Die kommende Bundesregierung muss sich auf den Wunsch nach mehr Geld für Österreichs Universitäten einstellen. Statt bis elf Milliarden Euro für drei Jahre sollen es 13,1 Milliarden Euro sein. Die neue Präsidentin der Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler, sieht die Forderungen der Unis nach einem Budgetplus von 2,1 Milliarden Euro für die Periode 2022 von 2024 als "wohlüberlegten Finanzbedarf". "Ich denke, wir haben gut gerechnet", erklärte Seidler am Dienstag. Die Rektorin der TU Wien ist am Montag für zwei Jahre zur obersten Vertreterin der Uni-Rektoren bestellt worden.
Kleiner Unsicherheitsfaktor ist, dass man sich mit der neuen Universitätsfinanzierung, die einen Einstieg in eine Studienplatzfinanzierung vorsieht, in einer Pilotphase. "Die haben es an sich, dass sie nach ihrer Beendigung überprüft werden müssen", betonte Seidler. Das müsse im kommenden Jahr passieren, weil die Höhe des Uni-Budgets 2022 bis 2024 aufgrund der gesetzlichen Vorgaben im Herbst 2020 feststehen müsse.
Mehr Mittel für Bauten, Mieten und wegen Teuerung
Der Mehrbedarf von 2,1 Milliarden Euro gegenüber den elf Milliarden Euro der laufenden Periode 2019 bis 2021 ergibt sich aus der Abdeckung von Teuerungs- und Struktureffekten in Höhe von 700 Millionen Euro, 550 Millionen Euro für Bauten, Mieten und Infrastruktur-Investitionen, 500 Millionen Euro für die Fortsetzung der Studienplatzfinanzierung beziehungsweise die Verbesserung der Betreuungsrelationen sowie 350 Millionen Euro für den Ausbau der Digitalisierung.
Bei der angestrebten höheren Dotierung des Wissenschaftsfonds FWF müsse man bedenken, dass die Unis derzeit rund 300 neue Professoren berufen. "Die werden in den nächsten zwei Jahren in Österreich sein. Damit haben wir 300 zusätzliche potenzielle Antragsteller." Damit müsste die Zahl jener exzellenten Anträge, die auch tatsächlich gefördert werden, eigentlich steigen. Derzeit würde aber nur ein Fünftel der Ansuchen positiv beschieden: "Das ist deutlich unter dem internationalen Schnitt."
Wunsch nach einem eigenen Wissenschaftsministerium
Wie ihr Vorgänger Oliver Vitouch bevorzugt auch Seidler künftig ein eigenes Wissenschaftsministerium ohne Schulagenden, das aber zusätzlich zur Grundlagen- auch für die angewandte Forschung zuständig sein soll. In den vergangenen beiden Jahren seien die Universitäten im Bildungsministerium im Hintergrund gestanden - auch weil das Uni-Budget bereits beschlossen sowie die letzte Novelle des Universitätsgesetzes weitgehend vorbereitet gewesen sei. "Die Zahl der Baustellen im Bildungsministerium war wesentlich höher, das wird auch in Zukunft so sein."
Mit konkreten Tipps oder Vorschlägen an die Regierungsverhandler hielt sich Seidler zurück: "Soweit ich die Verhandlungsteams kenne, bin ich optimistisch, dass etwas Gutes für die Unis rauskommt."
Kritik an der Störung von Uni-Veranstaltungen
Ebenfalls ähnlich wie Vitouch bewertet Seidler die zuletzt diskutierten Störungen von Lehrveranstaltungen des Historikers Lothar Höbelt beziehungsweise einer Diskussion der Publizistin und Feministin Alice Schwarzer. "Man muss diesen Diskurs führen, aber eben in Form eines Diskurses, nicht in Form des Versuchs einer Verhinderung. Das Stören einer Veranstaltung ist keine kritische Diskussion."
Positiv bewertete Seidler die Fridays for Future-Bewegung. Deren Proponenten würden evidenzbasiert argumentieren. "Wir wollen diese Evidenzbasierung nach Kräften unterstützen." Daher begrüße man die Bewegung sowie die damit verbundene qualitative Verbesserung des Diskurses zum Thema Klimawandel. (apa)