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Niederösterreich und die ganz andere Wahl

Von Brigitte Pechar

Politik
© Wiener Zeitung

Die ÖVP hat bei den Gemeinderatswahlen in Niederösterreich am 26. Jänner 431 Bürgermeister zu verteidigen - die SPÖ 119; 17 Bürgermeister werden von Namenslisten gestellt. Insgesamt wird in 567 Gemeinden gewählt.


Am 26. Jänner wird in 567 der 573 niederösterreichischen Gemeinden der Gemeinderat neu gewählt. Weil es in Niederösterreich keine Bürgermeisterdirektwahl gibt, wird dieser dann vom Gemeinderat gewählt.

"Eine erste Testwahl nach der türkis-grünen Regierungsbildung auf Bundesebene ist das aber nicht", erklärte Politikwissenschafter Fritz Plasser gegenüber der "Wiener Zeitung" "Gemeinderatswahlen können ganz erstaunlich von Bundeswahlen abweichen, weil lokale Faktoren eine große Rolle spielen." Die Wählerinnen und Wähler seien sich dessen bewusst, dass es sich bei Gemeinderatswahlen nicht um Testwahlen handle. Hier gehe es um Vertrauen, um Persönlichkeiten und um die Arbeit vergangener Jahre. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) können daher am 26. Jänner aus den Wahlergebnissen keine Schlüsse für ihre Zusammenarbeit ziehen.

Das Land Niederösterreich dokumentiert diese Tatsache auch damit, dass die Ergebnisse nicht zu einem fiktiven Gesamtergebnis zusammengefasst werden.

Insgesamt werden 11.640 Mandate im größten Bundesland vergeben. Es treten 1851 Listen beziehungsweise Wahlparteien an, um sieben mehr als 2015. Wahlberechtigt sind 1.459.072 Menschen (750.502 Frauen und 708.570 Männer). Das sind 38.455 Wahlberechtigte weniger als 2015. Landtagspräsident und Leiter der Landeshauptwahlbehörde Karl Wilfing (ÖVP) begründete dies mit einer Bereinigung der Wählerverzeichnisse hinsichtlich der Zweitwohnsitze.

Die Statutarstädte St. Pölten, Krems und Waidhofen a.d. Ybbs wählen traditionell zu anderen Terminen. In Wiener Neustadt - ebenfalls eine Statutarstadt - dagegen wird gewählt.

In 2543 Wahlsprengeln plus fliegenden Wahlkommissionen werden mehr als 35.000 Helfer tätig sein. Es gibt unverändert amtliche und nicht-amtliche Stimmzettel, wobei Letztere den Namen eines oder mehrerer Kandidaten beinhalten dürfen. In den meisten Gemeinden dürfen Kandidaten gereiht werden. Nicht mehr erlaubt sind hingegen Wahlslogans oder Hinweise auf Projekte. Was die Gültigkeit betrifft, gelte der Grundsatz "Name vor Partei", erklärte Wilfing. Kandidaturen in mehreren Gemeinden seien nach wie vor erlaubt, die Annahme von mehr als einem Mandat sei hingegen nicht mehr möglich.

Absolute Nummer eins ist die Volkspartei nicht nur im Land, sondern auch in den Gemeinden. Sie (und ihr nahe Listen) hat in 426 der 567 Gemeinden, in denen gewählt wird, die Mehrheit (382 Mal absolut, 44 Mal relativ) und stellt aktuell 431 Bürgermeister. Die ÖVP tritt auch als einzige Partei in allen 567 Gemeinden an. Sie ist dabei sogar 570 Mal vertreten. In Pöggstall und Münichreith-Laimbach (beide Bezirk Melk) sowie in Tullnerbach (Bezirk St. Pölten) gibt es jeweils gleich zwei ÖVP-nahe Listen. In acht Gemeinden ist die Gemeinderatswahl bereits entschieden, denn es steht nur eine Partei zur Wahl - die Volkspartei.

Hatte die Volkspartei vor fünf Jahren zehn Mal mehr als 90 Prozent erreicht, gab es auch neun Gemeinden mit einstelligem Ergebnis. Negativer Spitzenreiter in diesem Ranking aus schwarzer Sicht war Trumau (Bezirk Baden) mit 6,9 Prozent der Stimmen.

Die SPÖ hat 546 Kandidaturen in 545 Gemeinden. Zu verteidigen hat die SPÖ 119 Bürgermeister-Sessel. Die SPÖ hat 128 Mehrheitsgemeinden (94 Mal absolut, 34 Mal relativ) und stellt derzeit 119 Bürgermeister. In Spitz (Bezirk Krems-Land) treten zwei "rote" Listen an.

Es kann auch vorkommen, dass bereits im Gemeinderat vertretene Parteien Fristen versäumen, von den Grünen ist dies aus früheren Wahlgängen bekannt. Diesmal ist das den Sozialdemokraten in Marchegg passiert. Sie hat die Unterstützungserklärungen nicht fristgerecht eingebracht und wird folglich ihre 9 von 21 Mandate im Gemeinderat verlieren. Es wird spannend, wohin diese Mandate wandern, sowohl ÖVP (derzeit 11 Mandate), FPÖ (1) als auch Grüne (0) treten an. Auch in Langenrohr (Bezirk Tulln) scheiterte die SPÖ an Formalfehlern: Die Unterstützungserklärungen wurden nicht zeitgerecht eingebracht. Für diese beiden Kommunen prüft die SPÖ eine Wahlanfechtung beim Verfassungsgerichtshof.

"Hochburg" der SPÖ war 2015 Klein-Neusiedl (damals noch Wien-Umgebung, jetzt Bezirk Bruck a.d. Leitha) mit 85,8 Prozent. Es folgten Ebenfurth (Bezirk Wiener Neustadt) mit 81,6 Prozent und Rabensburg (Bezirk Mistelbach) mit 80,6 Prozent. Rabensburg ist besonders interessant, weil der Bezirk Mistelbach auf der politischen Landkarte Österreichs tiefschwarz eingefärbt ist.

Was die Anzahl der Listen betrifft, ist Amstetten mit neun die unangefochtene Nummer eins. 2015 hat die SPÖ in Amstetten, wo sie seit 1965 den Bürgermeister stellt, zehn Prozentpunkte und damit die absolute Mehrheit verloren, die FPÖ hat sich unter eifrigen Parteiausschlüssen gespalten. Derzeit halten die Sozialdemokraten 20, die Volkspartei 10, die Freiheitlichen 7, die Grünen 3 Mandate und die Neos 1 Mandat.

Hinter der Mostviertler Bezirkshauptstadt folgen sechs Gemeinden, in denen sieben Listen antreten. Darunter befindet sich laut Website des Landes auch Wiener Neustadt, das 2015 mit zehn Gruppierungen Platz eins belegt hatte. In Wiener Neustadt hat die ÖVP mit Klaus Schneeberger gemeinsam mit FPÖ und Grünen 2015 eine Koalition geformt und damit die SPÖ aus dem Bürgermeistersessel gehievt. Die Mandatsverteilung: 17 SPÖ, 14 ÖVP, 5 FPÖ, 2 Grüne, 1 Soziales Neustadt Liste Sluka-Grabner, und 1 Liste Haberler WN-Aktiv.

Die FPÖ tritt mit 2626 Kandidaten in 364 Gemeinden an. Landesparteisekretär Michael Schnedlitz sprach vom stärksten Aufgebot, das die FPÖ bisher hatte. Die Freiheitlichen werben um Autofahrer und propagieren einen "Pendler-Hunderter". Landesrat Gottfried Waldhäusl strebt in Waidhofen a.d. Thaya den Bürgermeistersessel an - es wäre der erste für die Blauen.

Die FPÖ schnitt 2015 in St. Corona am Wechsel mit 34,5 Prozent am besten ab. Knapp 33 Prozent waren es in Blindenmarkt (Bezirk Melk), wo die Freiheitlichen heuer allerdings nicht antreten. Der Grund: Martin Huber, suspendierter ehemaliger Klubchef im niederösterreichischen Landtag, kandidiert mit der Liste "Plan B", auf der sieben aktuelle FPÖ-Gemeinderatsabgeordnete stehen. Das Schlusslicht in den Ergebnislisten der Blauen vor fünf Jahren bildete Puchenstuben im Bezirk Scheibbs mit 2,3 Prozent.

Die Grünen treten in 126 Gemeinden an. Für sie ist das Wiener Umland von besonderer Bedeutung. Ob ihnen die Regierungsbeteiligung hilft oder schadet, kann aus den Ergebnissen eher nicht abgeleitet werden. Zu erwarten wäre eher ein Startvorteil, schließlich gelten die niederösterreichischen Grünen nicht als besonders links. Die grüne Hochburg war 2015 denn auch Breitenfurt bei Wien (Bezirk Mödling) mit 31,2 Prozent. Auf Rang zwei im Ranking folgte einmal mehr die Bezirksstadt Mödling (23,8 Prozent). Die geringste Zustimmung für grüne Listen gab es in Ybbs a.d. Donau (Bezirk Melk) mit 1,4 Prozent. In der Wienerwaldgemeinde Eichgraben peilen die Grünen ihr erstes Bürgermeisteramt an.

Neos Landessprecherin Indra Collini berichtete, dass die Pinken mit 226 Kandidaten in 37 Kommunen ins Rennen gehen werden. 2015 haben die Neos in Pyhra (Bezirk St. Pölten) mit 18,1 Prozent ihr bestes Ergebnis feiern dürfen. Zweistellig waren sie außerdem noch in Michelbach (Bezirk St. Pölten) und Guntramsdorf (Bezirk Mödling) mit 15,4 beziehungsweise exakt zehn Prozent.

Die in Stockerau (Bezirk Korneuburg), Wolkersdorf im Weinviertel und Pillichsdorf (beide Bezirk Mistelbach) wegen der Auflösungen der Gemeinderäte durchgeführten Gemeinderatswahlen vom 24. März 2019 gelten gemäß Gemeinderatswahlordnung als allgemeine Gemeinderatswahlen 2020 und werden sich demnach in den Ergebnislisten vom 26. Jänner finden.