"Die Chaos-Tage der SPÖ gehen weiter", sagt Politikberater Thomas Hofer. "Man merkt die Verzweiflung." Es seien auch schon anderen Politikern Sätze davongelaufen. Aber nach der Wahl zu meinen, die Richtung stimme, dann erst knapp eine Woche später die Erklärung zu liefern, "das ist in der politischen Kommunikation ein No-Go". Nach dem Gespräch im "Report" sei weiter nicht klar, wohin die SPÖ möchte. "Wenn ich ankündige, die SPÖ radikal neu denken zu wollen, und dann kommt heraus, dass eh schon alles vor Monaten beschlossen wurde und nur mit Leben erfüllt werden muss, dann ist das eine gewisse Text-Bild-Schere", sagt Hofer.
Die Krise habe aber nicht nur mit Rendi-Wagner zu tun, sondern auch mit ihrem Umfeld. Es seien nach dem Abgang von Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda keine Vertrauten mehr da und auch keine klare Nummer zwei, die ihr einmal den Weg freiräumen könnte, so Hofer. "Wenn man eine so unerfahrene Parteispitze hat, dann braucht man im engsten Team die Haudegen, die jeden Fallstrick in der Partei und in der Öffentlichkeit kennen." Die hätte Rendi-Wagner nicht oder nicht genug gehabt. Gleich nach Amtsantritt seien ihr obendrein sämtliche Parteigranden sogleich "in die Parade gefahren", sagt Hofer. "Das war ein gewaltiger Imageschaden und jenseitig."
Die grüne Mark
als nächster harter Schlag
Rendi-Wagner möchte nicht hinschmeißen. Allerdings gibt es auch kein Gedränge um den Parteivorsitz. Denn der nächste herbe Schlag kündigt sich bereits an. Angesichts vorgezogener Landtagswahlen in der Steiermark am 24. November, die ebenfalls kein erfreuliches Ergebnis bringen dürften, ist das auch nicht besonders verwunderlich. Nach der Steiermark-Wahl könnte die SPÖ im Bundesrat weiter politischen Einfluss verlieren. Konkret die Sperrminorität, also das Vetorecht bei Landesmaterien.
Die bisherige Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures wird zwar als mögliche Nachfolgerin Rendi-Wagners kolportiert. Derzeit deutet aber nichts darauf hin, dass das stimmt. Bures sagte bereits nach Kerns Rückzug ab. Ihr Sprecher dementiert auch jetzt jegliche Gerüchte, wonach Bures Ambitionen auf den Parteivorsitz hätte oder, sollte eine Koalition mit der ÖVP im Raum stehen, Vizekanzlerin werden wolle.
Bures soll aber im Hintergrund die Fäden ziehen und bei der Bestellung von Christian Deutsch vom gescheiterten Wahlkampfmanager zum Bundesgeschäftsführer eine wesentliche Rolle gespielt haben. Rendi-Wagner betont stets, dass Deutsch ihre Wahl als Parteichefin gewesen sei. Bures begleitete Rendi-Wagner aber auch nach der Nationalratswahl zum Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Laut ihrem Sprecher möchte Bures wieder zur Zweiten Nationalratspräsidentin gewählt werden.