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Was Schwarz-Grün in Vorarlberg den Bund beim Klimaschutz lehrt

Von Karl Ettinger

Politik

In Wien laufen noch die türkis-grünen Sondierungen, im Ländle treten ÖVP und Grüne in ihrem Koalitionspakt auch für unpopuläre Maßnahmen für Autofahrer ein.


"Die Bundesebene ist etwas anderes." Als Blaupause für ein etwaiges türkis-grünes Programm in Wien wollten Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Grünen-Chef Johannes Rauch das am Dienstag präsentierte neue schwarz-grüne Koalitionspapier im Ländle zwar nicht sehen. Lesen sollten es die Verhandler im Bund, die am frühen Abend zu einer weiteren Sondierungsrunde zusammentrafen, aber schon: "Es ist einiges enthalten, was Vorbildcharakter haben kann."

Das gilt vor allem beim Klimaschutz. Schwarz-Grün in Vorarlberg strebt bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgase um 40 Prozent an gegenüber 2005. Der Entwurf zum nationalen Klimaplan, der Anleitung für Regierungsverhandler im Bund und die künftige Regierung sein wird, sieht eine Reduktion der Treibhausgase um 36 Prozent vor. Hier ist Vorarlberg also noch ambitionierter. Die Koalition im Ländle hat auch einen "maßgeblichen Beitrag" des Verkehrs mit 36 Prozent weniger CO2-Emissionen festgeschrieben.

Vorbild ist Vorarlberg auch, weil etwa konkret fixiert wird, wie die Mobilität durch das Zusammenwirken der Verkehrssysteme und den Ausbau von Fußwegen, Radwegen und öffentlichen Verkehr neu gestaltet wird. Alle Vorarlberger können demnach Bus, Bahn, Fahrradverleih, und Carsharing mit nur einer Mobilitätskarte nutzen. Die Zahl der Bahnverbindungen wird erhöht, sämtliche Gemeinden sollen während der Woche mindestens einmal stündlich mit Bus erreichbar sein. Auf Bundesebene überlässt der nationale Klimaplan konkrete Maßnahmen der neuen Regierung. Heikle Entscheidungen reicht Vorarlberg auch mangels Kompetenz allerdings an den Bund und damit an eine mögliche türkis-grüne Koalition weiter. Aber Schwarz-Grün im Ländle legt sich fest und macht sich auch für unpopuläre Maßnahmen stark. Dazu zählen das Ende der "Subventionierung" von Diesel durch steuerliche Begünstigung und ein Ende der "Steuerprivilegien" im Flugverkehr bei Kerosin und Tickets. Gefordert wird die Abschaffung der Autobahnvignette, damit der Verkehr nicht auf niederrangige Straßen ausweicht.

Statt der Autobahnvignette höhere Mineralölsteuer

Kfz-Lenker will man statt dessen durch höhere Treibstoffpreise zur Kasse bitten: "Die Gegenfinanzierung soll über eine Anhebung der Mineralölsteuer erfolgen", heißt es in dem 95 Seiten umfassenden Papier. Das Kapitel "Klimaschutz und nachhaltiger Lebensraum" nimmt mit 30 Seiten unter den acht Kapiteln vom Umfang her einen besonderen Stellenwert ein.

Im Energiebereich schreiben ÖVP und Grünen in ihrem Pakt, dass Neubauten als Niedrigenergiegebäude zu errichten sind. Nach 2021 sollen Neubauten ohne fossile Brennstoffe auskommen. Bei bestehenden Gebäuden wird eine Sanierungsrate von drei Prozent angestrebt. Bei Asyl und Migration haben ÖVP und Grüne in Vorarlberg einen gemeinsamen Nenner gefunden: "Ein effektiver europäischer Außengrenzschutz und eine geordnete Zuwanderung auf Basis klarer rechtlicher Grundlagen ist für uns der Ausgangspunkt jeglicher Migrationspolitik. Jenen Menschen, die basierend auf den geltenden Flüchtlingskonventionen unserer Hilfe bedürfen, helfen wir. Formen der illegalen Migration und des Schlepperwesens müssen hingegen entschlossen bekämpft werden." Auf Bundesebene ist allerdings die Klärung zahlreicher Details notwendig.

Bemerkenswert ist ein schwarz-grüner Vorstoß beim Mindestlohn. "Wir gehen mit gutem Vorbild voran und werden im Landesdienst den Mindestlohn auf 1800 Euro brutto erhöhen. Wir setzen uns gemeinsam mit den Sozialpartnern für eine Erhöhung des Mindestlohns ein." Auf Bundesebene steht hingegen die Wirtschaft der ÖGB-Forderung nach 1700 Euro Mindestlohn ablehnend gegenüber.

Im Schulbereich schert die Vorarlberger ÖVP aus. Sie bekennt sich im Pakt im Gegensatz zur Bundes-ÖVP zum "Ziel einer gemeinsamen Schule" der 10- bis 14-Jährigen und hält daran fest.

Um zu unterstreichen, dass Wirtschaft und Umwelt kein Gegensatz sind, wird ein eigener "Klimadialog" geschaffen. Dieser soll eine Strategie für die Zukunft entwickeln, um später Konflikten um jedes einzelne Projekt vorzubeugen. Generell wird Schwarz-Grün im Ländle stärker künftig ressortübergreifend zusammenarbeiten, um Alleingänge zu vermeiden und etwaige Konflikte vorzeitig auszuräumen.