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Kindergärten finanziell bedroht

Von Martina Madner

Politik

Mangels Kindern sinken auch die Einnahmen. In machen Bundesländern leiden Betreiber mehr, in anderen weniger.


Es war eine der ersten Maßnahmen, um die Ausbreitung von Sars-CoV-2 einzudämmen. Wie für Schulen gab es schon am 13. März einen Erlass für Kindergärten. Die Landeshauptleute, schließlich ist Kinderbetreuung Bundesländer- oder Gemeindekompetenz - mögen anordnen, dass der Betrieb in Kindertagesstätten einzuschränken sei. Um die Kinderdichte zu verringern und die Anzahl der Sozialkontakte zu reduzieren, sollen möglichst viele Kinder zu Hause betreut werden.

Ausnahme seien Kinder, deren "Eltern beruflich unabkömmlich sind", "jedenfalls" medizinisches und Pflegepersonal, Personal von Blaulichtorganisationen, Mitglieder von Einsatz- und Krisenstäben, Personen, die in der Versorgung tätig sind, sowie Angestellte in Apotheken, Supermärkten und öffentlichen Verkehrsbetrieben oder auch Alleinerziehende.

Ziel erfüllt: Von Kinderdichte kann keine Rede mehr sein. In Wien sind nun nicht wie sonst 86.000 in Kindergärten und rund 17.000 in Horten, sondern nur ein Prozent. In Oberösterreich sind es 0,2 Prozent von sonst 63.000 unter 14-Jährigen in Betreuung und in Kärnten 120 von sonst 20.500 Kindern. Das bringt insbesondere die 44,4 Prozent privaten Erhalter in wirtschaftliche Bedrängnis. Aus dem Bildungsministerium wird auf die Länderkompetenz verwiesen, man könne daher "nicht einfach finanzielle Unterstützungen gewähren". "Private Träger spüren wieder einmal den Föderalismus sehr, manche werden entlastet, andere haben weiterhin finanzielle Sorgen", heißt es dagegen von der Plattform "Auftrag Bildung", wo Träger privater Kindergärten organisiert sind.

Drei Bundesländer- Beispiele

  • Kärntens Kinderstipendien

In Kärnten trägt das Land sonst 66 Prozent der Elternbeiträge als Kinderstipendium, dazu 33.000 Euro pro Kindergartengruppe und 95.000 Euro für Kleinstkindergruppen pro Jahr an Landesförderung. Die gibt es weiter, egal, ob zwei oder drei statt der sonst 20 Kinder anwesend sind. Das Stipendium gibt es nur zu 50 Prozent. Man forderte die Betreiber auf, auch die Elternbeiträge um zumindest 50 Prozent zu reduzieren.

"Das sorgt für Unsicherheit bei den Kindergruppen", sagt Grete Miklin vom Bundesverband Österreichischer Elternverwalteter Kindergruppen. "Gerade im ländlichen Bereich sind die Häuser klein. Ein Betreuungsverhältnis von eins zu vier anzubieten und gleichzeitig Kurzarbeit anzumelden ist da kaum möglich." Das Kinderstipendium zu kürzen sei bedrohlich - "ein falsches Signal des Landes". Schon gibt es Gerüchte, dass schwarze Schafe nun die anderen 50 Prozent von den Eltern verlangen. Miklin legt für ihre 40 Mitglieder in Kärnten die Hand ins Feuer, dass sie das nicht tun.

Die Plattform "Auftrag Bildung" hofft auf eine Entschädigung des Landes. Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) kritisiert die Zurückhaltung des Bundes: "Sich auf irgendwelche formalrechtlichen Justament-Standpunkte zurückzuziehen und Eltern, Länder und Gemeinden einfach im Stich zu lassen, hilft niemandem", sagte Kaiser.

  • Wiens Sonderfinanzierung

Aus Wien heißt es zwar auch, dass der Bund "aktiv werden" müsse; Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) sagte aber auch: Kindergärten und Horte seien "besonders wichtige Infrastruktur- und Bildungseinrichtungen, die nach der Corona-Krise wieder in vollem Umfang gebraucht werden." Die Stadt Wien zahle deshalb die laufende Förderung weiter. Als Sonderfinanzierung für "nicht Konsumiertes wie das Essen gibt es für März eine einmalige Sonderzahlung pro Kind von 68,23 Euro", damit diese den Eltern solche Gelder refundieren können. Da der Elternbeitrag ein "Grundpfeiler der Finanzierung" sei, hofft die Plattform "Auftrag Bildung" auf eine generelle Lösung - auch eine Abgeltung des Elternbeitrags in den kommenden Monaten.

Den privaten Hortbetreibern wird für jedes Kind der Hortbesuchsbeitrag in der Höhe der städtischen Besuchsbeiträge von 176,73 Euro pro Kind ersetzt. Und: "Die Trägerorganisationen sind verpflichtet, diese finanzielle Entlastung in vollem Umfang an die Eltern weiterzugeben".

Von den Wiener Kinderfreunden, die normalerweise rund 12.000 Kinder in rund 160 Kindergärten, aktuell zwischen 150 bis 400 Kinder betreuen, heißt es: "Das sichert den Grundbetrieb für kurze Zeit" - allerdings nicht zur Gänze. Kurzarbeit werde man keine anmelden, das sei nur für drei Monate möglich: "Wir erwarten nach Ostern wieder einen beträchtlichen Anstieg der Kinderzahlen und ab Mai nahezu Normalbetrieb."

  • Oberösterreichs Gemeinden

Für die Kinderbetreuung in Oberösterreich sind die 438 Gemeinden zuständig, manche bieten selbst einen Kindergarten an, 48,5 Prozent sind laut Statistik private Träger. In Summe gibt es laut Auskunft des Landes circa 500 verschiedene. Die privaten erhalten vom Land den gleichen Beitrag pro Gruppe wie Gemeindekindergärten. Insgesamt sind für 2020 230 Millionen Euro budgetiert. Für Kinder zwischen dem 30. Lebensmonat bis zum Schuleintritt müssen Eltern vormittags keine Beiträge bezahlen; für den Nachmittag - jüngere wie ältere Kinder im Hort - werden sozial gestaffelt Elternbeiträge verrechnet. Diese bleiben im Moment gerade weitgehend aus. Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) sagte sogar, dass die Kindergärten keinen Elternbeitrag einheben dürfen, "wenn die Betreuung nicht angeboten werden kann". Bezahlte Beiträge müsse man refundieren; auch für Kinder, die kommen, könne man "auf Beiträge verzichten".

Oberösterreichs Kindergärten legen das Wörtchen "jedenfalls" systemrelevante Berufe "ausschließlich" aus. Auch die Oberösterreichischen Kinderfreunde, die mit rund 600 Beschäftigten 72 Einrichtungen betreiben - mit sonst knapp 6000 Kindergarten- und Hortkindern, jetzt aber nur 150: "Viele sind zu, die Kosten, wie etwa Miete, laufen weiter", sagt die Geschäftsführerin Petra Sucherbauer. Seit 1. April arbeiten die Beschäftigten in Kurzarbeit nur mehr zehn Prozent. "Der Erlass wirkt. Nun hat es oberste Priorität, die Arbeitsplätze zu erhalten." Lange war unklar, ob das Land einspringt. Auf Anfrage der "Wiener Zeitung" stellt Haberlander nun klar: "Jegliche Ausfälle trägt die Gemeinde als Abgangsdecker. Um diese hier nicht allein zu lassen, stellt das Land Oberösterreich bis zu zehn Millionen Euro für Entlastungsmaßnahmen der Gemeinden im Kinderbetreuungsbereich bereit."