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Schluss mit dem Krach

Von Simon Rosner

Politik

Die türkis-grüne Regierung will das Böllern zu Silvester einschränken. Noch gibt es nichts Konkretes, aber eine geplante Novelle des Pyrotechnikgesetzes wird in diese Richtung gehen. Die Zeit ist auch reif.


Das Regierungsprogramm ist mit seinen 326 Seiten schon recht üppig ausgefallen. Teilweise geht es schon sehr weit ins Detail, etwa bei der geplanten "Regulierung der Haltung von Wachteln". Oder es ist Expertenwissen nötig, um zu verstehen, was genau gemeint ist wie bei der "Individualisierungspflicht für Netzbetreiber bei CG-NAT-Verwendung".

Der Hang zur Ausführlichkeit hat in einem Punkt des Regierungsprogramms aber pausiert, es wurden sogar fünf Buchstaben eingespart. Auf Seite 146 steht ohne weiteren Kontext: "Novellierung PyrotechnikG". Gemeint ist das Pyrotechnikgesetz, in dem unter anderem das Verbot festgeschrieben ist, Feuerwerk und Böller abzufeuern. Wer den Jahreswechsel nicht in einem schalldichten Bunker verbringt, wird freilich wissen, dass es zumindest einen Tag im Jahr gibt, an dem das Gesetz seine Wirkung deutlich verfehlt. Wobei: eigentlich auch nicht.

Denn das Pyrotechnikgesetz erlaubt den lokalen Behörden, konkret dem Bürgermeister, eine Ausnahme zu verfügen. Das Verbot, im Ortsgebiet wild herumzuknallen, kann also temporär aufgehoben werden, und häufig wird davon zu Silvester Gebrauch gemacht. In Salzburg ist das diesmal nicht der Fall gewesen. Und die Landeshauptstadt könnte Vorbild für Österreich sein.

Nicht nur das Regierungsprogramm bleibt dazu aber vage, wie zu erfahren war, hat dieser Punkt in den türkis-grünen Verhandlungen auch keine sonderlich große Rolle gespielt. Fakt ist aber auch: Er hat es ins Programm geschafft, und zwar auf Vorschlag der Grünen und im Unterkapitel zu "sauberer Luft und besserem Lärmschutz". Daraus lässt sich immerhin ermessen, in welche Richtung die geplante Novelle gehen wird.

Dass Türkis-Grün die Möglichkeit, Ausnahmen zu verfügen, für die lokalen Behörden komplett streichen will, ist aber nicht gesagt. Geht es nach den Wünschen der Grünen, und zuständig wäre hier Umweltministerin Leonore Gewessler, soll es aber zumindest weitere gesetzlich verankerte Einschränkungen geben.

Salzburg als Vorreiterin Sachen Verbot

Salzburg hat recht gute Erfahrungen gemacht, jedenfalls bessere als erwartet. An das Verbot haben sich zwar nicht alle gehalten, doch es sei insgesamt deutlich weniger geböllert worden, heißt es aus dem Büro von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP), der sich schon vor Jahren dafür aussprach, keine Ausnahmegenehmigung für Silvester mehr zu erteilen. Begleitet wurde dies allerdings auch von einer Informationskampagne, vor allem über Social Media, aber auch über Plakate in der Stadt, um speziell die Touristen aufzuklären. Die Stadt Salzburg hat zudem keine Genehmigung für den (mobilen) Feuerwerksverkauf auf stadteigenen Flächen erteilt. Laut Polizei hat es dann zu Neujahr "rund 50 Einsätze in Bezug auf missbräuchliche Verwendung von Pyrotechnik" gegeben, weniger als in früheren Jahren, es sei eine "ruhige Silvesternacht" gewesen.

Bürgermeister Preuner gehört der ÖVP an, im rot regierten Wien gibt es seit vielen Jahren keine Ausnahmen mehr und die Grünen waren aus Umweltschutzgründen ja ohnehin immer schon gegen die notorische Silvesterknallerei. Auch das Tierwohl spielt dabei eine Rolle, da vor allem Hunde sehr unter dem Lärm leiden. 600.000 Hunde gibt es in Österreich samt ihren mitleidenden Herrln und Frauerln aller Couleurs. Auch die FPÖ hat sich dem Thema bereits angenommen, wenn auch bisher meistens über Langzeitchef Heinz-Christian Strache, der jedes Jahr zum Böllerverzicht im Sinne der Hunde aufrief. Auf kommunaler Ebene appellieren die Freiheitlichen immer wieder in Richtung Verzicht von Feuerwerk. Auch der SPÖ-Klub im Nationalrat zeigt sich gesprächsbereit, wenn es um saubere Luft und das Tierwohl geht, ebenso die FPÖ, die aber "gleichzeitig eine grüne Verbotskultur" ablehnt. Beide Parteien wollen aber abwarten, was ÖVP und Grüne einbringen.

Die Pyrotechnik ist aber nicht nur ein Tierwohl- und Luftthema, da Feuerwerke zu Silvester große Mengen an Feinstaub erzeugen, es gibt auch direkte Gesundheitsaspekte, da sich rund 200 Personen jedes Jahr bei der Knallerei so weit verletzen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Oft genug erwischt es Kinder und Jugendliche, auch wenn diese gar nicht böllern dürften. Der Gesetzgeber traut unter 18-Jährigen offenkundig keine reife Entscheidung bei der Pyrotechnik zu, er hat sie deshalb explizit als Personengruppe selbst im erlaubten Fällen ausgenommen. Die Realität ist freilich eine andere, ein oft unheilvoller Gruppendruck gerade bei Teenagern eine Tatsache.

Keine Frageder Parteipolitik

Die vielen Aspekte sind wohl auch ein Grund, warum bei dieser Frage Parteipolitik eine eher untergeordnete Rolle spielt. Zumindest mittlerweile. Eine Umfrage in Salzburg ergab auch, dass zwei Drittel für ein Pyrotechnikverbot zu Silvester sind. Seit Jahren weisen auch Tierschützer via Social Media verstärkt auf das Leid der Hunde hin, zudem hat das Thema Feinstaub auch eine größere Relevanz erhalten.

Noch gibt sich das Ministerium jedenfalls zurückhaltend zu der geplanten Novelle, bis zum nächsten Silvester ist auch noch Zeit. Allerdings, und auch das ist eine Erkenntnis aus der Stadt Salzburg, braucht es wohl eine begleitende Kampagne, und zwar nicht kurz vor Neujahr. Sonst gibt es höchstens mehr Anzeigen, nicht aber weniger Knallerei.