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Maurer ist neue grüne Klubchefin

Von Martina Madner

Politik

Die neue Aufgabe der Grünen im Nationalrat: den Spagat zwischen Pragmatismus und Haltung ohne Kompromisse zu schaffen.


Mit der Angelobung der türkis-grünen Regierung ändert sich auch der grüne Parlamentsklub: Statt Werner Kogler, nun Vizekanzler, wählten die Abgeordneten Sigrid Maurer zur neuen Klubobfrau. Mit Maurer kommt damit erstmals eine Politikerin als Chefin einer Parlamentsfraktion, die im Hohen Haus schon einmal wegen einer Flugzettel-Aktion im Jahre 2010 vorübergehend Hausverbot hatte.

Aber nicht nur das: Sie leitet einen Klub voller Neulingen im Parlament. Denn da Kogler und Alma Zadic als Justizministerin auf die Regierungsbank wechseln, ist Maurer künftig die Einzige der 26 Abgeordneten, die im Nationalrat Erfahrung mitbringt. Es sind außerdem Neulinge, die - wie Grüne bisher schon - weniger einer Parteilinie als der eigenen Haltung treu sind, die Maurer, wie sie gegenüber der "Wiener Zeitung" beteuert, weiterhin ohne Klubzwang leiten will.

Pragmatismus trotz Polarisierung von außen

Maurer war bereits von 2013 bis 2017 Abgeordnete der Grünen zum Nationalrat. Als Wissenschaftssprecherin setzte sie sich damals insbesondere für ein Aufstocken des Hochschulbudgets ein. Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung waren folglich auch die Themen der 34-jährigen gebürtigen Tirolerin in den türkis-grünen Koalitionsverhandlungen.

Maurers Erfolg dabei war zum Beispiel, ein Pilotprogramm an 100 Schulen, um neue pädagogische Konzepte zu entwickeln und zu testen, zu verankern. Auch für die Weiterbildung des Lehrpersonals soll es künftig eigene digitale Pilotschulen geben. Nicht gelungen ist es ihr aber, die Gesamtschule oder einen Ethik-Unterricht für alle voranzutreiben. Sie sprach sich klar für Türkis-Grün aus - trotz "schmerzhafter Punkte", die es laut Maurer nicht nur für die Grünen, sondern auch den Koalitionspartner gebe: "Die ÖVP hat sich im Wahlkampf noch mit Händen und Füßen gegen viele Punkte gewehrt, die nun im Regierungsprogramm stehen. Freiwillig und ohne Schmerzen hat sie die wohl eher nicht aufgenommen." Es ist eher ein schaumgebremster Pragmatismus als harsche Kritik, die hier anklingt.

Das Polarisierende an Maurer war aber auch in der Vergangenheit ohnehin weniger in der inhaltlichen Debatte zu finden als in manch aktionistischem Handeln. Als Vorsitzende der "Österreichischen HochschülerInnenschaft" der grünen Studierenden engagierte sie sich von 2009 bis 2011 in der #unibrennt-Bewegung und war bei der Besetzung des Audimax der Uni Wien dabei. Weit übler als das nahmen ihr manche aber den Abschied per Mittelfinger-Foto von den Hasspostern, als der grüne Parlamentsklub sich nach den verlorenen Wahlen 2017 verabschieden musste.

Auch die Veröffentlichung einer obszönen Nachricht eines Wiener Bierlokalbesitzers, der Maurer einen bislang noch nicht zu Ende geführten Prozess wegen übler Nachrede einbrachte, spaltete die Nutzer sogenannter Sozialer Medien. Auf ein großes Solidarität übendes Lager traf da ein kleines, aber lautes und hartnäckiges Lager, das Maurer und Frauen, die ihr bei Seite standen, weiterem Sexismus aussetzte. Maurer führt den Prozess übrigens weiter: "Ich will Gerechtigkeit und freigesprochen werden."

Wie divers grüne Politik aussehen kann, zeigte sich vergangenen Samstag beim Bundeskongress der Grünen, auch wenn letztlich 93 Prozent der Delegierten für das türkis-grüne Programm stimmten. Maurer glaubt trotzdem nicht, dass sie künftig ein Durchgriffsrecht im Klub brauchen wird: "Es gab und gibt auch weiterhin keinen Klubzwang." Auch mit FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl werde die Zusammenarbeit im Parlament funktioniert, sagt Maurer: "In der Präsidiale gibt es eine professionelle Zusammenarbeit zwischen allen Fraktionen. Die FPÖ verhält sich dort auch anders als in der Öffentlichkeit."

Nachrückende und Stellvertretende der Grünen

In der Sitzung wurden auch Maurers Stellvertreter fixiert. Ewa Ernst-Dziedzic bleibt das, dazu kommen die frühere Salzburger Landesrätin Astrid Rössler sowie der Oststeirer Jakob Schwarz, der auch geschäftsführender Parlamentarier wird.

Mit der Angelobung rücken auch neue Abgeordnete in den Parlamentsklub nach. Georg Bürstmayr, Anwalt und Menschen- wie Fremden- und Asylrechtsspezialist rückt anstelle von Justizministerin Alma Zadic über die Bundesliste ins Parlament nach. Die steirische Frauenvolksbegehren-Sprecherin und Studentin Heike Grebien kommt statt Werner Kogler in den Nationalrat. Und die Rechtsanwältin Agnes Sirkka-Prammer zieht statt Leonore Gewessler über das Linzer Mandat ein. Am anderen oberösterreichischen Mandat rückt der Bauernvertreter Clemens Stammler nach - weil Stefan Kaineder statt Sozialminister Rudi Anschober Landesrat wird.