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Neue Notfallaktionen wegen Coronavirus

Von Brigitte Pechar

Politik

Oberösterreich schließt in fünf Linzer Bezirken alle Schulen und Kindergärten. Gesundheitsexperte Czypionka mahnt zu Vorsicht: "Das Virus ist nicht weg."


Der Tag, an dem weitere Lockerungen der Corona-Beschränkungen durch die türkis-grüne Bundesregierung erlassen wurden, brachte auch neue kurzfristige Krisenmaßnahmen. Am Mittwoch wurde angekündigt, dass nach vermehrten Corona-Fällen gleich in fünf Bezirken in Oberösterreich alle Schulen und Kindergärten geschlossen bleiben. Nach den Grenzöffnungen zu vielen Ländern im Juni hat das Außenministerium für die Staaten am Westbalkan, darunter Serbien, eine Reisewarnung verhängt. Gleichzeitig bereitete in Österreich der Anstieg der neuen Fälle an Corona-Infizierten den Gesundheitsveranwortlichen und der Bundesregierung zunehmendes Kopfzerbrechen.

Schon in den vergangenen Tagen haben Gesundheitsexperten davor gewarnt, beim Umgang mit dem Coronavirus zu sorglos zu werden. "Ich war immer ein Bremser bei den Lockerungen", sagt Thomas Czypionka, Gesundheitsexperte am Institut für Höhere Studien (IHS), zur "Wiener Zeitung". Der ursprüngliche Plan der Regierung hätte auch ein langsameres Vorgehen bei den Lockerungen vorgesehen - aber, so Czypionka, da sei der Druck von allen Seiten zu groß gewesen.

Ein dreistelliger Anstieg - von Dienstag auf Donnerstag gab es 107 Covid-19-Fälle mehr in Österreich, davon 61 allein in Oberösterreich - sei noch nicht dramatisch. "Aber es kann problematisch werden, wenn man das nicht unter Kontrolle bekommt." Das Tückische an Sars-CoV2 ist eben, dass eine Ansteckung anderer auch in der präsymptomatischen Phase möglich ist. Man wisse, dass ein Infizierter 2,5 bis 0,5 Tage vorher infektiös ist.

Der beste Schutz ist Beachtung der drei "C"

"Das Virus ist nicht weg", sagt Czypionka. Und: "Es gibt wenig, das man weiß, aber einiges weiß man eben: Das Virus neigt zu Superspreading." Und das wiederum werde durch drei C begünstigt: Closed Spaces, Crowded Places, Close-Contact Settings.

Mindestens zwei der drei C wurden sehr wahrscheinlich beim Linzer Cluster erfüllt: Kirchenangehörige, die in einem Raum singen. Wobei die Zahl der Partikel mit der Lautstärke zunimmt, gibt Czypionka zu bedenken.

Hinzu komme noch die biologische Seite: Manche Menschen seien Superemitter - sie stoßen besonders viele Partikel aus - und dann könne es in Verbindung mit einem Event sehr rasch zu einer Ausbreitung kommen wie eben in Linz, sagt der Gesundheitsökonom. In Oberösterreich werden in den fünf Bezirken Linz Stadt, Linz-Land, Wels Stadt, Wels-Land und Urfahr-Umgebung alle Schulen, Kindergärten sowie Betreuungseinrichtungen geschlossen. Von Dienstag auf Mittwoch ist die Zahl der Infizierten auf 190 gestiegen. Zurückzuführen ist die Zunahme auf den Cluster einer Freien Christengemeinde.

In der Religionsgemeinschaft befinden sich zahlreiche Großfamilien aus Oberösterreich, die das Virus in den vergangenen Tagen in besagten Bezirken verbreitet haben. Daher habe sich das Land in Absprache mit dem Gesundheitsministerium am Mittwoch zu der "drastischen Maßnahme" der neuerlicher Schließungen entschieden. "Ein massiver, aber sinnvoller Schritt", meinte Landehauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) in einer Pressekonferenz in Linz.

Auch in Graz gibt es einen Cluster. Bei einer Baufirma wurden am Dienstag zehn Personen positiv getestet, wie aus dem Rathaus mitgeteilt wurde. 40 Bedienstete wurden untersucht. Den Verdacht auf diesen Covid-Cluster hatte ein erkrankter Mitarbeiter ausgelöst, bei dem sich die Infektion bestätigt hatte. Für alle Personen wurde Quarantäne angeordnet.

Bei all dem sei natürlich Contact Tracing sehr wichtig, wie Czypionka ausführt. Allerdings gibt er zu bedenken, dass das problematisch werden könnte, wenn sich die Zahl der Cluster ausbreitet. Dann müsste man auch mit einem lokalen Lockdown arbeiten.

Österreichweit Tests im Tourismus gestartet

Vorsichtig ist der Gesundheitsexperte, was die Testungen betrifft. Diese seien sinnvoll, wenn sie indiziert seien und beim Gesundheitspersonal, weil dieses viele vulnerable Personen anstecken könne, aber auch im Tourismus, wo ein Kellner mit vielen Menschen in Kontakt komme. Daher sei es zu begrüßen, dass sich ab 1. Juli alle Tourismusarbeiter, die Gästekontakt haben, freiwillig auf Covid-19 testen lassen können.

65.000 PCR-Abstriche können wöchentlich durchgeführt werden, wie die für den Tourismus zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sagte. Die Kosten übernimmt der Bund, bis Jahresende stehen 150 Millionen Euro bereit. "Wir hoffen, dass so viele Betriebe wie möglich mitmachen." Ziel sei, dass "in der Hauptsaison rund 70 bis 80 Prozent der Betriebe teilnehmen". Damit will das Tourismusland Österreich versuchen, "maximale Sicherheit für Gäste und ein möglichst unbeschwertes Urlaubserlebnis sicherzustellen", sagte die Ministerin.