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Causa Casinos rollt auf das Parlament zu

Politik

Die Neos wollen einen U-Ausschuss, die SPÖ eine Sondersitzung einberufen. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.


Die Causa Casinos weitet sich aus. Die Neos haben am Donnerstag angekündigt, einen Antrag für einen "Posten- und Korruptions-Untersuchungsausschuss" im Nationalrat einzubringen. "Da führt kein Weg daran vorbei", so Parteichefin Beate Meinl-Reisinger. Die Affäre betreffe nicht nur die FPÖ und Novomatic, sondern die gesamte, ehemalige türkis-blaue Bundesregierung.

Um einen U-Ausschuss einzusetzen, muss ein Viertel der Nationalratsabgeordneten zustimmen. Daher sind die Neos auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen. Sie hoffen auf Schützenhilfe der SPÖ, mit der sie auf die erforderlichen 46 Abgeordneten kämen. Die SPÖ hat sich noch nicht festgelegt, ob sie für den Antrag stimmen wird.

Fest steht, dass die SPÖ rund um die Causa eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen will. "Wir werden uns noch heute an Grüne und Neos wenden, um die notwendige Mehrheit für eine Sondersitzung zu bekommen", erklärte der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried.

Ob die Grünen bei diesem Antrag mitgehen, ist unklar. Notwendig für die Einberufung einer Sondersitzung ist ein Drittel der 183 Abgeordneten. Neos und SPÖ kämen allerdings nur auf 55 Stimmen. Damit wird die Causa auch für die Grünen unangenehm: Sie verhandeln mit der ÖVP über die Bildung einer Koalition. Stimmen sie für eine Untersuchung der Affäre, in die hochrangige Ex-ÖVP-Politiker verwickelt sein könnten, werden sie bei der ÖVP auf enden wollende Gegenliebe stoßen.

Durchsuchungnach Anzeige

Durch die oppositionellen Aktivitäten steigt der Druck auf ÖVP und FPÖ: Gegen (ehemalige) Spitzenpolitiker der beiden Parteien wird bereits von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt.

Im Mittelpunkt der Affäre steht Peter Sidlo. Die Bestellung des FPÖ-Bezirkspolitikers zum Finanzvorstand der teilstaatlichen Casinos Austria im Mai soll ein abgekartetes Spiel gewesen sein, so der Verdacht. Ein Indiz dafür soll die Einschätzung des Personalberaters während des Bestellungsprozesses sein, der Sidlo mangelnde Eignung für den Posten bescheinigt hatte. Die Ermittler vermuten, dass es zwischen der FPÖ und dem Casinos-Miteigentümer Novomatic einen Deal gegeben hat: Im Gegenzug für ihre Zustimmung soll der Novomatic ein Entgegenkommen bei der Vergabe von Glücksspiellizenzen versprochen worden sein.

Aufgrund einer anonymen Anzeige nahm die WKStA im Sommer Ermittlungen auf. Sie führte Hausdurchsuchungen bei Novomatic-Eigentümer Johann Graf und Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und Sidlo durch. Dabei wurden auch Handys beschlagnahmt. Seit Anfang September läuft auch eine interne Überprüfung bei den Casinos Austria, Sidlo ist einstweilen auf Urlaub. Auch sein Mandat als Generalrat der Nationalbank hat er ruhend gestellt.

"Brauchen jemanden, derdas Thema einbringt!"

Bei diesen ersten Durchsuchungen stießen die Ermittler offensichtlich auf zahlreiche Beweise. Am Dienstag zog die Causa weitere Kreise: Es folgten Hausdurchsuchungen bei der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Öbag, Öbag-Chef Thomas Schmid, Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), Casinos Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner sowie seinem Stellvertreter und Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP).

Diverse Medien zitierten aus der Anordnung zu den Durchsuchungen. "Hallo Joschi, ich habe mit meinen Freunden bezüglich Casinos gesprochen, sie wären bereit und auch fähig, den Deal zu machen", heißt es etwa in einer Nachricht von Sidlo an Gudenus. Novomatic-Chef Neumann schrieb an seinen Pressesprecher und ersuchte ihn um Kontaktaufnahme mit FPÖ-Abgeordneten: "Egal, brauchen jemanden, der das Thema Casinolizenzen einbringt!" In einer sichergestellten Aktennotiz von Rothensteiner schreibt dieser zudem von "irgendeinem Hintergrunddeal", den Graf mit den Freiheitlichen habe.

Aufgrund dieser Unterlagen geht die WKStA von Absprachen aus, bei denen es um "die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen bzw. die Vergabe von neu zu schaffenden Glücksspiellizenzen" ging. Auch Löger - er wird als Beschuldigter geführt - soll eine tragende Rolle zugekommen sein: Er soll "seine Befugnis (...) wissentlich missbraucht" haben, "indem er in Kenntnis eines ,FPÖ-Novomatic-Hintergrunddeals‘" ausschließlich aus parteipolitischen und koalitionstaktischen" Motiven gehandelt habe.

Löger soll sich bei Aufsichtsratsmitgliedern der Casinos Austria für Sidlo eingesetzt haben. Im Zuge des Bestellungsprozesses schrieb Novomatic-Chef Neumann an Strache: "War echt mühsam, aber hier hat Löger auch sehr geholfen." Auch Lögers Kabinettschef im Finanzministerium, Öbag-Chef Thomas Schmid, soll involviert gewesen sein: Er soll Kontakte zu Neumann gepflegt und die Verbindung zu Löger vermittelt haben.

Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Löger, der nicht mehr für den Posten des Finanzministers zur Verfügung steht, sprach in den "Salzburger Nachrichten" von einem Missverständnis: "Es gab in keinster Weise eine Diskussion über Ämterbesetzung durch ÖVP und FPÖ. Das ist kein Thema gewesen, das war es nicht und kann auch nicht irgendwie konstruiert werden." Es habe sich um ein reines Aktionärsdiskussionsthema gehandelt, er habe nur als "Eigentümervertreter der Republik die Interessen Österreichs in dieser Aktionärsgruppe entsprechend vertreten".

Aufregung umHandys

Josef Pröll erklärte, er "unterstütze vollinhaltlich die Ermittlungen". An den Vorwürfen sei "nichts dran". Auch Strache verwehrte sich gegen die Anschuldigungen: "Grundsätzlich werden alle Vorwürfe von mir aufgeklärt und entkräftet werden."

Für Aufregung sorgte am Donnerstag auch eine andere Affäre: Das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung wollte das Handy der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper und jenes der "Presse"-Redakteurin Anna Thalhammer beschlagnahmen lassen. Die Ermittler wollten laut Medienberichten mithilfe der Handys klären, wer Informationen aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz weitergegeben haben könnte. Die Staatsanwaltschaft Wien lehnte das Ersuchen allerdings mit Blick auf das Redaktionsgeheimnis ab. (dab)