Im Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger, Peter Hochegger und andere wegen Korruptionsverdachts bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) hat heute, am 145. Verhandlungstag, der damalige HypoVereinsbank-Vorstand Michael Mendel als Zeuge ausgesagt. Mendel saß in einem Exekutivkomitee der Bank Austria zur Genehmigung der Finanzierung der CA Immo.
Dieses Komitee, ein Kreditausschuss, sei damals im Jahr 2004, extra geschaffen worden, um die Vertraulichkeit in dem Verfahren zu erhöhen, erläuterte Mendel. Denn sonst wäre der gesamte Aufsichtsrat befasst worden. Mitglieder waren nur er, der damals im Aufsichtsrat der Bank Austria saß, der damalige BA-Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard Randa, und eine Betriebsrätin, die als Arbeitnehmervertreterin im BA-Aufsichtsrat war. In dem Ausschuss wurde vor der ersten Angebotsrunde für die Bundeswohnungen die Finanzierung für die CA Immo besprochen und genehmigt.
Randa könne sich aber an diesen Ausschuss gar nicht erinnern, sagte Richterin Marion Hohenecker in der Befragung des Zeugen. "Mei, er ist ja auch viel älter als ich", kommentierte Mendel. Allerdings musste auch er bei mehreren Fragen passen, weil er sich an die Vorgänge im Jahr 2004 nicht im Detail erinnern konnte, so konnte er etwa keine genauen Zahlen für die Finanzierung nennen. Eine Obergrenze von 960 Mio. Euro werde es wohl gegeben haben, meinte er in der Befragung.
Verärgerung bei Bank Austria
Mendel schilderte dann, wie man in der Bank Austria verärgert gewesen sei, dass es überhaupt noch eine zweite Runde im Bieterverfahren um die Bundeswohnungen gebe. Da sei wohl der Falsche vorne gelegen, habe er gehört. Wer genau ihm das damals gesagt habe, wisse er nicht mehr. Er sei ja hauptberuflich in München bei der Hypo-Vereinsbank tätig gewesen, damals der Mutterkonzern der Bank Austria.
In der ersten Bieterrunde war die CA Immo klar vor dem Konsortium aus Immofinanz, RLB OÖ und anderen gelegen. In einer kurzfristig vom Finanzministerium einberufenen zweiten Runde lag dann das Konsortium knapp vorne und erhielt den Zuschlag. Darauf floss im Geheimen eine Millionenprovision an Hochegger und Meischberger von der Immofinanz. Laut Anklage kassierten auch der Hauptangeklagte, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, und der Makler Ernst Plech - was Grasser, Plech und Meischberger bestreiten. Hochegger hat ein Teilgeständnis abgelegt.
Die Vertraulichkeit sei seiner Meinung nach in Österreich weniger gewahrt als in Deutschland, ließ Mendel im Zuge der Vernehmung durchblicken. "Wien ist, was die Vertraulichkeit von Informationen betrifft, ein bemerkenswerter Platz", hatte er in einer Aussage vor den Ermittlungsbehörden gesagt. "Was heißt das?" hakte die Richterin nach. "Ich war immer wieder beeindruckt, wenn das, was in einem Kreis von Bankern besprochen wurde, am nächsten Tag in der Zeitung stand. Ich kannte das so aus Deutschland nicht, dass es hier so einen großen Antrieb gibt, die Medien informiert zu halten", antwortete Mendel.
In die Befragung des Zeugen schaltete sich auch Grasser persönlich ein, der zum Verhältnis der Bank Austria zur Wiener Städtischen Versicherung nachfragte. Das Verhältnis zwischen den beiden sei damals, im Jahr 2004, gut gewesen, sagte Mendel. Er gehe aber davon aus, dass wenn es einen Interessenskonflikt etwa im BA-Aufsichtsrat gegeben hätte, dieser auch aufgezeigt worden wäre. Zum Hintergrund: Die Wiener Städtische war Teil des mit der CA Immo rivalisierenden Konsortiums. (apa)