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Grüne wollen sich von ÖVP nicht unter Zeitdruck setzen lassen

Von Karl Ettinger

Politik

Misstrauen in der Ökopartei gegenüber ÖVP-Obmann Kurz nach "Foul" bei Koalitionsverhandlungen.


Wien. Nach den Verstimmungen am Wochenende stürzten sich die Regierungsverhandler von ÖVP und Grünen am Montag in die Fortsetzung ihrer Gespräche. Nach außen hin schluckte man bei den Grünen den Unmut, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz erstmals öffentlich Verhandlungsdetails genannt hat und einen raschen Abschluss im Jänner angekündigt hat, weitgehend hinunter.

"Es ist nicht besonders hilfreich, wenn man Stillschweigen vereinbart hat, Informationen an die Öffentlichkeit zu geben", sagte der grüne Parlamentarier und Wiener Spitzenkandidat Lukas Hammer der "Wiener Zeitung". Wie zuvor schon Grünen-Chef Werner Kogler, der via APA zu den Aussagen von Kurz gemeint hatte: "Keep cool, es kommt früher oder später noch genug Hitze in die Küche", erklärte auch Hammer: "Ich würde es nicht dramatisieren. Wir lassen uns nicht unter Zeitdruck bringen."

Allerdings sehen Teile der Ökopartei das Vorgehen von Kurz keineswegs so locker. Kurz hatte inhaltlich festgestellt, dass es auch mit Türkis-Grün ein Nulldefizit und keine Vermögenssteuer geben werde. Die ÖVP-FPÖ-Neuregelung der Sozialhilfe bleibe erhalten. Grünen-Generalsekretär Thimo Fiesel hat Kurz daraufhin ein "Foul" vorgeworfen.

"Es muss inhaltlich passen, sonst keine Koalition"

Manche Grünen-Vertreter, insbesondere aus Wien, sahen sich in ihrem Misstrauen bestätigt: Kurz wolle letztlich keinen Abschluss mit den Grünen, sondern erneut mit der FPÖ. Der langgediente Wiener Gemeinderat und Dritte Landtagspräsident Martin Margulies äußerte das auch offen via Twitter: "Glaube eigentlich nicht, dass er mit den Grünen will." Kurz wolle die Fortführung der ÖVP-FPÖ-Budget- und Asylpolitik.

"Ich habe das Gefühl, dass beide Seiten die Verhandlungen sehr ernsthaft führen", meinte Abgeordneter Hammer. Wie Kogler stellte er klar, grüne Kernpunkte, etwa beim Umweltschutz, müssten umgesetzt werden, weil es sonst keinen Abschluss für Türkis-Grün geben werde: "Für uns muss es inhaltlich passen, sonst gibt’s die Koalition nicht."

Zweifel an der Kompromissbereitschaft der ÖVP äußerte auch die frühere grüne Parteichefin Madeleine Petrovic. "Je mehr die ÖVP in manchen Bereichen nicht bereit ist, einzulenken, desto mehr Proteste werden sie auf der Straße haben", sagte Petrovic im Gespräch mit der APA.

Irritationen wollte man bei den Verhandlungen selbst in beiden Parteien allerdings nicht sehen. Der grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi hält sogar einen Abschluss Anfang Jänner für "wahrscheinlich". Die Koalitionsgespräche werden jedenfalls diese Woche vor allem auf Ebene der Parteichefs fortgesetzt.(ett)