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Väter wollen Pension kaum teilen

Von Martina Madner

Politik

Die Kinder zu Hause zu betreuen, verringert die spätere Pension der Mutter deutlich. Pensionssplitting ist trotzdem kaum Thema. Nur ein verschwindend geringer Anteil der Väter teilt Pensionsansprüche mit den Müttern ihrer Kinder.


Wenn es um Aufteilung der Betreuung der Kinder geht, verhalten sich Eltern in Österreich nach wie sehr traditionell, wie eine kurz vor Weihnachten veröffentlichte Studie der Statistik Austria zu 2018 zeigt. Die Ökonomin Käthe Knittler hat erhoben, dass die Hälfte aller Mütter, deren Kinder unter 15 Jahre alt sind, entweder am Beginn in Karenz sind oder ihre Arbeitszeit verringert haben. Anders bei den Vätern: Hier geht jeder Zwanzigste in Karenz oder reduziert seine Arbeitszeit.

Besonders groß ist der Unterschied bei Eltern kurz nach der Geburt: War das jüngste Kind unter zwei Jahre alt, gaben 81,4 Prozent der Mütter an, entweder in Karenz oder Teilzeitarbeit zu sein; bei Vätern waren es 7,4 Prozent.

Werden die Kinder älter, gehen zwar sowohl Mütter als auch Väter wieder öfter einer bezahlten Arbeit nach. Aber: Der Einkommensunterschied beim Bruttostundenlohn zwischen Frauen und Männern, der laut neuesten verfügbaren Daten der Statistik Austria von 2017 bei rund 20 Prozent liegt, steigt wegen mehr unbezahlter Arbeit bei Frauen auf 37,3 Prozent. "Das liegt vor allem an der unterschiedlichen Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit in den Haushalten, gerade auch wenn es Kinder gibt", erklärt Knittler.

Wir bleiben im Jahr 2018, wechseln aber zu jenen, die in diesem Jahr in Pension gingen: Die Frauen, die damals aus einer unselbständigen Arbeit in eine Alterspension gingen, erhielten im Durchschnitt 1158 Euro brutto im Monat, die Männer 1858 Euro. Unter den Selbständigen war der Unterschied noch größer, nämlich im Durchschnitt 873 Euro bei Frauen gegenüber 1999 Euro bei Männern.

Ein kleiner Teil dieses Unterschiedes ist für Wifo-Pensionsexpertin Christine Mayrhuber durch die ein bis zwei Jahre, die Frauen früher in Pension gehen, erklärbar: "Arbeitsunterbrechungen und lange Teilzeit wegen der Kinderbetreuung reißen die große Lücke in den Pensionsansprüchen von Frauen." Mayrhuber hat für das AMS eine Studie erstellt. Diese zeigt, dass lange Erwerbsarbeitsunterbrechungen und Teilzeitarbeit die Pension nach den ersten vier Jahren, in denen es einen fiktiven Ausgleich für Mütter gibt, deutlich verringert: Ein Jahr Kinder zu Hause zu betreuen, kostet Mütter ohne Erwerbsarbeit später 2,8 Prozent ihrer Pension. Ein Jahr in Teilzeitarbeit reduziert sie um rund ein Prozent.

Wie es zumPensionssplitting kam

Wir wechseln fast zwei Jahrzehnte zurück, ins Jahr 2000. Dem damaligen Frauenminister Herbert Haupt von der FPÖ, der erste und bisher einzige Mann in diesem Amt, schwebte eine Idee zur Lösung vor: Frauen sollten während der Kinderbetreuungszeiten einen Teil der in den meisten Fällen höheren Pensionsansprüche der Väter erhalten. Ihm schwebte ein also ein sogenanntes Pensionssplitting vor.

Die damalige Generalsekretärin des Koalitionspartners ÖVP, Maria Rauch-Kallat, später ebenfalls Frauenministerin, machte in etwa zur selben Zeit darauf aufmerksam, dass die Einkommenschere unter "sozialistischen Frauenministern" größer geworden sei. Neben gleichen Löhnen sei auch das Pensionssplitting eine Lösung dagegen.

Eine der damit angesprochenen, Barbara Prammer, damals SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende, direkt vor Schwarz-Blau Frauenministerin, sah im Pensionssplitting dagegen eine Methode, dass Frauen "wieder zum Anhängsel ihres Ehemannes" werden. Frauen sollen einen eigenständigen höheren Pensionsanspruch erwirtschaften, um im Alter eigenes Geld zu haben, "ohne dass sie vorher Witwe werden müssen". Auch für die Grünen war Haupts Vorschlag "unausgegoren". An der Kritik beider Parteien hat sich bis heute wenig verändert.

Das Pensionssplitting wurde mit der heftig umstrittenen Pensionsreform 2005 umgesetzt. In den ersten fünf Jahren stellten insgesamt gerade einmal 32 Elternpaare einen Antrag darauf; 2010 waren es dann 20 Eltern, 2011 halbierten sie sich dann wieder auf zehn.

Kommen wir zurück ins Jahr 2018: In diesem Jahr kamen genau 85.553 Babys in Österreich zur Welt, im selben Jahr beantragten 411 Eltern das Pensionssplitting. Von Beginn an bis 2018 waren es insgesamt nur 1293 Paare.

"Ich vermute mal, dass das ein Instrument ist, über das viele Frauen nicht Bescheid wissen. Ein Infofolder reicht da auch nicht, vor allem in einer Zeit, wo sich Eltern um früher anstehende Herausforderungen nach der Geburt kümmern müssen", sagt Mayrhuber. Die Pension ist zu dem Zeitpunkt noch weit weg.

Wie Eltern dieAnsprüche teilen

Die angesprochenen Infofolder gibt es von der Pensionsversicherungsanstalt: Darin erfahren Eltern, dass der Erwerbstätige beim Pensionssplitting bis zu 50 Prozent seiner Gutschrift am Pensionskonto auf jenes des Erziehenden übertragen kann, der sich in diesem Jahr "überwiegend der Kindererziehung gewidmet" hat.

Das heißt: Der Vater, der nach wie vor meistens mehr verdient als die Mutter, überträgt bis zur Hälfte seiner Pensionsbeiträge in dem Jahr an die Mutter, die zwar auch arbeiten kann, aber mehr Zeit als der Vater für die unbezahlte Kinderbetreuungsarbeit zu Hause aufwendet.

Der Antrag dazu kann auch später gestellt werden. Schluss ist damit, wenn das Kind zehn Jahre alt geworden ist. Und: Der, der abgibt, muss einer Erwerbsarbeit nachgehen, darf also zum Beispiel nicht arbeitslos sein.

Klingt kompliziert? Ist es aber nicht, denn die PVA liefert ein Beispiel: Der Vater verdient 33.707,80 Euro in dem Jahr, die Mutter 14.044,94. Er gibt ihr ein Fünftel seiner Pensionsbeiträge (1,78 Prozent vom Einkommen) weiter. Das entspricht 12,50 Euro Pension monatlich, die dann die Mutter des Kindes mehr erhält. "Der Elternteil, der einen Wert seiner Teilgutschrift abgibt, erhält dadurch grundsätzlich eine geringere Pension. Für den Elternteil, der die Teilgutschrift erhält, erhöht sich die Pension grundsätzlich", heißt es im Folder.

Übernimmt der Vater einen größeren Anteil der Kinderbetreuungsarbeit, kann er sich auch von der Mutter Pensionsbeiträge übertragen lassen. De facto waren 2018 von den 411 Fällen 31 Väter, also 7,5 Prozent, die Pensionsanteile von Müttern erhielten, und 380 Mütter, denen solche von Vätern übertragen wurden.

Die ungleiche Verteilung der bezahlten Arbeit ist in Österreich Normalität, denn eine weitere Studie Knittlers zeigt: Bei mehr als der Hälfte der Paare mit Kindern arbeitet der Mann Vollzeit, die Frau Teilzeit. Bei weniger als einem von 100 Paaren ist es umgekehrt.

Was die Politikmachen könnte

Ein Ausblick auf 2020: Soll die Regierung das Pensionssplitting, das kaum jemand kennt und noch weniger in Anspruch nehmen, abschaffen? Geht es nach Wifo-Expertin Mayrhuber lautet die Antwort darauf klar: Nein. Das hat mehrere Gründe, einer ist die bessere wirtschaftliche Absicherung von Frauen im Alter, denn: "Wir wissen, dass die Vorstellung, dass alle Beziehungen bis ans Lebensende halten und sich Eltern ihr Pensionseinkommen später teilen, oft ein Irrglaube ist." Es gibt Scheidungen und Trennungen.

Aber nicht nur das: Selbst bei Paaren, die in der Pension zusammen leben, kann ein geringerer Unterschied zwischen den Pensionseinkommen in Summe weniger Steuern im Haushalt bedeuten als bei einem größeren: "Das gemeinsame Haushaltseinkommen in der Pension wäre damit höher."

Darüber hinaus wäre das Pensionssplitting zumindest ein finanzieller Beitrag von Vätern, ein Ausgleich für den Schaden an der Pension, den Mütter später tragen müssen. Mayrhuber würde es deshalb nicht abschaffen, sondern die Bezugszeit sogar über das siebente Lebensjahr des Kindes hinaus ausweiten: "Dann hätte das Splitting einen größeren Effekt als heute."

Mehr noch, wie die ÖVP im vergangenen Wahlkampf kann sich auch die Wifo-Expertin ein verpflichtendes Pensionssplitting mit der Möglichkeit vorstellen, hinaus zu optieren: "Das würde bedeuten, alle Eltern teilen sich automatisch ihre Pensionsbeiträge in den ersten Jahren der Kindererziehungszeiten. Wollen sie das nicht, teilt man das der Pensionsversicherung mit." Die ÖVP schlug ebenfalls eine Ausdehnung des Zeitraums bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes und auch während der Pflege von Angehörigen vor. Ein Automatismus würde laut Mayrhuber dazu führen, dass sich Eltern "automatisch mit dem Thema auseinandersetzen". Wobei die Diskussionen in manchen Familien spannend werden dürften.

Wenn man ins Nachbarland Deutschland sieht, gebe es auch dafür eine Lösung: Dort werden im Scheidungsfall sowohl die gesetzlichen als auch die betrieblichen Pensionsansprüche, die sich beide Elternteile in den gemeinsamen Jahren erarbeitet haben, aufgeteilt. Schließlich hat man sich ja auch davor gemeinsam für das Familienmodell entschieden.•