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Konfrontation um Schulärzte

Von Karl Ettinger

Politik
Die geplante Verordnung für Schulärzte soll die Rechtsgrundlage auch für Impfungen sicherstellen.
© ttanothai

Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl hält an der Ausweitung der Kompetenzen der Ärzte an Schulen fest. Der Gemeindebund legt sich quer und wendet sich wegen der Kosten an Bundeskanzlerin Bierlein.


In Österreich sind rund 1500 Schulärzte im Einsatz. Wegen einer geplanten Ausweitung der Aufgaben für diese Mediziner durch Gesundheits- und Sozialministerin Brigitte Zarfl spitzt sich jetzt ein Konflikt mit dem Österreichischen Gemeindebund zu. Die Ministerin bereitet, wie der "Wiener Zeitung" in ihrem Ressort bestätigt wurde, nun eine Verordnung zur Erweiterung der Regeln für Schulärzte trotz scharfer Kritik von Gemeindeseite im Zuge der Begutachtung vor. Der Gemeindebund, der die Schulärzte abschaffen und statt dessen den Mutter-Kind-Pass erweitern möchte, zeigt sich verwundert und wehrt sich dagegen, dass den Kommunen Kosten aufgebürdet werden. Daher wurde der sogenannte Konsultationsmechanismus ausgelöst, wie der "Wiener Zeitung" erklärt wurde. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein müsste demnach zu Beratungen über den Streit um die Kosten einladen.

Mit der Verordnung der Gesundheitsministerin sollen auch ausdrücklich Befugnisse für Schulärzte festgeschrieben werden, die über bloße schulische Belange wie die jährliche Untersuchung der Schüler hinausgehen. Konkret sind darin auch Schutzimpfungen, deren Dokumentation sowie die Kontrolle des Impfstatus und die Impfberatung als Aufgabe der Schulärzte festgelegt. Damit werde, so argumentiert das Gesundheitsministerium, eine rechtliche Absicherung und damit Rechtssicherheit im Bereich des Impfens geschaffen. Darüber hinaus soll die Verordnung auch eine explizite rechtliche Grundlage für Projekte der Gesundheitsförderung und der Vorsorge sowie zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten geschaffen werden.

"Wunsch" nach Regelungdurch Übergangsregierung

Nach der Begutachtung der Verordnung bis Anfang September und der Nationalratswahl am 29. September will Ministerin Zarfl jetzt mit den Vorarbeiten zur Umsetzung ernst machen. Das Gesundheitsministerium wendet sich gegen die vom Gemeindebund geforderte Abschaffung der Schulärzte und hält grundsätzlich an der "etablierten Institution" der Schulärzte und an der geplanten Erweiterung der Aufgaben fest.

Zwar will man sich im Ministerium auf kein Datum für die Kundmachung der Verordnung festlegen. Man bereite diese nach der Begutachtung aber vor allem in enger Abstimmung mit dem Bildungsministerium vor. Es wäre der "Wunsch", dass die Verordnung noch während der Amtszeit der jetzigen Übergangsregierung umgesetzt wird. Damit würde mit der Verordnung nicht auf die künftige Bundesregierung gewartet werden.

Im Gemeindebund mit dem Niederösterreicher Alfred Riedl als Präsident an der Spitze ist man über den Anlauf, die umstrittene Verordnung nun festzulegen, verblüfft. Denn man sei davon ausgegangen, dass die Verordnung auf Eis gelegt sei. "Wir wundern uns generell, dass das Gesundheitsministerium mit dieser Verordnung ein System einzementieren will." Denn es sei noch nicht einmal der Evaluierungsbericht zum Schularztsystem fertiggestellt worden. Nach Abgabe der Stellungnahme im Zuge der Begutachtung habe es zwar auch informelle Gespräche mit Vertretern des Gesundheitsministeriums gegeben, man sei im Ministerium aber für die Vorschläge des Gemeindebundes nicht zugänglich gewesen.

Riedl und der Gemeindebund haben sich für die Abschaffung der Schulärzte in der derzeitigen Form ausgesprochen. Das System der Kinder- und Jugendgesundheit soll umfassend reformiert werden, verlangen die Kommunen. Dabei wird eine Erweiterung des Mutter-Kind-Passes, die auf Bundesebene in der abgelaufenen Legislaturperiode ebenfalls schon Thema war, vorgeschlagen. Das müsse unter Einbeziehung von Bund, Ländern und Gemeinden sowie von Medizinern, Lehrern und Eltern erfolgen. Mit dem Mutter-Kind-Pass würde nach Ansicht des Gemeindebundes auch eine höhere Beteiligung an Schutzimpfungen sichergestellt werden.

Kritik an drohendenAusgaben für Kommunen

Die Kommunen befürchten vor allem, dass ihnen bei den Pflichtschulen, wo sie als Schulerhalter auch für die Schulärzte zuständig sind, zusätzliche Kosten aufgebürdet werden. Das betrifft etwa die entsprechende Ausstattung der Schularztzimmer und das Bereitstellen von entsprechenden Computern, um auch die Einbindung in die Elektronische Gesundheitsakte, kurz Elga, zu ermöglichen. Der Gemeindebund rechnet jedenfalls mit "beträchtlichen Kostenfolgen" für die Kommunen. Durch die Inanspruchnahme der von den Gemeinden zur Verfügung gestellten Schulärzte für Aufgaben der Gesundheitsbehörden, für die Bund und Länder zuständig sind, gebe es einen "immensen bürokratischen und administrativen Aufwand" und damit hohe Folgekosten.

Der Gemeindebund beklagt, dass im Entwurf zur Verordnung über die finanziellen Auswirkungen für die Kommunen keinerlei Aussagen getroffen worden seien. Das sieht der Gemeindebund als Verstoß gegen die Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Daher müssten die drei Gebietskörperschaften im Rahmen des sogenannten Konsultationsmechanismus zu Verhandlungen einberufen werden, wenn die Verordnung verwirklicht werden soll.

Das sei bisher nicht geschehen. Bundeskanzlerin Bierlein müsse jedoch als Vorsitzende dieses Gremiums "unverzüglich" zu Beratungen einberufen, wird vom Gemeindebund verlangt.