So zahlreich die Anträge sind, so komplex sei das Verfahren, heißt es dazu vom VfGH im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Es besteht die Absicht, diese Anträge zu verbinden, weil die vorgetragenen Bedenken und angefochtenen Bestimmungen weitgehend übereinstimmen."

Der grundsätzliche Reibungspunkt bei diesen sei, dass dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Selbstverwaltung das Effizienzprinzip gegenüberstehe. Durch die Vereinigung der Gebiets- und Betriebskrankenkassen zur ÖGK verlieren diese Krankenkassen, die derzeit alle Selbstverwaltungskörper sind - also das Recht auf autonome Aufgabenbesorgung haben -, ihre rechtliche Existenz. Das erklärte Ziel der Reform ist demgegenüber die Erhöhung der Effizienz: durch mehr Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, um Mittel freizusetzen, die auch den Versicherten zugutekommen sollen.

"Ähnliche Fragen stellten sich bereits vor fünf Jahren am VfGH. Damals ging es um Gemeindefusionen in der Steiermark, es wurde ganz ähnlich argumentiert", so der VfGH dazu. "Rund 50 Gemeinden hatten den VfGH angerufen - ohne Erfolg. Der Grundsatz der Selbstverwaltung war nicht verletzt." Der Landesgesetzgeber habe sachliche Gründe - wie die Effizienzsteigerung - vorbringen können und den VfGH überzeugt.

Die aktuellen Anträge richten sich aber nicht nur gegen die Vereinigung zur ÖGK. Auch die Zusammenführung der Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge beim Finanzministerium sowie die Neugestaltung der Verwaltungskörper der Sozialversicherungsträger werden kritisiert. Zur Neuregelung der staatlichen Aufsicht über die Sozialversicherungsträger gingen ebenfalls Anträge auf Gesetzesprüfung ein.

Kritik an Prüfung
durch Finanzämter

Aber alles der Reihe nach. Derzeit ist es so, dass die Krankenkassen selbst überprüfen, ob die Sozialversicherungsbeiträge von den Dienstgebern korrekt bezahlt werden. Künftig soll diese Tätigkeit mit der Abgabenprüfung durch die Finanzämter zusammengelegt werden. Es soll also einen einheitlichen - effizienteren - Prüfdienst geben, der sowohl für die Abgabenprüfung (vor allem Lohnsteuerprüfung) als auch für die Sozialversicherungsbeitragsprüfung zuständig ist. "Das Argument ist, dass diese beiden Beiträge ähnlich berechnet werden. Daher ergeben sich gewisse Synergieeffekte", so der VfGH. Das Argument dagegen sei: die Selbstverwaltung. Die GKK wollen weiterhin die Möglichkeit haben, die Rechtmäßigkeit ihrer Einnahmen zu überprüfen. Für die Bediensteten, die von dieser Zusammenlegung betroffen sind, macht sich laut VfGH unter anderem der Betriebsrat der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse als Antragsteller stark.

Ein weiteres Bedenken sei die Neugestaltung der Verwaltungskörper. In den neuen Sozialversicherungsträgern (wie ÖGK, SVS und PVA) sollen die Organe paritätisch aus Dienstnehmern und -gebern zusammengesetzt werden. Bisher hatten in allen Organen die Dienstnehmer die Mehrheit - außer in der Kontrollversammlung, die aber abgeschafft wird. Das verstoße gegen den Grundsatz der Selbstverwaltung, wird auch hier argumentiert.