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"Das gibt es ja nicht!"

Von Simon Rosner

Politik

Am Tag vor der Aussage von Kanzler Kurz vor dem U-Ausschuss tauchen SMS mit Strache auf.


Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Kanzler vor einen Untersuchungsausschuss geladen wird. Es handelt sich eben um den Regierungschef, und das Parlament ist auch Kontrollorgan der Exekutive. Sebastian Kurz war auch bereits vor den BVT-Ausschuss geladen, am Mittwoch muss er als Auskunftsperson in Sachen Ibiza und Postenbesetzungen unter Türkis-Blau erscheinen.

Die Befragung des Kanzlers könnte länger dauern. Unmittelbar danach ist Thomas Schmid, Vorstand der ÖBAG, geladen sowie Ex-Finanzminister Hartwig Löger. Beide sind Schlüsselfiguren in der Causa Casinos und Beschuldigte in dem strafrechtlichen Verfahren. Sie könnten sich daher großräumig entschlagen. "Löger war nie ein Mann großer Worte", sagt Christian Hafenecker, der Fraktionsführer der FPÖ. Für die Blauen ist der ehemalige Finanzminister, trotz seiner Position, eher nur eine Randfigur, Schmid die eigentlich interessantere Auskunftsperson. Und Kurz natürlich.

Ein wohl nicht ganz unbeabsichtigter Zufall wollte es, dass just am Tag vor der Ladung von Kurz einige SMS zwischen dem Kanzler und seinem damaligen Vize, Heinz-Christian Strache, via "Österreich" publik wurden. Der SMS-Verkehr zwischen den beiden ist der große Abwesende beim Untersuchungsausschuss. Geklärt ist nun, dass es einen Austausch gab und dieser auch nicht gelöscht wurde. Strache hätte als Auskunftsperson sämtliche Kurzmeldungen mit ÖVP-Politikern als Beweismittel vorlegen können, das wollte er nicht.

Nun, einen Tag vor der Aussage des Kanzlers (unter Wahrheitspflicht) kamen erste SMS zwischen Strache und Kurz heraus, die "Team HC Strache"-Generalsekretär Christian Höbart postwendend zu einer hymnischen Aussendung veranlassten, wonach die SMS eindrucksvoll belegen würden, wie "standhaft Strache stets original freiheitliche Themen und Schwerpunkte vertreten hat".

Bei den veröffentlichten SMS ging es um Kommunikation am Tag vor und am Tag der Veröffentlichung des Ibiza-Videos, aber auch um inhaltliche Abtäusche. Es ging um die Senkung der Körperschaftssteuer (ÖVP) gegen GIS-Gebühr und Mindestpension, sowie mutmaßlich um eine Pensionsreform.

Kurz wirft Strache vor, dass seine Zusage zu dieser (1,5 Milliarden schweren) Reform nicht hält, der damalige FPÖ-Chef dementiert dies und wirft Kurz wiederum Unehrlichkeit vor. Die Antwort des Kanzlers: "Das gibt es ja nicht. Das hast du am Sonntag bei mir zu Hause gesagt. Stefan, Herbert und Norbert waren dabei."

Die Neos wollen mehr Korrespondenz der beiden ehemaligen Koalitionspartner. Kurz solle seinen Kalender und seine SMS mit Strache dem U-Ausschuss vorlegen, sagte die Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper.

Die Neos legten Dokumente vor, die nahelegen sollen, dass es bei den Casinos (Casag) nicht nur um einen blauen Postenschacher ging. Alexander Labak, der ehemalige Vorstand, sagte laut Zeugenbefragung, dass die "Bestellung eines Casag-FPÖ-Vorstandes (Peter Sidlo, Anm.) mit der FPÖ-Zustimmung für eine Alleingeschäftsführung von (Thomas) Schmid bei der Öbag verschränkt ist." Die FPÖ bekommt Sidlo, die ÖVP Schmid bei der Staatsbeteiligung-AG. Das zweite Dokument, das die Neos vorlegten, ist eher ein skurriles Aperçu, nämlich eine Bewerbung eines Unternehmens als Aufsichtsrat für die Öbag beim Generalsekretär im Finanzministerium. Das war Thomas Schmid, der dann Öbag-Vorstand wurde. Sich also die eigene Kontrolle aussuchen durfte?

Fronten zwischen ÖVP und Neos verhärten sich

"Einen ,Tango Korrupti‘ kann man nicht alleine tanzen, nur zu zweit", sagte Krisper, für die es nicht nur eine FPÖ-Affäre ist. Für die ÖVP sehr wohl. "Wir untersuchen hier einen FPÖ-Skandal, der auf Ibiza aufflog", schrieb der ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl per Aussendung, es sei ein "peinlicher Skandalisierungsversuch mit alten Dokumenten" der Neos.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Kurz noch einmal geladen wird, ist groß. Die SPÖ will sich dem Deal hinter der Bestellung von Peter Sidlo widmen. Gleich zu Beginn der Causa ist eine Aktennotiz von Casag-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner publik geworden, wonach es "irgendeinen Hintergrunddeal mit den Blauen" gebe und Sildo daher ein "Muss" sei. Rothensteiner kommt dann tags darauf, am Donnerstag, in den U-Ausschuss sowie Finanzminister Gernot Blümel. Dessen Büroleiter Schmid war, ehe er ins Finanzministerium wechselte.