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Weltweites Leuchtsignal gegen Gewalt

Von Petra Tempfer

Politik

Die Tage zwischen 25. November und 10. Dezember sind den Themen Gewalt und Menschenrechte gewidmet - Gebäude erstrahlen in Orange.


Wien. "Weiß jemand, dass Sie hier sind?" "Darf irgendjemand nicht wissen, dass Sie hier sind?" Und: "Gibt es jemanden in Ihrem Umfeld, der Ihnen Unbehagen oder Angst bereitet?" Mit diesen drei Fragen führe das Landeskrankenhaus Innsbruck seit April dieses Jahres ein "Routinescreening" durch, um Opfer von Gewalt direkt anzusprechen, sagte der Leiter der Opferschutzgruppe, Thomas Beck, im Zuge eines Hintergrundgesprächs in Wien. Jede Woche gebe es eine Patientin, die sich als gewaltbetroffen oute, so Beck.

Gemeinsam mit weiteren Opferschutzgruppenleitern aus unterschiedlichen Bundesländern war Beck diese Woche der Einladung von UN Woman Austria, Soroptimist International Austria, dem Ban Ki-moon Centre und HeForShe Graz gefolgt - diese Organisationen setzen heuer bereits zum dritten Mal die von UN Woman lancierte Kampagne "Orange the World" in Österreich um: Zwischen 25. November - dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen - und 10. Dezember - dem internationalen Tag der Menschenrechte - werden weltweit Gebäude und Monumente orange angestrahlt. In Österreich seien es mehr als 130, darunter 63 Krankenhäuser (der Fokus liegt heuer bei deren Opferschutzgruppen), aber auch das Bundeskanzleramt, das Burgtheater oder die Albertina.

Versteckte Symptome

Es gehe darum, Gewalt zu erkennen, zu benennen und zu handeln, sagte Gabriele Maierhofer, Leiterin der Opferschutzgruppe der Salzburger Universitätslandeskliniken, die ebenfalls zum Hintergrundgespräch gekommen war. Der erste Punkt, Gewalt zu erkennen, sei der schwierigste. "Die meisten Frauen reden nicht darüber, schämen sich." Daher müsse man auf versteckte Symptome achten wie chronische Schmerzen, Bluthochdruck oder Depressionen. Sobald ein Opfer als solches erkannt wurde, arbeite man eng mit Polizei und niedergelassenen Gewaltschutzzentren zusammen - sofern das Opfer das möchte.

Etwa zehn Prozent nähmen die Unterstützung nicht an, ergänzte Sabine Sramek, Leiterin der Opferschutzgruppe am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien. Der Wunsch des Opfers sei in jedem Fall zu respektieren, das Krankenhaus behalte sich jedoch vor, einen bestehenden Verdacht auf Gewalt zu dokumentieren. Auch bei den Barmherzigen Brüdern seien ein bis zwei Patientinnen pro Woche von Gewalt betroffen. Ihrer Erfahrung nach seien 90 Prozent der Opfer weiblich, so Sramek. Sind Männer der Gewalt ihrer Partnerin ausgesetzt, so handle es sich häufig um psychische Gewalt.

Jedes dritte Gewaltopfer sucht Studien zufolge ein Krankenhaus auf. Seit 2011 sind die Spitäler gesetzlich verpflichtet, eine Opferschutzgruppe einzurichten. Eine bundesweite, zentrale Anlaufstelle fehle jedoch, meinten Beck, Maierhofer und Sramek unisono. Die Spitäler müssten sich zudem vernetzen, denn: Opfer von Gewalt "flüchteten" oft von einem zum nächsten, um unentdeckt zu bleiben.

Auch Politikerinnen wie SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek oder FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker forderten mehr Einsatz für die Betreuung von Frauen und Mädchen. Konkret höhere finanzielle Mittel für den Opferschutz und bessere Maßnahmen in der Prävention. Die SPÖ möchte zudem das im September von ÖVP und FPÖ beschlossene Gewaltschutzpaket wieder aufschnüren. Maßnahmen wie höhere Strafen oder Anzeigepflicht seien nicht zielführend, kritisierte Heinisch-Hosek.

Zwischen 25. November und 10. Dezember finden in Österreich zahlreiche Veranstaltungen statt - so auch die Ringvorlesung "Eine von fünf" seit Dienstag am Zentrum für Gerichtsmedizin in Wien. Frauen gehen weltweit auf die Straße wie in Italien, Frankreich oder der Türkei. Dabei kommt es mitunter zu noch mehr Gewalt: Bei einer Kundgebung gegen Gewalt an Frauen in Istanbul setzte die Polizei am Montag Tränengas gegen die Demonstrantinnen ein.