"Wiener Zeitung": Am Dienstag wurde die türkis-grüne Regierung angelobt. Hatten Sie Zeit, sich das Programm durchzulesen?
Hans Peter Doskozil: Die 300 Seiten habe ich mir noch nicht durchgelesen. Aber man muss sich anschauen, wie die Steuererleichterungen und die Investitionen in neue Mobilitätsformen gegenfinanziert werden. Was hinter dem Wort CO2-Steuer steht, wissen wir auch noch nicht.
Das Burgenland wird sich aber nicht wehren, wenn der Bund Milliarden in den öffentlichen Verkehr investiert.
Das Problem wird sein, dass der Bund zuerst die CO2-Steuer einheben und dann investieren wird. Wenn das aber ohne vorgelagerter Infrastruktur kommt, ist das ein Blödsinn. Der Pendler muss in die Arbeit kommen. Wenn die Grünen eine Klimapolitik machen wollen, die sie nicht zerreißt, dann brauchen sie eine Steuer, die die Masse trifft. Das tut sie beim Verkehr über eine höhere Dieselbesteuerung oder eine kilometerbezogene Maut. Aus Oberwart oder Güssing fährt man zwei Stunden nach Wien, es stauen sich Lawinen über die A2. Dazu sollen die Leute noch höhere Hürden auferlegt bekommen? Davor muss die Schieneninfrastruktur ausgebaut werden. Das braucht in Österreich aber lange. Ich rede seit einem Jahr mit den ÖBB über einen Zentralbahnhof in Ebenfurth. Dort sagt mir der Vorstand, dass in den nächsten zehn Jahren nichts geht. Ich wünsche den Grünen mit ihren Versprechen viel Spaß.
Reden wir über das Burgenland. Dort wird am 26. Jänner gewählt. Es ist seit 1964 rot. Damals war es viel ländlicher als heute. Diese SPÖ-Dominanz ist historisch ungewöhnlich für Österreich.
Ich bin hier am Land aufgewachsen, und ich hätte es nicht als konservativ wahrgenommen. Man muss weg von diesen Klischees. Das Burgenland wurde auch von Arbeitern geprägt. Man muss sich nur anschauen, wie viele früher nach Wien zum Arbeiten auf den Bau gefahren sind. Die große Landwirtschaft gab es hier nie. Es war eine kleinteilige, deren Betreiber das oft nur nebenbei gemacht haben, dazu am Bau oder als Handwerker gearbeitet haben. Die SPÖ-Dominanz ergibt sich auch, weil die Burgenländer den Bildungsaufschwung aus der Kreisky-Zeit gespürt haben. Ende der 70er Jahre bin ich mit einem Zweiten aus meiner Ortschaft ins Gymnasium gegangen. Das war etwas Besonderes. Mit einem Gehalt konntest du dir auch ein Einfamilienhaus bauen.
Bei der Nationalratswahl hat die SPÖ das Burgenland an die ÖVP verloren. Gab es daraus Erkenntnisse?
Keine. Die Nationalratswahl liegt in der Verantwortung der Bundes-SPÖ. Der Wähler differenziert auch so. Bei der Landtagswahl sind wir in den Umfragen vorne. Würde ich mir von der Nationalratswahl etwas abschauen, dann wäre ich wahrscheinlich schlecht beraten.