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Die SPÖ ist sich nicht einmal über ihre Schulden einig

Von Jan Michael Marchart

Politik

Der Jobabbau in der SPÖ wird zum kommunikativen Desaster für Parteichefin Rendi-Wagner.


Nach der SPÖ-Betriebsversammlung am Dienstagvormittag, bei der der roten Belegschaft der Parteizentrale verkündet wurde, dass 27 der 102 Mitarbeiter beim AMS zur Kündigung angemeldet werden, begann das Feuer in der Partei erst so richtig zu lodern. Aber wie es bei den Roten in der jüngeren Vergangenheit fast schon Tradition zu sein scheint, passiert das wieder einmal zu ihrem Nachteil. Die Partei ist sich nicht einmal über ihre eigenen Schulden einig.

Weder bei den Mitarbeitern in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße noch in der Partei allgemein ist man mit der Art und Weise zufrieden, wie Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Hiobsbotschaft intern wie nach außen kommunizierten. Die Mitarbeiter wussten nach der Betriebsversammlung teils weniger als die Journalisten.

Das dürfte auch auf so manche Landesorganisation zutreffen. Der burgenländische SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst sagte, dass Gremien im Vorfeld nicht informiert worden seien. "Wir verstehen diese Vorgangsweise nicht", so Fürst. Auch mit dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig dürfte niemand über den roten Mitarbeiterabbau gesprochen haben. Oder es war für eine Terminabsage schon zu spät. Denn Ludwig präsentierte am Dienstag den Ausbau der Joboffensive 50plus der Stadt Wien.

Für ein Hintergrundgespräch mit den Medien ließ Rendi-Wagner die Klubvollversammlung am Vormittag aus - just im Vorfeld vor jener parlamentarischen Sondersitzung zur Casinos-Affäre, die auf Begehren der SPÖ einberufen wurde. Noch am selben Tag trat der Parlamentsklub noch einmal zusammen. Es gab Redebedarf mit der Parteispitze.

Offenbar stärker eingebunden ist die Gewerkschaft in den Mitarbeiterabbau. Die gibt an, dass sie das rote Personal beraten wird. Man stimme sich auch bereits mit dem Betriebsrat ab.

Das rote Duell um den besseren Spin

Die Belegschaft in der Löwelstraße ist erzürnt. Der Betriebsrat wendete sich am Mittwoch mit einem Brief an den Parteivorstand. Der Betriebsrat sei demnach erst am vergangenen Freitag über die Kündigungswelle informiert "und somit faktisch nicht in diesen drastischen Schritt eingebunden" worden. Ebenso sei unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl der Kündigungen erfolge, "mit Betroffenen wurde auch nicht gesprochen". Dass teure Beraterverträge weiterlaufen, während andere Mitarbeiter gekündigt werden, "sorgt (...) für Frustration". Von einem geplanten Sozialplan sei ebenfalls keine Rede. Am Mittwoch fand eine weitere Betriebsversammlung statt - diesmal ohne Rendi-Wagner und Deutsch.

In der SPÖ bricht einstweilen wie so oft ein Duell um die bessere Erzählung aus, wer denn nun die Schuld an dem Schuldenberg von 14,9 Millionen Euro trägt.

Die eine Seite kritisiert, dass sich Rendi-Wagner bezüglich der finanziellen Situation der SPÖ fast schon "überrascht" gibt und sich nun als "Opfer" stilisiere. Ihre Kommunikationsabteilung betont, dass schon viel früher hätte gespart werden müssen, und schiebt die Schuld an der finanziellen Situation den Vorgängern der Parteichefin zu. Aber auch Rendi-Wagner leistete sich trotz Spardrucks keine Kleinigkeiten.

So geht beispielsweise der viel diskutierte Beratervertrag mit dem Ex-Kanzlersprecher Nedeljko Bilalic, der bis Ende des Jahres noch 24.000 Euro brutto im Monat verdient, ebenso auf ihre Kappe wie jener Dreijahreskontrakt mit der roten Leykam AG, der auf 20.000 Euro pro Monat für Dienste in den Bereichen "Datamanagement" und "Kommunalstrategie" kommt.

Schlussendlich schafft es die Partei derzeit nicht einmal, Klarheit über den eigenen Schuldenstand zu haben. Rendi-Wagner sagte, dass sie einen Schuldenstand von 14 Millionen Euro von ihrem Vorgänger Christian Kern übernommen habe. Das war allerdings nicht ganz richtig. Das Lager des Ex-Kanzlers ritt sogleich aus, um klarzustellen, dass die Gesamtverschuldung nur 10,578 Millionen Euro betragen habe, wie der "Standard" am Dienstag berichtete. Der Sparplan unter Kern sei "auf Punkt und Beistrich" eingehalten worden, sagt einer, der es wissen muss.

Selbstschädigung als Dauerzustand

Schlussendlich schritt Bundesparteikassier Christoph Matznetter am Mittwoch ein. Ende 2018 hätte die SPÖ laut Buchhaltung einen Schuldenstand von 14 Millionen Euro gehabt. Damit gibt er der Parteispitze recht. Bei der Übernahme des Vorsitzes durch Rendi-Wagner von Kern im September 2018 seien es 13,1 Millionen Euro gewesen.

Was davon schlussendlich stimmen mag: Die selbstschädigende Kommunikation der SPÖ scheint inzwischen ein Dauerzustand zu sein.