Die von Tirols Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) als "widerwärtiges Luder" bezeichnete WWF-Aktivistin will es nicht bei einer schriftlichen Entschuldigung bewenden lassen, sondern verlangt auch eine mündliche Entschuldigung Geislers. "Ich fordere, dass er das auch mündlich zu mir sagt", meinte die Frau im Ö1-"Mittagsjournal".
Zu einer mündlichen Entschuldigung dürfte es auch kommen, denn eine Sprecherin Geislers sagte der APA, dass der Landeshauptmannstellvertreter zu einem persönlichen Gespräch bereit sei: "Einem solchen steht nichts entgegen".
"Eine reine Entschuldigung mittels übermitteltem PDF-Dokument reicht mir nicht aus", ließ die WWF-Aktivistin Geisler wissen. Zudem wolle sie, dass Geisler dies auch "medial korrigiert". Denn die Art und Weise, wie der Politiker am Donnerstag die Entschuldigung über die Medien ausgerichtet habe, sei "sehr fadenscheinig" gewesen und habe der "Beleidigung eine Verleumdung noch oben draufgesetzt". Die WWF-Mitarbeiterin sprach von einer "extremen Entgleisung" Geislers, die "frauenverachtend" gewesen sei und einen "Umgang mit Naturschutz deutlich macht, der einfach skandalös ist".
Geislers Büro: "Luada" umgangssprachlich, "nicht zwingend negativ
Nach seiner öffentlichen Entschuldigung hatte Geisler der WWF-Vertreterin ein "persönliches Schreiben" geschickt, wie er gegenüber der APA erklärte.
"Darin habe ich auch richtiggestellt, dass nicht ich unterbrochen wurde, sondern die Aktivistin von mir unterbrochen wurde. Ich hoffe, dass die Entschuldigungen für mein Fehlverhalten angenommen werden", meinte der Landeshauptmannstellvertreter. "Weitere wortreiche Erklärungen" könnten dem 'Es tut mir leid. Und ich entschuldige mich aufrichtig für meine inakzeptable Aussage' nichts hinzufügen, so Geisler.
Indes nahm sich auch die "Süddeutsche Zeitung" dem Aufreger an. Dort gab das Büro Geislers "Aufklärung" im Tirolerischen. Geisler habe den Ausdruck "ohne jedwede Aggression verwendet", so die Erklärung einer Sprecherin. "Luada" werde in Tirol "umgangssprachlich für eine schlitzohrige, hartnäckige Person verwendet, die einen austrickst". Der Ausdruck sei zudem "nicht zwingend negativ". "Ursprünglich stammt der Begriff - wie Sie sicher wissen - aus der Jägersprache und bezeichnet einen Köder zum Anlocken von Raubtieren", wurde der Zeitung zudem mitgeteilt. Die Äußerung sei zwar "inakzeptabel", aber "in keiner Weise frauenfeindlich gemeint" gewesen.
Aussagen, die den Tiroler Neos-Landessprecher Dominik Oberhofer auf die Palme brachten und "entsetzten": "Diese Aussagen lassen tief blicken, man ist sich keiner Schuld bewusst. Hier müssen Konsequenzen gezogen werden. Solche Aussagen und Rechtfertigungen haben in einer Regierung keinen Platz".
Platter: "Indiskutable Entgleisung", aber Geisler habe sich entschuldigt
Unterdessen meldete sich auch Tirols ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter in der Sache zu Wort. Er sprach von einer "indiskutablen Entgleisung" seines Regierungsmitgliedes. Für diese habe sich Geisler aber "richtigerweise sofort in aller Form öffentlich und auch persönlich bei der Umweltaktivistin entschuldigt".
Erneute Kritik erntete der ÖVP-Politiker Geisler indes vom Koalitionspartner Grüne. Landtagsvizepräsidentin Stephanie Jicha stieß sich daran, dass die Aussage "widerwärtiges Luder" mit "Jägerlatein und anderen Erklärungsversuchen" in der "Süddeutschen Zeitung" relativiert worden sei. Dies mache die Sache noch schlimmer. "Wenn 'widerwärtiges Luder' nicht sexistisch ist, was dann", so Jicha. Für sexistische Aussagen dürfe es im Jahr 2020 keinen Platz in der Politik geben: "Wer das als Inhaber eines hohen Amtes nicht verstanden hat, ist deplatziert".
Sager auf Video
"Widerwärtiges Luder" hatte Geisler die WWF-Aktivistin am Mittwoch am Landhausplatz in Innsbruck bei der Übergabe einer Petition gegen das Wasserkraftwerk Tumpen-Habichen genannt. Die Aussage war auf einem Video zu hören, das von der Naturschutzorganisation anschließend auf Youtube publiziert wurde. Zuvor war es zu einem Wortwechsel zwischen Geisler und der Frau über die Verschlechterung von Flüssen gekommen. Neben Geisler stand Tirols grüne Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe. Zu dieser wandte sich der ÖVP-Politiker und meinte: "Siehst, die lässt mich gar nicht reinreden. Widerwärtiges Luder".
Der WWF verlangte am Donnerstag schließlich eine sofortige Entschuldigung Geislers und sprach von einer "inakzeptablen Entgleisung". Felipe gab an, sich darüber zu ärgern, die Aussage ihres Regierungskollegen "in dem Moment nicht gehört" zu haben. (apa, red)