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Reparatur nach türkis-blauem Pfusch bei Mindestpension

Von Karl Ettinger

Politik

Der Nationalrat beschließt diese Woche eine nachträgliche Auszahlung für heuer.


Vor der Nationalratswahl haben ÖVP und FPÖ trotz des Bruches der Koalition nach der Ibiza-Affäre noch rasch einen Teil der Steuer- und Abgabenentlastung beschlossen. Konkret ging es um Vergünstigungen bei der Sozialversicherung für Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen. Ehepaare mit niedrigem Gesamteinkommen als Bezieher einer Ausgleichszulage von rund 1500 Euro im Monat hätten davon nicht profitiert. Sie sind um die Erhöhung der Mindestpension um 3,6 Prozent ab Beginn dieses Jahres umgefallen. Über Initiative von SPÖ und FPÖ wird das jetzt in der Sitzung des Nationalrats am Donnerstag dieser Woche repariert.

Mit der nachträglichen Gesetzessanierung profitieren schätzungsweise 17.000 bis 20.000 Ehepaare, also zwischen 34.000 und 40.000 Personen mit niedrigen Pensionen. Sie erhalten pro Monat nachträglich ab Jänner 50 Euro mehr Pension, im Jahr 700 Euro. Die beiden Regierungsparteien ÖVP und Grüne haben sich dem Änderungsantrag angeschlossen. Basis für die Korrektur ist ein Antrag zum Widerspruchsrecht bei Bescheiden der Pensionsversicherung.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch spart dennoch nicht mit Kritik an der früheren türkis-blauen Koalition. Es habe sich bei dem eilig vor der Nationalratswahl beschlossenen Vorgriff auf die Steuerreform um eine "weitere Husch-Pfusch-Aktion" von ÖVP und FPÖ gehandelt, weil die Anhebung der Ausgleichszulagen für diese Paare mit 1. Jänner 2020 nicht berücksichtigt worden sei. Die "ständige Hudelei", um rasch Gesetze durch das Parlament zu peitschen, sei zu Lasten der Arbeitnehmer und der Schwächsten im Land gegangen, beklagt der SPÖ-Sozialsprecher.

Blamage unter Gusenbauer, Panne bei FPÖ-Präsidenten

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass im Bemühen um eine sozial gerechte Lösung gepfuscht wurde. Auch die SPÖ war daran vor Jahren schon beteiligt. Besonders weitreichend waren die Folgen im Jahr 2008 während der Amtszeit von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ). Auch damals erfolgte eine sozial gestaffelte Erhöhung. Diese erfolgte aber dann so, dass sie beim Europäischen Gerichtshof später erfolgreich angefochten wurde.

Dieser stellte eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts fest. Es ging um Nachteile für Mindestpensionen unter 747 Euro im Monat, wobei Frauen überdurchschnittlich häufig betroffen waren. Eine Nachzahlung wurde dann für rund eine halbe Million Mindestpensionisten fällig. Diese erfolgte in der folgenden Amtszeit von Bundeskanzler Werner Faymann und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (beide SPÖ).

Schon davor war während der schwarz-blauen Koalition nach der Jahrtausendwende gepfuscht worden. Unter dem Vorsitz des damaligen Zweiten Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn (FPÖ) gab es bei einer Abstimmung eine Panne. Die Reform der Beamtenpensionen musste daraufhin 2001 nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nochmals beschlossen werden. Prinzhorn hatte sich bei der Abstimmung in sogenannter Zweiter Lesung geirrt und über das gesamte Pensionspaket nicht abschließend abstimmen lassen. ÖVP und FPÖ mussten den Fehler ausbügeln.