Für 15 Prozent der Bürger ist nach einer Befragung im Vorjahr Demokratie in Österreich "tot". Ein Viertel der Österreicher kann sich eine autoritäre Führung vorstellen. Bei Wahlen wird eine teils sinkende Beteiligung der Wahlberechtigten registriert.
Vor diesem Hintergrund wurde am Dienstagabend in einer Diskussionsreihe der "Wiener Zeitung" mit dem Meinungsforschungsinstitut Sora die provokante Frage debattiert: "Demokratie. Das Ende der Geschichte?" Das Ende der Demokratie sahen am Podium im "Haus der Geschichte" die frühere Chefin des Liberalen Forums, Heide Schmidt, und der Salzburger Politikwissenschafter Reinhard Heinisch zwar nicht, wohl aber eine Erosion und Gefahren. "Ich sehe die Demokratie bedroht", stellte Schmidt fest. Was der früheren Dritten Nationalratspräsidentin dabei besonders zu denken gibt, ist der Umstand, wie die Bürger auf diese Entwicklung reagieren: "Ich empfinde, dass das zu wenige Menschen beunruhigt."
Gefahr durch "populistische Demokratie"
Schmidt ist besorgt darüber, dass sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen demokratische Rechte nicht mehr in Anspruch nehmen. Mit Hinweis auf eine bereits in Deutschland geführte Diskussion brachte es die Juristin auf den Punkt: "Wir werden immer mehr zu einer Demokratie der Besserverdiener." Als Erklärung für diese Entwicklung führte sie an, dass sich sozial schwächere Bevölkerungsgruppen derart ungleich wahrgenommen fühlten, sodass sie die Möglichkeiten des demokratischen Wahlrechts nicht mehr nützten.

"Wir haben vier Bedrohungen der Demokratie", konstatierte Heinisch, Professor für österreichische Politik in vergleichender Perspektive an der Universität Salzburg. Der klassische Gegensatz seien Diktatur und Demokratie; es habe den "Parteienstaat" gegeben, der in den 1970er/80er Jahre Proteste ausgelöst habe, dann die "Post-Demokratie", bei der vor allem das Politik-Marketing dominiert habe, die größere Gefahr für die liberale, repräsentative Demokratie sei inzwischen die "populistische Demokratie". Grundsätzlich sei es so, "dass die Politik heute ein Legitimitätsproblem hat". Schmidt relativierte allerdings, ob es tatsächlich so sei, dass sich die Österreicher früher stärker repräsentiert gefühlt hätten. Damals habe es durch die hohe Zahl an Parteimitgliedschaften eine Art Automatik bei der Vertretung gegeben. "Mit wirklich demokratischen Entscheidungsprozessen hat das nicht so viel zu tun gehabt", sagte sie.
