Nachdem in der vergangenen Nacht auch die siebente Verhandlungsrunde für einen neuen Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft gescheitert ist, wird die Gewerkschaft ihre Kampfmaßnahmen deutlich ausweiten. Am 24. und 25. März werden weitere Streiks stattfinden, für 10. März sind mehrere Demonstrationen angekündigt. Die Verhandlungen sollen dann am 26. März fortgesetzt werden.
Die Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Barbara Teiber, kündigte an, dass die Streiks am 24. und 25. März ausgeweitet werden. "Da geht es wirklich darum, auch Institutionen zuzusperren und nur mehr einen Notdienst einzurichten, wo es um die Würde und die Gesundheit der Menschen geht", sagte Teiber im Ö1-"Morgenjournal".Aus der Gewerkschaft hieß es am Dienstag gegenüber der APA, an den Streiks würden sich deutlich mehr als die rund 400 Einrichtungen von voriger Woche beteiligen. Außerdem würden auch wesentlich mehr Einrichtungen den ganzen Tag komplett zusperren.
Ein Schwerpunkt der Streiks soll diesmal bei der Nachmittagsbetreuung der Kinder liegen. So soll etwa der Verein "Bildung im Mittelpunkt", der an 116 Standorten in Wien mit mehr als 1.500 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen rund 25.000 Kinder betreut, bestreikt werden. Aus der Gewerkschaft hieß es dazu, es könne durchaus sein, dass Eltern bzw. Angehörige einspringen müssen. Weitere Details der Streiks müssen erst ausgearbeitet werden. Teiber bekräftigte aber, dass es einen Notdienst geben werde, wenn es um die Gesundheit und die Würde von Menschen gehe.
Demonstrationen werden ausgeweitet
Neben den Streiks werden auch die Demonstrationen ausgeweitet. Nach der Kundgebung mit rund 3.000 Teilnehmern in der vorigen Woche in Wien, werden die Beschäftigten der Sozialwirtschaft am 10. März nicht nur in der Bundeshauptstadt, sondern auch in Linz und in Graz auf die Straße gehen.Weiter verhandelt wird dann wieder am 26. März über den Kollektivvertrag für die 125.000 Beschäftigten im privaten Gesundheits-, Sozial- und Pflegebereich.
In der vergangenen Nacht hat es zwar Fortschritte gegeben, für eine Einigung hat es aber auch in der siebenten Runde nicht gereicht. Das Angebot der Arbeitgeberseite für eine 37 Stunden-Woche in zwei Jahren war der Gewerkschaft zu wenig, sie beharrt auf einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Auch die von der Arbeitgeberseite vorgelegten Gegenforderungen wie eine Reduktion der Mehrarbeitszuschläge von 50 auf 33 Prozent war für die Gewerkschaft nicht akzeptabel."Wir sind dazu bereit, die Arbeitszeitverkürzung über Etappen durchzuführen", bekräftigte Teiber den Standpunkt der Gewerkschaft. "Das ist uns klar, dass das nicht von heute auf morgen gehen kann, aber eben über einen längeren Zeitraum und da kann man sehr wohl planen. Und der Punkt ist einfach, wenn wir heute die Arbeitsbedingungen nicht verbessern oder heute zumindest starten damit, dann werden wir in zehn Jahren einen Pflegenotstand erleben in einem Ausmaß, der dann nicht mehr bewältigbar ist", meinte die GPA-Vorsitzende.
Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden in 2 Jahren "nicht greifbar"
125.000 Beschäftigte im privaten Gesundheits-, Sozial- und Pflegebereich sind von dem Kollektivvertrag betroffen. Die siebente Runde bedeutete bereits einen Verhandlungsrekord, so lange war in der SWÖ noch nie über den Kollektivvertrag verhandelt worden. Die achte Runde soll am 26. März stattfinden. In der Zwischenzeit rufen die Gewerkschaften wieder zu Streiks auf, um ihrer Forderung nach einer 35-Stunden-Woche Nachdruck zu verleihen.
Vida-Verhandlerin Michaela Guglberger machte die Arbeitgeber für das Ausbleiben einer Lösung in den Verhandlungen verantwortlich. "Es ist am Arbeitgeber-Angebot gescheitert", sagte sie in der Nacht auf Dienstag nach dem Verhandlungsmarathon. Eine Arbeitszeitverkürzung auf 37 Stunden in zwei Jahren - wie von den Arbeitgebervertretern vorgeschlagen - sei für die Beschäftigten nicht greifbar, so Guglberger.
"Das können wir den Kolleginnen und Kollegen nicht zumuten", sagte die Gewerkschafterin und meinte, die Beschäftigten hätten sich etwas Besseres verdient. Die Gegenforderungen der Arbeitgeber würden eine massive Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeuten, fügte sie hinzu. Am 10. März soll nun eine große Demonstration stattfinden, weiters wurden für die Zeit bis zur nächsten Verhandlungsrunde Streiks angekündigt.
Positiv beurteilte Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft GPA-djp, die Tatsache, dass man in den Verhandlungen endlich beim Thema Arbeitszeitverkürzung angekommen sei. Sie wertete das als Ergebnis der Streiks der vergangenen Woche. "Aber das Angebot reicht noch nicht", bedauerte sie. Bei so vielen Gegenforderungen der Arbeitgeber müssten sich die Beschäftigten ihre eigenen Vorteile wieder selbst finanzieren, kritisierte sie.
Deswegen stimme das Gesamtpaket noch nicht, erklärte die Verhandlerin. "Es ist noch zu wenig bei der Arbeitszeitverkürzung und zu viel bei den Gegenforderungen", so Scherz. Die Stimmung sei nun schon etwas gereizt, weil eigentlich alle mit einem Abschluss gerechnet hatten. "Es fällt uns schwer, freundlich zu bleiben, aber wir bemühen uns", sagte sie nach den stundenlangen Gesprächen.
Gegenforderungen "Dinge, die wir seit Jahren fordern
Walter Marschitz, Verhandlungsführer der SWÖ-Arbeitgeber, wiederholte in der Nacht auf Dienstag, dass das Angebot der Arbeitgeber bereits "ein hartes Stück Arbeit" gewesen sei. "Wir haben schon viel Raum für Kompromisse ins Spiel gebracht", sagte er. Die Gegenforderungen seien lediglich "Dinge, die wir schon seit Jahren fordern", so Marschitz.
Die siebente Verhandlungsrunde habe sicher eine Annäherung gebracht, aber leider keine Einigung. Dabei seien die 37 Stunden schon eine ordentliche Überwindung von Arbeitgeberseite gewesen, betonte Marschitz. "Wir verstehen, dass es schwierig ist. Aber dass es in zwei Jahren nicht gehen soll, verstehen wir nicht", konterte Gewerkschafterin Guglberger.
Die Gewerkschaften kündigten an, sich weiterhin für eine echte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich einzusetzen. "Wir werden unsere Warnstreiks daher österreichweit als Streiks fortsetzen", sagte Scherz. (apa)