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Ob es reicht, sieht man später

Politik

Wirtschaftsforscher sehen in den geplanten Maßnahmen der Regierung einen guten Weg.


Das ist ein erster Schritt des Umbaues der Akutmaßnahmen hin zu einer nachfrageseitigen Umstrukturierung der Corona-Hilfsmaßnahmen." So bewertete der Direktor des Instituts für Höhere Studien, Martin Kocher, die Beschlüsse der Regierungsklausur. Insgesamt gibt es von den Ökonomen kaum Tadel an den Regierungsplänen, wie ein Rundruf der "Wiener Zeitung" zeigt.

Volatile Situation

Die Lage sei insgesamt noch sehr unsicher, vor allem was die gesundheitliche Situation betrifft. In einer solch volatilen Zeit könne man mit Konjunkturmaßnahmen nicht sehr viel erreichen. Es sei daher gut, dass die Regierung einen Kompromiss gefunden habe, sagt Kocher. Er bewertet vor allem die Einmalzahlungen - 450 Euro für Arbeitslose, 360 Euro pro Kind - als sinnvoll. Einerseits wirkten diese konsumankurbelnd und damit wachstumsfördernd, andererseits verschieße man das Pulver damit nicht.

Ob die Regierung mehr tun hätte können, beantwortet Kocher so: "Man kann immer mehr tun, Ich glaube aber nicht, dass man mehr tun hätte sollen." Eben weil die Lage noch so volatil sei. Am Ende komme es auf das Verhältnis der konsumunterstützenden und der wirtschaftsankurbelnden Maßnahmen an. Das sehe man aber erst nächstes Jahr.

Prinzipiell sei der Zugang sinnvoll, die Maßnahmen schnell zu beschließen, und sie nach einiger Zeit zu evaluieren und gegebenenfalls zu adjustieren, sagt auch Wifo-Chef Christoph Badelt. Das Gesamtbild der Maßnahmen sei in Summe sinnvoll.

Den auf fünf Prozent reduzierten Mehrwertsteuersatz für Gastronomie, Kunst, Kultur und Medien, versteht Badelt als Entlastung der jeweiligen Branchen: "Normalerweise fragt man bei einer Mehrwertsteuersenkung, ob sie auch an die Verbraucher weitergegeben wird." In diesem Fall sei das als Hilfe an die Unternehmer gedacht. Hier könnten direkte Zuschüsse stattdessen sinnvoller sein, meint der Wifo-Direktor. "Es gibt hier aber keine objektive Wahrheit", sagt Badelt.

Die Kritik am "Gießkannenprinzip" beim Familienbonus von 360 Euro pro Kind ist für Badelt nicht von der Hand zu weisen. "Auf der anderen Seite muss man sagen: Wenn man das Werturteil setzt, Menschen mit Kindern unterstützen zu wollen, dann geht das mit vertretbarem Verwaltungsaufwand fast nicht anders." Denn mache man die Unterstützung von der Einkommenshöhe abhängig, müsste man dafür sinnvollerweise das Haushaltseinkommen heranziehen, sagt Badelt. - Ein hoher Verwaltungsaufwand.

Gießkanne sinnvoll

Ob mit den Maßnahmen tatsächlich die Wirtschaft angekurbelt wird, könne man erst ex post sagen, urteilt auch Karin Heitzmann, Universitätsprofessorin am Institut für Sozialpolitik der WU Wien. Den Familienbonus betrachtet sie auch als Entschädigung für das Homeschooling. Dass dieser mit der Gießkanne an alle Familien gezahlt werde, sei möglicherweise aber auch der deutlich einfacheren Administrierbarkeit geschuldet. Die Senkung des Eingangssteuersatzes könne aber auch aus Genderperspektive interessant sein, sagt Heitzmann. "Das kann ein Anreiz für Zweitverdienerinnen sein, zu arbeiten oder die Arbeitszeit zu erhöhen."

Wolfgang Schwarzbauer, Forschungsvorstand von EcoAustria, sieht es ähnlich. Vor allem, dass Maßnahmen kurzfristig und einmalig gesetzt werden, sei sinnvoll und richtig - bei den Arbeitslosen zum Beispiel deshalb, "weil das mittelfristig hilft, diese wieder in den Arbeitsmarkt zu bringen". Daher dürfe man den Rucksack für die Zeit nach der Krise nicht zu voll füllen, so Schwarzbauer. Dass Geld nach dem Gießkannenprinzip fließt und mitunter auch Familien vom Familienbonus profitieren, die von der Krise gar nicht finanziell betroffen waren, sieht der Volkswirtschafter indes wenig problematisch. Wie groß die Effekte letztendlich sein werden, ob man das Geld also ausgibt oder spart, wird laut Schwarzbauer von den Erwartungen der Menschen in der Wirtschaft abhängen. (pech/temp/tsch)