Zum Hauptinhalt springen

Ein U-Ausschuss, den jeder (anders) will

Von Werner Reisinger

Politik

Alle Parlamentsparteien wollen in der Causa Casinos einen Untersuchungsausschuss - aber jede Partei will etwas anderes untersuchen. Gegenstand und Untersuchungszeitraum aber müssen genau definiert werden.


Alle wollen ihn, jeder hat eine bestimmte Vorstellung - und jeder hat seine eigenen politischen Interessen. Nach Bekanntwerden der Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Affäre rund um den Aufsichtsrat der Casinos Austria AG (Casag) ist wohl eines klar: Die Causa wird mit ziemlicher Sicherheit in einem parlamentarischen Untersuchungssausschuss beleuchtet werden. Einen solchen forderten die Neos bereits zwei Tage nach der zweiten Welle von Hausdurchsuchungen am 12. November, bei der unter anderem auch bei den Ex-ÖVP-Finanzministern Hartwig Löger und Josef Pröll und beim Casinos-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner nachgesehen wurde. Inzwischen verschließt sich keine Partei mehr einem U-Ausschuss, den auch eine Minderheit im Parlament einsetzen könnte. Jede Partei aber hat ihre eigenen Vorstellungen.

Relativ klar ist die Position der Neos. "Wir bleiben bei unserem Plan für einen Posten- und Korruptions-Ausschuss", sagt deren Abgeordnete Stephanie Krisper. Untersuchungsgegenstand - dieser muss ebenso wie der Untersuchungszeitraum klar definiert werden - soll vor allem die Casag sein, aber auch die Novomatic soll untersucht werden. Und zwar in Zusammenhang mit früheren gesetzlichen Änderungen des Glückspielgesetzes. Inwiefern auch zwei unterschiedliche Zeiträume, sofern sie denselben Gegenstand betreffen, vor dem Verfassungsgerichtshof juristisch halten, lasse man gerade juristisch prüfen, sagte Krisper am Dienstag. Schon am Mittwoch könnten die Neos weitere Details zu ihrem Ausschuss-Plan präsentieren, danach soll es in die Verhandlungen mit den anderen Parteien gehen.

Noch nicht so klar ist die Position der SPÖ. Deren Finanzsprecher Kai Jan Krainer fürchtet offensichtlich, dass die ÖVP und auch die Grünen, die sich laut ihm schon "im Paarlauf" mit der Partei von Sebastian Kurz befinden, von der Affäre Casinos ablenken könnten. Die ÖVP will nämlich in einem etwaigen U-Ausschuss auch eine "Reihe von möglichen Verstrickungen zwischen der SPÖ und der Casag" untersuchen, wie der türkise Klubchef August Wöginger am Montag festhielt.

Die Taktik, den Untersuchungsgegenstand zu erweitern, kenne man schon von früheren U-Ausschüssen. Krainer hätte daher am liebsten einen "Ibiza-Ausschuss", wie er sagt. Ein solcher würde ein "breites Feld" bieten, in dem man sich die "einzelnen Maßnahmen der türkis-blauen Regierung" dann genau ansehen könnte. Krainer glaubt allerdings nicht, dass FPÖ und ÖVP dem zustimmen würden. In der Causa Casag ginge es um die Vorwürfe von Bestechlichkeit und Untreue - "das ist etwas ganz anderes als Postenbesetzungen" sagt Krainer. Die ÖVP versuche gerade, aus strafrechtlichen Ermittlungen einen "Postenschacher-Ausschuss" zu machen, um abzulenken, fasst Krainer die SPÖ-Position zusammen: "Am Ende werden die Juristen entscheiden, was untersucht wird." Tatsächlich kann eine Mehrheit im Parlament immer das genaue Vorhaben der Minderheit beeinspruchen. Für die Einsetzung eines U-Ausschusses ist ein konkreter, abgeschlossener Vorgang der Verwaltung zu definieren.

Weitere Festnahmenin der Causa Ibiza

Die Grünen wollen, ähnlich wie die ÖVP, mehrere Jahre zurückliegende Postenbesetzungen im staatsnahen Bereich in einem Ausschuss untersuchen. "Wenn die SPÖ den Untersuchungsausschuss nicht machen wollen würde, würde es das Verhältnis zur SPÖ belasten", richtet Parteichef Werner Kogler der SPÖ aus.

Auch die FPÖ will sich - zumindest augenscheinlich - einem Ausschuss nicht verschließen. "Wir halten einen Untersuchungsausschuss, der sich mit den Postenbesetzungen in sogenannten staatsnahen Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren beschäftigt, für sinnvoll und werden mit anderen Parteien diesbezüglich Gespräche aufnehmen", ließ FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl wissen.

Ob ein einzelner U-Ausschuss sämtliche staatsnahen Postenvergaben innerhalb mehrerer Jahre untersuchen kann, ist aus Sicht des ÖVP-nahen Parlamentsexperten Werner Zögernitz mehr als fraglich. "Das wäre eine Art Generaluntersuchung. In der Form würde so etwas nicht halten." Zögernitz betont, dass laut Gesetz der Untersuchungsgegenstand eben nur einen einzelnen Vorgang der Bundesverwaltung umfassen kann.

Indes laufen die Ermittlungen in der Ibiza-Affäre - im bekannten Video hatte Ex-Vizekanzler Strache ja ebenfalls über den Glückspielkonzern Novomatic gesprochen - weiter. Am Dienstag bestätigte die Wiener Staatsanwaltschaft weitere Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in ganz Österreich, auch seien mehrere Personen festgenommen worden. Details wollte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, aber nicht nennen. Es handle sich um eine Verschlusssache.