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Vorstoß für Bleiberecht für Asylwerber nach der Lehre

Von Karl Ettinger

Politik

Für Neos und Grüne geht Kompromiss nicht weit genug. FPÖ läuft gegen geplante Lösung Sturm. Kritik am Innenminister.


Wien. "Für uns ist es eine völlig unbefriedigende Minimalstufe", beklagt Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Die Parlamentsparteien - mit Ausnahme der FPÖ - haben sich bei einer Aussprache mit Innenminister Wolfgang Peschorn verständigt, dass mit einem gemeinsamen Gesetzesantrag Asylwerber mit negativem Bescheid bis zum Ende der Lehre nicht abgeschoben werden. Es geht dabei um 816 Betroffene.

Allerdings droht diesen damit nach dem Lehrabschluss weiter die Abschiebung. Für die Neos ist es wirtschaftlich nicht sinnvoll, dass ausgebildete Lehrlinge nicht in Österreich bleiben dürfen. Sie bekräftigten daher am Mittwoch die Forderung nach einem Bleiberecht: Nach drei Jahre Lehre sollen die Asylwerber vorerst zwei Jahre arbeiten dürfen und danach eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft erhalten können.

ÖVP lehnt generelle Öffnung für Asylwerber ab

Die Grünen sehen in dem Abschiebestopp zwar einen "wichtigen Schritt" für eine rasche "Lösung der Vernunft". Aber auch sie fordern die Möglichkeit, dass wie in Deutschland nach drei Lehrjahren betroffene Asylwerber zwei Jahre weiterarbeiten können.

Eine Mehrheit dafür hängt im Nationalrat an der ÖVP, Signale für eine Zustimmung gibt es vorerst nicht. Die ÖVP hat zwar im Wahlkampf einen Schwenk vollzogen und ist, anders als während der türkis-blauen Regierung, für eine "pragmatische Lösung" bei abgelehnten Asylwerbern eingetreten. Das sieht die ÖVP mit der geplanten Regelung erfüllt, eine generelle Öffnung der Lehre für Asylwerber wird weiter abgelehnt.

Der FPÖ geht hingegen die nun angestrebte Kompromisslösung der anderen Parteien zu weit. FPÖ-Obmann Norbert Hofer wertete dies als einen Schritt hin zu einer Daueraufenthaltserlaubnis für abgelehnte Asylwerber. Für ihn ist das angesichts der laufenden Sondierungsgespräche zwischen ÖVP und Grünen bereits ein Zeichen dafür, dass eine künftige türkis-grüne Regierung in der Asyl- und Migrationspolitik einen "klaren Linkskurs" einschlagen werde.

Unverständnis für Peschorn: "Wir haben Zeit verloren"

Die Neos nehmen allerdings wegen der Vorgehensweise auch Innenminister Wolfgang Peschorn ins Visier. Denn dieser sei mit einem Entschließungsantrag des Nationalrats bereits am 19. September aufgefordert worden, eine gesetzliche Grundlage auszuarbeiten, damit abgelehnte Asylwerber in einer Lehrausbildung nicht abgeschoben werden. Für Krisper ist "nicht verständlich", dass dies der Innenminister bis zum Treffen mit den Parlamentsparteien nicht gemacht habe: "Dadurch haben wir Zeit verloren."

Der Beschluss der Kompromissregelung ist per Initiativantrag der Parteien bis Dezember im Parlament vorgesehen. Krisper warnt, dass in der Zwischenzeit weitere von den 816 betroffenen Asylwerbern abgeschoben werden können. Ihre Partei wird daher jedenfalls bei der nächsten Plenarsitzung des Nationalrates kommende Woche einen Fristsetzungsantrag einbringen, um zumindest eine möglichst rasche Umsetzung der Kompromissregelung zu sichern.(ett)