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Was ab nun gilt: Lockerungen mit vielen Regeln

Politik

Die neue Verordnung erlaubt mehr Bewegung und soziale Kontakte, doch es wird komplizierter als bisher. | Am Samstag sperren Einkaufszentren auf, am Montag beginnt die schrittweise Schulöffnung.


Folgendes Tagesprogramm ist ab Samstag möglich: In der Früh zum Friseur, die Haare schön machen; mittags eine Shoppingtour in einem Einkaufszentrum, danach die Verspannung durch das Tragen der vielen Sackerln wegmassieren lassen; nachmittags vielleicht zur Yogastunde in den Park, abends mit einigen Freunden draußen ein Gläschen genießen. Man muss das alles nicht tun, es ist nun aber wieder möglich.

Dass es nicht immer sinnvoll ist, das Wiedererlaubte gleich am ersten Tag zu konsumieren, ist eine Erfahrung, die jene machen mussten, die stundenlang für einen Burger in der Warteschlange vor dem Drive-in einer Fastfood-Kette im Auto saßen oder sich vor einem Baumarkt die Beine in den Bauch standen. Das mag unangenehm sein, ist aber noch kein Problem hinsichtlich der Epidemie. Diese will die Regierung unter Kontrolle halten, weshalb es begleitende Maßnahmen dieser schrittweisen Öffnung gibt. Vor allem eine neue Verordnung.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Montag in einer Rede weniger Regeln angekündigt und mehr Eigenverantwortung eingemahnt. Auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) tat dies am 1. Mai. "Jeder und jede von uns ist jetzt in ganz besonderem Ausmaß ein Teil der Lösung. Wir alle bestimmen mit unserem Verhalten über die Rückkehr zum Alltag, jede und jeder übernimmt Eigenverantwortung."

Wenige Stunden vor Inkrafttreten wurde die "Covid-19-Lockerungsverordnung" kundgemacht, die die bisherige Rechtsnorm zu den Bewegungseinschränkungen im öffentlichen Raum ablöste. Diese ermöglicht zwar mehr Bewegung, weniger Regeln bietet sie aber nicht. Im Gegenteil. Die nunmehrige "Lockerungsverordnung" reglementiert sogar auf fünf Seiten: drinnen, draußen, Sport, Geschäfte, Schule, Taxis und so weiter. Neu ist auch eine Maskenpflicht nicht nur in Geschäften, sondern auch auf offenen Märkten sowie im Inneren von Einkaufszentren. Auch diese können ab diesem Samstag wieder aufsperren.

In der Plus City in Pasching wurde ein eigenes Sicherheitskonzept erarbeitet. Es gibt eine Begrenzung der Besucherzahlen im Einkaufszentrum, es werden auch Wärmekameras zum Einsatz kommen, allerdings auf freiwilliger Basis, zur Fiebermessung. Sicherheitspersonal wird darauf achten, dass es zu keinen spontanen Menschenansammlungen kommt. In den Geschäften ist pro 10 m2 ein Kunde erlaubt, die Vorgabe wurde von der Regierung halbiert. Bisher waren es 20 m2 pro Kunde. Diese Quadratmeter--Regel gilt auch für die Einkaufszentren und deren Gesamtfläche selbst.

Einkaufszentren und Friseure öffnen wieder

Richard Lugner, der in Wien die Lugner-City betreibt, sah sich zumindest tags zuvor außerstande, dies verlässlich kontrollieren zu können, da sein Einkaufszentrum über mehrere Eingänge und zudem eine Tiefgarage verfüge, Menschen ständig raus und rein gingen. In anderen Einkaufszentren sei dies eher möglich, so Lugner.

Wie das nun genau geregelte Tragen von Masken und das behördliche Vermeiden von Menschenansammlungen in der Praxis exekutiert werden wird, dürfte spannend werden. Die Lugner-City sei, sagte der Betreiber, auch ein Treffpunkt für Jugendliche. Da die Gastronomiebereiche aber noch nicht offen haben, glaubt Lugner nicht an einen Ansturm. "Aber es ist ganz schwer abzuschätzen." Erfahrungswerte gibt es aus Europa noch nicht, nur aus Wuhan und aus Südkorea, wo ein Run ausblieb. Das kann in Österreich aber ganz anders sein. Das Donauzentrum wurde einer Grunddesinfektion unterzogen, und auch während des Tages wird intensiv gereinigt und desinfiziert - auch Griffstangen, Handläufe und Türklinken.

Einen, wenn auch geregelten, Ansturm erwarten die Friseure. Einige sperrten bereits am Feiertag auf. Als Kurz am 6. April die Öffnung ankündigte, gingen bereits die ersten Reservierungen ein. Aufgrund der verbreiteten Praxis von Terminvergaben wird es bei den Friseuren aber eher zu keinen Menschenansammlungen kommen. Diese will die Regierung vermeiden, da sie ein höheres epidemisches Risiko bergen. Eine infizierte Person könnte viele andere anstecken. Dies zieht sich durch die gesamte Lockerungsverordnung. Dort, wo mehr Menschen zusammenkommen, muss Abstand gehalten und im Inneren eine Maske getragen werden.

Veranstaltungen daheim sind erlaubt

Veranstaltungen in privaten Wohnbereichen können laut der Verordnung stattfinden. Und zwar ohne Beschränkungen. Dies wäre auch verfassungsrechtlich problematisch. Laut Verordnung sind private Veranstaltungen explizit von einer Beschränkung von zehn Personen ausgenommen. Im öffentlichen Raum dürfen sich maximal zehn Personen gemeinsam einfinden.

Ab Montag beginnt dann auch das erste Kapitel der Schulöffnung. Rund 100.000 Maturanten werden an ihre Schulen zurückkehren, sie bilden gewissermaßen die Vorhut. Alle übrigen müssen noch zwei Wochen daheim bleiben. Dafür werden, was zumindest für die Kleineren wichtig ist, die Spielplätze in Wien ab Montag wieder schrittweise zur Verfügung stehen. Zuständig dafür sind die Kommunen.

Auch in Alten- und Pflegeheime wird sich etwas ändern. Die zuständigen Bundesländer beginnen ab dem 4. Mai damit, das Besuchsverbot zu lockern. Es wird aber noch Einschränkungen geben. In Kärnten müssen Besuche genehmigt werden, es soll nur eine Person kommen und keine Kinder unter sechs Jahren. In Niederösterreich wird es kontaktlose Fiebermessungen geben und eine zeitliche Beschränkung. In Wien will man Besuche nur außerhalb der Zimmer erlauben.(sir)

In erster Version wurde die Verordnung dahingehend interpretiert, dass private Veranstaltungen auf privatem Grundstück nur von der 10-Personen-Grenze ausgenommen sind (Absatz 1). Allerdings finden auch die übrigen Absätze (Quadratmeterbeschränkung pro Person, Maskenpflicht) keine Anwendung. Das teilte das Gesundheitsministerium mit.