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Sozialleistungsbetrug öfter aufgedeckt

Von Karl Ettinger

Politik
© Stanislav Jenis

Das Bundeskriminalamt verzeichnete im Vorjahr einen Anstieg auf 782 Straftaten.


Wien. Es geht um den vorsätzlichen Missbrauch und Betrügereien bei der Mindestsicherung oder den ungerechtfertigten Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Die Zahl der Straftaten durch den Betrug bei Sozialleistungen hat in den vergangenen Jahren in Österreich zugenommen: von 472 Straftaten im Jahr 2016 auf 714 im Jahr 2017 und schließlich auf 782 im Vorjahr. Jedenfalls sind mehr Fälle aufgeflogen. Diese Entwicklung geht aus einer bundesweiten Statistik des Bundeskriminalamtes hervor, die der "Wiener Zeitung" vorliegt.

Diese Tendenz könne auch auf das heurige Jahr umgelegt werden, heißt es im Bundeskriminalamt. Sozialleistungsbetrug geht über Sperren oder Kürzungen etwa beim Arbeitslosengeld, weil jemand Auflagen wie die Arbeitsannahme nicht erfüllt hat, hinaus. Es betrifft Täter, die sich durch Vortäuschung falscher Tatsachen - oft unter Verwendung gefälschter Dokumente, wie von Expertenseiten erläutert wird - zum Nachteil des Sozialstaates bereichern. Solche Vergehen fallen unter die Betrugsdelikte im Strafgesetzbuch.

Sondergruppe wurde heuer im Jänner eingerichtet

Die Schadenssumme lag dabei im Jahr 2018 bei insgesamt 21,7 Millionen Euro. Bei den Tatverdächtigen waren im vergangnen Jahr Ausländer mit 489 gegenüber 438 Österreichern in der Mehrheit. Überwiegend ging es dabei zuletzt beim Sozialleistungsbetrug um die Mindestsicherung, die Grundversorgung von Asylwerbern, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe. Das reichte bis hin zum Betrug beim Mietzinszuschuss oder der Familienbeihilfe.

Auch wenn das Bundeskriminalamt eine steigende Tendenz bei aufgedeckten Sozialeistungsbetrügereien registriert, insgesamt handelt es sich nach wie vor um Ausnahmefälle. Zum Vergleich die Relationen: Allein die Mindestsicherung wurde 2017 von rund 300.000 Personen bezogen. Die Gesamtkosten lagen bei knapp einer Milliarde Euro.

Beim Bundeskriminalamt ist seit dem Jänner dieses Jahres eine Task Force für Sozialleistungsbetrug noch unter dem damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) eingerichtet worden. Damit soll eine zentrale Koordinierung der von den einzelnen Polizeilandesdirektionen in den Bundesländern geschaffenen Ermittlerteams gewährleistet werden.

Jetzt wird die Task Force Thema im Nationalratswahlkampf, gerade zwischen Türkis und Blau. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch zeigte sich über den bisherigen Koalitionspartner ÖVP einigermaßen verwundert, weil die ÖVP das Vorhaben einer Task Force zuletzt als eines von hundert Projekten im Wahlkampf aufgezählt hat. Die ÖVP habe "die letzten Monate geschlafen", meinte die FPÖ-Politikerin.

Eines von hundert Projekten, die die ÖVP weiterverfolgt

ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hatte die Task Force am Wochenende im Zusammenhang mit den Sozialleistungen für Zuwanderer aus dem Ausland angeführt. Diese soll sich um Missbrauch und falsche Strukturen kümmern. Die türkis-blaue Regierung unter dem nunmehrigen Ex-Kanzler Kurz hat in ihrer rund eineinhalbjährigen Amtsperiode die Eindämmung der Zuwanderung ins österreichische Sozialsystem bereits als eines ihrer Ziele angeführt.

Faktum ist, dass im Bundeskriminalamt, konkret im Kompetenzzentrum für Wirtschaftskriminalität, bereits die "Task Force Sozialleistungsbetrug" geschaffen wurde. Deren Ziel ist vor allem auch "die proaktive Bekämpfung der unrechtmäßigen Erschleichung von sozialen Leistungen" im heimischen Sozialsystem. Begründet wurde dies bei der Einführung vor allem auch damit, dass es beim Kampf gegen den Betrug bei Sozialleistungen zuvor nur Einzelmaßnahmen in den Bundesländern sowie von unterschiedlichen Behörden gegeben habe, daher sei der Bereich "nicht vollständig erfasst" worden. Die Daten sollen daher künftig zu einer "nachhaltigen Bekämpfung" dieses Kriminalitätsfeldes führen. Eine Evaluierung der Tätigkeit der Task Force ist für das erste Halbjahr 2020 vorgesehen.

Schadenssumme hat sich fast vervierfacht

Die Statistik des Bundeskriminalamtes weist nicht nur einen Anstieg der Straftaten aus. Die Schadenssumme beim aufgedeckten Sozialleistungsbetrug hat sich demnach von 2016 bis 2018 von 5,8 auf 21,7 Millionen Euro fast vervierfacht.

Die Anzahl der Tatverdächtigen ist ebenfalls gestiegen. 2016 waren es insgesamt 596, davon waren 306 Ausländer. 2017 waren es 810 Tatverdächtigte, davon laut Bundeskriminalamt 404 Ausländer. Von den 927 Tatverdächtigen im Vorjahr waren 489 Ausländer.

Worum geht es beispielsweise konkret? Salzburgs Landespolizeidirektion berichtete etwa schon im Juni, dass die Sondergruppe im Bundesland auch bei Saisonniers, die im Tourismus tätig waren, ermittelt hat. Es ging dabei um den illegalen Bezug von Arbeitslosengeld. Ausländische Mitarbeiter im Gastgewerbe wurden demnach mit Ende der Saison abgemeldet, sie blieben jedoch, so ergaben die Nachforschungen der Salzburger Ermittler, weiter polizeilich mit ihrem Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Damit hatten sie Anspruch auf Arbeitslosengeld. Tatsächlich hielten sich die Betroffenen laut Landespolizeidirektion aber nicht in Österreich, sondern meist in ihren Heimatländern auf.