Wir haben uns bereits vor etwa zehn Jahren für die Energieautonomie entschieden", sagt Nina Tomaselli, Mitglied im Grünen Bundesvorstand und Vorarlberger Landtagsabgeordnete. "Durch Unwetter und Hitze in den letzten Jahren wurde uns aber klar, dass wir es sportlicher angehen müssen." Denn allein heuer würden das die starken Lawinen im Jänner, die Trockenheit im April, der Frost im Mai und die jetzigen Hitzewellen zeigen.

Öl-Haushalte halbieren

Die beschlossenen Maßnahmen setzen sich deshalb aus bereits vorhandenen Programmen, die verbessert werden sollen, und aus neu definierten Zielen zusammen. Prinzipiell lassen sie sich in drei Bereiche gliedern: Gebäude, Verkehr und Strom.

Neu ist etwa die Sicherstellung einer hohen Sanierungsrate. Drei Prozent hat sich Vorarlberg als Ziel gesetzt. "Die Rate ist zwar nicht hoch genug, aber besser als nur einen Notstand auszurufen", sagt Klimaökonom Wagner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Um die Rate zu erreichen, fördert das Land Konzepte zur Sanierung von Wohngebäuden. Diese müssen sich an den Pariser Klimazielen und an der Energieautonomie orientieren.

Bis 2030 will Vorarlberg zusätzlich die Zahl der Privathaushalte, die mit Öl heizen, halbieren. Helfen soll dabei der sogenannte "Öl-Stop!": Ab 2021 sind dann Ölheizungen in Neubauten verboten. Stattdessen sollen diese als Niedrigstenergiegebäude mit Heizsystemen basierend auf erneuerbaren Energieträgen oder Abwärme errichtet werden. Jene, die ihre Ölheizungen durch eine andere ersetzen, erhalten zudem eine Landesförderung. Auch Gas muss laut Tomaselli zurückgedrängt werden und ist nur mehr in Kombination mit einer guten Gebäudehülle erlaubt.

E-Mobilitätskonzept

Im Bereich Verkehr will Vorarlberg vor allem den öffentlichen Transport und Fahrradwege ausbauen. "Vorarlberg gilt zwar bereits jetzt als Fahrradland, wir möchten das dennoch erweitern und Fahrradautobahnen schaffen, auf denen innerhalb einer halben Stunde viele Kilometer zurückgelegt werden können", sagt Tomaselli. Auch werde Vorarlberg ein Konzept für den Güterverkehr entwerfen und die Elektro-Mobilität weiter vorantreiben. Eine CO2-Reduktion von 36 Prozent will Vorarlberg mit dem neuen Mobilitätskonzept bis 2030 erreichen. Bis dahin soll das Ländle mit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. 5000 Photovoltaik-Dächer sollen aus diesem Grund erweitert werden. Zudem baut Vorarlberg die Wasserkraft aus. Ein Fokus liegt dabei auf den Kraftwerken in Bregenzerach, Meng und Kapf.

Abgerundet wird das Maßnahmen-Paket durch Initiativen, welche die knapp 400.000 Einwohner über die Wichtigkeit des Klimaschutzes informieren. Unter anderem sollen die sogenannten "e5-Gemeinden" anspornen. Dabei handelt es sich um ein Programm, dem die Gemeinden und Bürger beitreten können. Setzen diese klimafreundliche Projekte um, sammeln sie Punkte. "Das wird dann auch in einem Raster protokolliert und zertifiziert.

Ergänzende Einzelprojekte

Die Gemeinden wissen so immer, wo sie sich verbessern können", sagt Tomaselli. Mittlerweile sei bereits der Großteil der 96 Vorarlberger Gemeinden, darunter fünf Städte, beigetreten. Auch vor der Verwaltung macht Vorarlberg nicht Halt: Das sogenannte Programm "MissionZeroV" achtet auf eine CO2-neutrale Landesverwaltung bis 2040. Darunter fällt etwa die Anschaffung von Elektro-Autos für Bedienstete.

Insgesamt sollen die Maßnahmen 40 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030 gegenüber 2005 erzielen und so den Klimaschutz voranbringen. Der Anteil an erneuerbaren Energieträgern für Strom und Wärme soll 2030 dann 50 Prozent des Gesamtenergiebedarfs ausmachen. "Eine der wichtigsten Erneuerungen ist aber, dass künftig alle Gesetze, Verordnungen und Förderungen kontrolliert werden, ob sich diese gut oder schlecht auf das Klima auswirken", sagt Tomaselli.

Kontrolliert wird die Einhaltung unter anderem vom Energieinstitut Vorarlberg.

Maßnahmen anpassen

Für Klimaökonom Wagner ein guter Ansatz. "Ich finde dieses Paket fantastisch. Je mehr Maßnahmen dahinterstehen, umso besser. Vor allem wurde darauf geachtet etwas festzulegen, das auch wirklich umgesetzt werden kann, etwa bei den Gebäuden und im Verkehr", sagt Wagner. Ein Wermutstropfen ist dennoch dabei: "Wir hätten das schon vor 20 Jahren machen sollen. Es ist traurig, dass es Aufrufe zum Klimanotstand bedarf, bevor wir etwas umsetzen." Denn immerhin wäre durch das Pariser Klimaschutz-Abkommen ja die Grundlage schon seit 2015 gegeben gewesen.

Dennoch sei Vorarlberg nun ein sehr vernünftiges Vorbild. Auf andere Länder oder Städte können die Maßnahmen laut Wagner dennoch nicht so einfach umgelegt werden. "Es muss immer auf das jeweilige Land konkret angepasst werden. Wien hat zum Beispiel ein ganz anderes Verkehrsaufkommen und eine andere Verkehrspolitik als Vorarlberg."